Forencheck: Stärkere Wirbelstürme, Attributionsforschung und Erdgas in Wasserleitungen

Drei Fragen aus dem Forum. Eine Telepolis-Kolumne

In der Energie- und Klimawochenschau wurde über Starkregen im südlichen Afrika berichtet sowie über eine Einschätzung von Attributionsforscher:innen zum Anteil der Klimaerwärmung an den tropischen Wirbelstürmen Ana und Batsiray. In einem Kommentar dazu wird die Aussagekraft der Attributionsforschung in Frage gestellt:

(...) es wird manipulativ suggeriert, dass der Klimawandel zu mehr Wetter-Extremereignissen geführt hat. Dem widersprechen aber die realen Messungen in wichtigen Bereichen wie den tropischen Wirbelstürmen. Denn bei den Hurrikans ist allenfalls eine leichte, statistisch aber nicht signifikante, Zunahme der Häufigkeit und/oder Stärke zu messen, bei Taifunen und Zyklonen gibt es jedoch – außer dekadischen Schwankungen – keinerlei gemessener Trend.

Die Attributions-"forschung", die nach ihrem Selbstverständnis nicht untersuchen will, ob der Klimawandel etwas mit einzelnen Extremereignissen zu tun hat, sondern dass er (teilweise) die Ursache ist (das ist zutiefst unwissenschaftlich), spricht deshalb nur von Wahrscheinlichkeiten.

Und diese Wahrscheinlichkeiten wiederum werden mit so genannten Modellen "berechnet". Mit anderen Worten: diese Modelle sind nicht nur unwissenschaftlich, weil nicht falsifizierbar, sondern pure Wahrsagerei.

Dieser Kommentar enthält zwei Aspekte, die hier näher betrachtet werden sollen:

Keine Zunahme von Häufigkeit und Stärke von Wirbelstürmen?

Auf dem Portal klimafakten.de ist nachzulesen:

Die Befunde der Klimaforschung zu Stürmen und insbesondere tropischen Wirbelstürmen, waren lange Zeit sehr unklar – was in der Öffentlichkeit teils für Verwirrung sorgte. In den vergangenen Jahren aber hat sich das Wissen deutlich verdichtet: Bei tropischen Wirbelstürmen stieg mit zunehmender globaler Temperatur zwar nicht die Gesamtzahl, wohl aber sind die stärksten Tropenstürme häufiger geworden: Der Anteil von Hurrikans der stärksten Kategorien 3, 4 und 5 an der Gesamtzahl stieg von 1979 bis 2017 um ein Viertel, von 32 Prozent auf 40 Prozent (Kossin et al. 2020). Tropische Wirbelstürme verlagern sich in den meisten Regionen auch ständig polwärts und damit in Gebiete die bisher wenig von ihnen betroffen waren (Kossin et al. 2016).

Die Atlantische Hurrikansaison 2020 erzielte mit 30 benannten Stürmen einen Rekord bei der Häufigkeit, außerdem sieben schwere Hurrikane den Rekord von 2005. Eine weitere Besonderheit stellten zwei schwere Hurrikane dar, die noch im November auftraten – was bedeutet, dass die Wassertemperaturen über einen längeren Zeitraum hoch genug waren.

Voraussetzung für die Entstehung von Wirbelstürmen ist, dass die Temperatur der Wasseroberfläche mindestens 26 Grad Celsius beträgt. Mit steigenden Meerestemperaturen ist die Voraussetzung häufiger gegeben. Dies muss allerdings nicht notwendigerweise zur Entstehung von Stürmen führen.

Physikalisch unbestritten ist, dass wärmere Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Das führt wiederum zu größeren Regenmengen und damit zu Überschwemmungen, wenn die Stürme auf Land treffen.

Laut dem 2021 erschienenen 6. Sachstandsbericht des IPCC ist es wahrscheinlich, dass der Anteil der schweren tropischen Stürme in den letzten 40 Jahren weltweit zugenommen hat und Stürme sich häufiger schnell an Intensität gewonnen haben.

Sind die Methoden der Attributionsforschung valide?

Werfen wir nun einen näheren Blick auf die Attributionsforschung. "Im Rahmen der Attributionsforschung erfolgt im Klimabereich eine Analyse und Bewertung des möglichen Einflusses des Klimawandels auf extreme Wetterereignisse wie Dürren, Hitzewellen, Kälteeinbrüche und extreme Regenfälle und deren Kommunikation", ist beim Deutschen Wetterdienst nachzulesen.

Die Attributionsforschung kann keinen einfachen Ursache-Wirkungszusammenhang herstellen, also feststellen, dass ein Ereignis allein durch den menschengemachten Klimawandel stattgefunden hat.

Unter Bezugnahme auf historische Vergleichsdaten und Klimamodelle kann sie aber feststellen, wie wahrscheinlich ein bestimmtes Ereignis auf die Klimaerwärmung zurückzuführen ist. Erstmals konnte dieser Zusammenhang in Bezug auf die Hitzewelle 2003 in Europa quantifiziert werden.

Wie die Attributionsforscherin Friederike Otto im Interview mit klimafakten.de erklärt, operieren auch andere Wissenschaften mit Wahrscheinlichkeiten:

Das Konzept wird schon in anderen Disziplinen seit vielen Jahrzehnten genutzt, etwa um in Gesundheits- und Bevölkerungsstudien Risikofaktoren zu quantifizieren. Man könnte zum Beispiel fragen: Wenn jemand raucht, wie stark erhöht er damit die Wahrscheinlichkeit, an Lungenkrebs zu erkranken?

In einem wissenschaftlichen Paper von 2017 zu den Methoden der Attributionsforschung legt Otto außerdem dar, dass die Forschung auch zu dem Schluss kommen kann, dass ein bestimmtes Ereignis eben nicht auf den menschengemachten Klimawandel zurückzuführen ist und dass jede Attributionsanalyse vier mögliche Ergebnisse hat:

(a) Das Ereignis könnte aufgrund des anthropogenen Klimawandels wahrscheinlicher geworden sein,
(b) es könnte unwahrscheinlicher geworden sein,
(c) es gibt keinen nachweisbaren Einfluss des anthropogenen Klimawandels oder
(d) mit unserem derzeitigen Verständnis und den verfügbaren Instrumenten sind wir nicht in der Lage, die Rolle externer Faktoren für das Ereignis zu analysieren.

Die Attributionsforschung untersucht also durchaus die Frage, ob ein Ereignis etwas mit dem menschengemachten Klimawandel zu tun hat.