Flüchtlinge: Für Demokratie und einen starken Führer
Studie mit begrenzter Reichweite über das Wertebild von Asylsuchenden
Welche Weltbilder haben Flüchtlinge? Wie stehen sie etwa zu Themen wie Demokratie, Meinungsfreiheit oder Homosexualität? Eine nicht repräsentative Studie der Berliner Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) liefert interessante Ergebnisse - allerdings nur von begrenzter Reichweite. Befragt wurden nur Flüchtlinge in Berlin, deren Bildungsgrad vermutlich nicht repräsentativ ist: 26 Prozent mit Hochschulabschluss, 28 Prozent mit Abitur. Für die Studie wurden im Juni und Juli etwa 1000 Fragebögen in Berliner Flüchtlingsunterkünften verteilt. 445 Fragebögen erhielt die HMKW zurück.
Sind Flüchtlinge Rechtspopulisten? Zu dieser Annahme könnte man zumindest kommen, wenn man die Ergebnisse einer Studie betrachtet, die die Berliner Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft am Montag in Berlin vorgestellt hat. Mit der Studie "Flüchtlinge 2016" hat die HMKW den Versuch unternommen, mehr über die Einstellung der Menschen zu erfahren, die jüngst nach Deutschland geflüchtet sind.
Was halten die Asylsuchenden von Demokratie und Menschenrechten? Über welche politische Einstellungen verfügen sie? Wie denken sie über Ehe, Partnerschaft, Sexualität? Die Ergebnisse sind ernüchternd, um nicht zu sagen: Sie lassen aufhorchen.
Die Mehrheit der Flüchtlinge, die an der Studie teilgenommen haben, bekenne sich zwar zur Demokratie und befürworte eine klare Trennung von Staat und Religion, allerdings lasse das Verständnis der Demokratie "gravierende politische Verständnisdefizite" erkennen: "Das Wertebild der Flüchtlinge ähnelt in zentralen politischen Teilen am ehesten dem der AfD-Anhänger und anderer rechtspopulistischer Bewegungen."
64 Prozent der Befragten eine Staatsform, "in der ein starker politischer Führer zum Wohle aller regiert". Das Wichtigste sei außerdem in einer Gesellschaft die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung, sagen ebenfalls 64 Prozent, dies dürfte notfalls auch mit Gewalt erreicht werden. Des Weiteren finden 84 Prozent der Umfrageteilnehmer Meinungsfreiheit gut, allerdings befürworten nur 38 Prozent, dass beispielsweise Künstler auch Politiker auf die Schippe nehmen dürften.
Auch im Hinblick auf die Vorstellungen vom Zusammenleben in der Gesellschaft offenbaren sich Problemzonen. Man fühle sich "ins Deutschland der vergangenen 50er Jahre zurück versetzt". Für 48 Prozent der Befragten ist Sex vor der Ehe eine Sünde. Außerdem sollte dieses Verhalten bestraft werden. Auch die 16-25-Jährigen vertreten zu einem hohen Prozentsatz diese Auffassungen. Zwar sind 81 bzw. 77 Prozent der Frauen bzw. Männer für Gleichberechtigung, aber das scheint nur Oberfläche zu sein, denn 73 Prozent der Männer und 77 Prozent der Frauen würden niemals für einen weiblichen Chef arbeiten.
Strenge Sexualmoral, Verklärung der Deutschen
Vorurteilsbeladen ist laut der Studie auch die Haltung von den an der Umfrage teilnehmenden Flüchtlingen gegenüber ihren möglichen Nachbarn. Eine deutsche Familie mit vielen Kindern würden 64 Prozent für gut finden, eine Familie aus Afrika mit dunkler Hautfarbe nur noch 41 Prozent und eine jüdische Familie aus Israel bloß noch 26 Prozent. Allerdings sagen auch 60 Prozent, es wäre ihnen egal. Eine WG von 5 Studenten beiderlei Geschlechts fänden 32 Prozent gut, aber 24 Prozent würden dies ablehnen. Ein deutsches Paar, das nicht verheiratet ist, finden 25 Prozent und 18 Prozent nicht gut. Die Einstellung zu Homosexuellen zeigt wie überhaupt die zur Sexualität unterschiedliche Kulturnormen. Ein homosexuelles Paar (2 Männer) finden 11 Prozent gut, 43 Prozent sind gegenteiliger Meinung.
Von mehr Toleranz geprägt ist hingegen die Einstellung der Flüchtlinge in Sachen Religion. Demnach denken 87 Prozent der Befragten säkular und finden, Religion sei Privatsache. 65 Prozent gaben an, Alkoholkonsum als nicht problematisch zu betrachten, aber eine Heirat zwischen Christen und Muslimen lehnen 60 Prozent ab, 22 Prozent sehen einen Religionswechsel als nicht erlaubt an.
Die meisten der Flüchtlinge, die an der Umfrage teilgenommen haben, sind offenbar bereit, "Deutschland als neue Heimat anzunehmen". 70 Prozent der Befragten gaben an, für immer hier bleiben zu wollen. Und die meisten haben ein wohl zu positives Bild von den Deutschen. 86 Prozent sagen, die Deutschen seien freundlich zu den Flüchtlingen, 89 Prozent wollen ihnen helfen, nur 10 Prozent würden sie ablehnen, 19 Prozent würden wollen, dass sie wieder zurückgehen, 18 Prozent hätten Angst vor Flüchtlingen, 12 Prozent seien unfreundlich zu Muslime.
Merkel wird verklärt. Für 84 Prozent hat Merkel eine positive Haltung zu Flüchtlingen. In Westdeutschland wird sehr viel stärker eine positive Haltung als in Ostdeutschland bemerkt. Die CDU kommt dank Merkel-Effekt am besten weg, knapp vor der SPD. Aber immerhin vermuten auch noch 6 Prozent bei der AfD eine positive Haltung. Für 92 Prozent ist das Erlernen der deutschen Sprache "sehr wichtig".