Farblos bis blass
Die große Trump-Show endet mit einer schwachen Rede
In den USA wüten derzeit Tropenstürme, Waldbrände und Krawalle, und gestern Abend wütete auch US-Präsident Donald Trump - mit angezogener Handbremse jedoch. Seine Rede zum feierlichen Abschluss des Nationalskonvents der Republikaner geriet eintönig, die Betonungen misslangen beim Ablesen vom Teleprompter, erinnerte eher an eine mittelmäßige Predigt als an eine Brandrede. Trotz der theatralen Inszenierung und seines Moments im für ihn so wichtigen Rampenlicht: Trump performte nicht.
Auch inhaltlich gab es nichts Neues. Wie zu erwarten war, teilte Trump gegen seinen Widersacher Joe Biden aus, der Trumps Vision des "America First" bedrohe. Biden sei "kein Retter der Seele Amerikas", sondern der "Zerstörer amerikanischer Arbeitsplätze und der Zerstörer der amerikanischen Großartigkeit."
Trump selbst habe etwa mit dem Abkommen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten für Frieden im Nahen Osten gesorgt sowie "100 Prozent des ISIS-Kalifats ausgelöscht." Biden habe dagegen seine gesamte Karriere damit verbracht, Arbeitsplätze nach China auszulagern, Amerikas Grenzen zu öffnen und ihre Söhne und Töchter in endlose ausländische Kriege zu schicken, in "Kriege, die nie endeten."
Als Sieger gab sich Trump auch über die Pandemie. Der "neue und mächtige Feind", der "unsere Nation und unseren gesamten Planeten heimgesucht hat", sei das Coronavirus. Doch Trump habe mit seiner Regierung die "größte nationale Mobilisierung seit dem Zweiten Weltkrieg" gestartet und mithilfe des "Defense Production Act" dafür gesorgt, dass "keinem einzigen Amerikaner, der ein Beatmungsgerät gebraucht hat, ein Beatmungsgerät verweigert" wurde. Das gleiche "einem Wunder".
Ein Wunder versprach Trump auch für die amerikanische Wirtschaft. Seine Regierung werde bei seiner Wiederwahl "die großartigste Wirtschaft der Geschichte wiederaufbauen, schnell zu Vollbeschäftigung, steigenden Einkommen und einem Rekordwohlstand zurückkehren." Unternehmen, die Jobs ins Ausland verlagern, drohte er mit Strafzöllen.
"Made in China" vs. "Made in the USA"
Um weiter gegen Biden zu wettern, brachte Trump China ins Spiel. Trump gab Peking abermals die Schuld für die Coronavirus-Pandemie, beklagte Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation und gab sich triumphal angesichts des Handelsdeals, der Anfang des Jahres mit Peking unterzeichnet wurde und nannte es "bei weitem die härteste, mutigste, stärkste und am härtesten treffende Aktion gegen China in der amerikanischen Geschichte".
"Joe Bidens Agenda ist 'Made in China'", sagte Trump. "Meine Tagesordnung ist 'Made in the USA'."
Die Wählerinnen und Wähler stünden vor der Wahl: "zwischen zwei Visionen, zwei Philosophien oder zwei Agenden." Trump resümierte, dies sei "die wichtigste Wahl in der Geschichte unseres Landes." Die Wähler und Wählerinnen hätten darüber zu entscheiden, ob "gesetzestreue Amerikaner geschützt" werden oder ob "gewalttätige Anarchisten, Agitatoren und Kriminelle freie Hand bekommen", ob der "American Way of Life" verteidigt wird oder ob "eine radikale Bewegung ihn vollständig demontiert und zerstört."
Am Ende seiner Rede hatte Trump gegen ein Amerika unter Joe Biden zwar alle Drohszenarien - Anarchie, Chaos, Unterjochung durch China - ausgemalt, doch seine eigene Vision für die zweite Amtszeit bietet nicht mehr die "MAGA"-Verve von 2016. Es geht nun - nach der Pandemie - wieder um das "Wieder-Zurück", was er im Prinzip das letzte Mal schon versprach. Ohne dass er seine Erfolge, die er noch Anfang des Jahres eingesackt hatte, in eine zweite Amtszeit ummünzen konnte, scheint es, als müsste er nun nochmal von vorn anfangen. Das klingt nach Mühsal.
Und das tut es auch: Selbst ein in Pathos getränkten Satz wie "Wir werden einen neuen Glauben an unsere Werte, einen neuen Stolz auf unsere Geschichte und einen neuen Geist der Einheit, der nur durch die Liebe zu unserem großartigen Land verwirklicht werden kann, neu entfachen" klingt nicht nach Feuer und Flamme. Der Funke springt nicht über. Noch ein Beispiel: "Amerika ist die Fackel, die die ganze Welt erleuchtet" bringt Trump nur müde über seine Lippen. Aussprache, Betonung und Intonation klingen nach einer beklagenswerten Bürde, einem bedauerlichen Umstand. Für einen, dem manchmal die Allmachtsfantasien eines Autokraten auf Lebenszeit durchgehen, ist das erneute Antreten zum Wahlkampf das wohl auch.
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