Fall Khashoggi: Saudi-Arabien droht mit Reaktion
Trump kündigt Bestrafung an - unter gewissen Bedingungen. Saudi-Arabien dementiert alle Beschuldigungen. Auf jede Reaktion werde mit einer noch stärkeren geantwortet
Sogar das allerbeste "Vitamin B" hilft nicht immer. Jamal Khashoggi ist bestens vernetzt bis in die höchsten politischen Kreise in der Türkei und auch zum Haus Saud hat er beste Verbindungen. Zu seiner Familie zählt ein Leibarzt der Sauds wie auch der weltweit bekannte legendäre schwerreiche Waffenhändler Adnan Khashoggi.
Dass letzterer in der Iran-Contra-Affäre eine Rolle spielte und seine Yacht irgendwann mal Donald Trump gehörte, soll nur das illustre Spektrum der Familienbeziehungen andeuten, das hier anhand des Namens Khashoggi und der türkischen wie saudi-arabischen Herkunft der Familie anschaulich ausgebreitet wird.
Jamal Khashoggi ist verschwunden, wie hier bereits berichtet (Fall Khashoggi: US-Geheimdienste sollen von saudischen Gefangennahmeplänen gewusst haben), seit er am Dienstag den 2. Oktober die saudi-arabische Vertretung in Istanbul betreten hatte. Er ging, wie es heißt, davon aus, dass seine hervorragenden Beziehungen, besonders zum Berater des türkischen Präsidenten, ihn schützen würden. Er hatte Befürchtungen. Der saudische Kronprinz ist nicht auf seiner Seite und Mohamad Bin Salman kann überaus hart mit Kritikern umgehen.
Khashoggi hatte sich mehrmals in Beiträgen in der Washington Post politisch anders gegenüber den Aufständen von 2011 in arabischen Ländern positioniert als die offizielle Linie des Hauses Saud, die vom Kronprinzen geprägt wird. Darüber hinaus kritisierte er am sorgsam aufgebauten Reformer-Image des Thronfolgers herum.
Trump und Macron gehen auf Abstand
Angeblich soll das reichen, um von einem saudischen Killerkommando in einer Kinoaktion in Istanbul umgebracht zu werden. Nachrichten von der Apple-Uhr sind das jüngste Juwel in einer Beweiskette zum Mord an Khashoggi im Gebäude des saudischen Konsulats, die sehr schillert, von der aber momentan nur Insider sagen können, was echt und was falsch ist.
Die saudi-arabische Regierung dementiert ständig, trotz der Androhung von Bildmaterial als Beweis durch türkische Ermittler. Allerdings - und das führt zur politischen Brisanz, die die Affäre stetig mehr annimmt - hat Saudi-Arabien mehr und mehr Mühe, die Weltöffentlichkeit zu überzeugen.
Davon zeugen die zahlreichen Absagen einer noch im letzten Jahr viel besuchten glamourös als "Davos in der Wüste" betitelten Konferenz - und viel mehr noch außergewöhnlich distanzierte Äußerungen der beiden Geschäftspartner und politischen Verbündeten Macron und Trump.
Der US-Präsident ging soweit, dass er in einem Interview, das heute Abend in voller Länge ausgestrahlt wird, den Verdacht bestätigte - "Could it be them? Yes" -, was aus Sicht des Hauses Saud einer Majestätsbeleidigung nahekommt.
Zumal in Medienberichten Trumps Aussage, wonach die USA, sollten sie auf den Grund der Sache vorstoßen und Khashoggi ermordet worden sein, "sehr strenge Strafen" aussprechen würden, in direkten Zusammenhang mit Saudi-Arabien gebracht wird.
"Harte Bestrafung" und politische Folgen
Trump droht Saudis mit "harter Bestrafung", berichtete die Tagesschau gestern Nachmittag. In dem Fall stehe viel auf dem Spiel (obwohl doch bekannt ist, dass Trump seine Äußerungen binnen kürzester Zeit ins Gegenteil verwandeln kann).
Dass viel auf dem Spiel seht, sehen auch die Sauds so. Sie reagierten sehr harsch mit einer Erklärung auf die Vorwürfe - die man allesamt entschieden von sich weist -, wonach man "auf jede Reaktion (gemeint ist die "Bestrafung", Anm. d.A) mit einer noch stärkeren reagieren" werde.
Während medienkritische Nahost-Beobachter davon ausgehen, dass das Versprechen auf umfangreiche Waffenkäufe durch Saudi-Arabien die "investigativen Geister" sowohl in der US-Administration wie auch in den Medien beruhigen werden, erinnern andere daran, dass Saudi-Arabien ein kritischer Partner der Anti-Iran-Strategie ist. Auch geschäftliche Verbindungen sind betroffen.
Es ist davon auszugehen, dass ein echter Streit zwischen den USA und Saudi-Arabien momentan ziemlich unerwünscht ist. Man darf nun gespannt sein, wie die Türkei ihre Karten weiter ausspielt - zufällig gab es diese Tage eine plötzliche Einigung im Fall des US-Priesters Andrew Brunson, die vermutlich nicht ohne Gegenleistung erfolgt - und was Ermittlungen über den Verbleib von Jamal Khashoggi noch an den Tag bringen werden.