Finnland: Diskriminiert der Vatertag Kinder?
In Horten wurde der Vatertag in "Verwandten- oder Freudetag" umgetauft, jede fünfte finnische Familie hat einen Alleinerziehungsberechtigten, in aller Regel eine Frau
Eine Entscheidung zweier Kindertagesstäten in Helsinki hat zu einer landesweiten Diskussion geführt. Um Kinder ohne anwesenden Vater nicht zu diskriminieren, wurde dort der Vatertag abgeschafft und in "Verwandten- oder Freundetag" umgetauft. In Finnland wird der Vatertag am kommenden Sonntag begangen, in den Kindergärten und Schulen wird er am Freitag vorgefeiert.
Mervi Eskelinen, Direktorin der Tagesstätte Yliskylä, verwies auf neue Richtlinien, die zur Gleichberichtigung und Gleichheit verpflichteten. Kinder, die ohne Vater aufwachsen, könnten durch das übliche Basteln von Vatertagskarten traumatisiert werden. "Die Welt ändert sich und wir müssen dies auch tun", so die Direktorin, die auch auf die neuen Familienmodelle wie Regenbogenfamilien in Finnland verweist.
Somit werden die Väter nicht nach Kita-Schluss zum Kaffee geladen, auch fehlt der traditionelle Vatertagskuchen. Die Scheidungsraten in Finnland liegen bei rund 50 Prozent, derzeit hat jede fünfte finnische Familie einen Alleinerziehungsberechtigten, zumeist sind dies Frauen.
Tuomas Kurttila, Ombudsmann für Kinder, sprach sich gegen diesen Trend aus, den Vatertag abzuschaffen. Kinder sollten nicht unterschätzt werden, man solle sie auch nicht vor Enttäuschungen schützen. Die Entscheidung der beiden Kita-Chefin traf einen Nerv: Im Rathaus von Helsinki gehen derzeit wütende Anrufe ein, die fragen, ob die Regelung alle Kitas des Landes beträfen. Konservative Politiker beeilen sich derzeit, den Wert des Vatertags zu betonen.
Auch im Netz regt sich Widerstand. Diese Entscheidung sei dem Einfluss der Linken und der Grünen im Stadtrat zuzuschreiben, heißt es. Von Kinderfesten wird berichtet, die abgeblasen wurden, da Gender-Aktivisten dort Rollenklischees bemängelt hatten.
Diese haben auch erreicht, dass in Finnland alle Verkehrszeichen geschlechtsneutral sein müssen und jetzt durch neutrale Piktogramme ersetzt werden, wogegen sich auch Proteste des traditionellen Finnlands richten, denen der Fortschritt, der typisch für das politisch-korrekten Skandinavien ist, zu weit geht.
Dabei hat Finnland durchaus eine Tradition als progressives Land. Hier wurde 1906, noch als Teil des Zarenreiches, erstmals auf der Welt für Frauen das passive und aktive Wahlrecht eingeführt. Hausfrauen haben heute in Finnland den Ruch von Exotik. Nach einer Erhebung machen Frauen 48 Prozent der Angestellten aus. Darum gibt es in der Hauptstadt Helsinki auch 400 Kindertagestagestätten.
Doch der Stellenwert der Mutter scheint dennoch höher als der des Vaters zu sein. Denn der finnische Muttertag, der wie in Deutschland, Österreich und der Schweiz am zweiten Sonntag im Mai gefeiert wird, ist weit wichtiger als das Pendant im Herbst. Er ist ein offizieller Feiertag, an dem geflaggt werden muss. Der Vatertag, der wie in anderen skandinavischen Ländern außer Dänemark am zweiten Novembersonntag begangen wird, ist vor allem ein Kind des Kommerzes. Die nordische Handelsgemeinschaft bestand in den 1940er Jahren auf diesem Datum, um die Lücke vor dem Weihnachtsgeschäft zu schließen.
Der finnische "Männerverein zur Gleichberechtigung der Geschlechter" sieht durch die Aufhebung des Vatertags in den Kitas jedoch nun das Gleichheitsgesetz in Frage gestellt und will eine gesellschaftliche Debatte.