Frankreich: Le Pens Chancen wachsen

Elysée-Palast. Foto: Remi Mathis / CC BY-SA 3.0

Ihr Konkurrent Fillon hat einen Skandal wegen fiktiver Tätigkeiten seiner Ehefrau am Hals und fiktive Profile von Trump-Fans in sozialen Medien sollen den Wahlkampf ihrer Gegner ins Chaos stürzen

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Die Enthüllung könnte François Fillon, dem aussichtsreichsten Gegenkandidaten Marine Le Pens, zu schaffen machen: Eine halbe Million Euro soll seine Ehefrau Penelope über mehrere Jahre hinweg als "parlamentarische Assistentin" eingenommen haben. Der Vorwurf lautet, dass sie die Staatsgelder für eine rein "fiktive Tätigkeit" bekommen hat.

Details dazu veröffentlicht der Canard enchaîné in seiner heute erscheinenden Print-Ausgabe. Online publiziert das Magazin nur spärlich. Für die Verbreitung der brisanten Kerninhalte der investigativen Geschichten, für die das Magazin bekannt ist, sorgen die anderen Medien. Die Enthüllung über die Zahlung von 500.000 Euros an Penelope Fillon aus der Parlamentskasse steht in allen großen französischen Medien weit oben.

Der Verdacht gegen den "Untadeligen"

Der Vorwurf ereilt Fillon, der bisher den Ruf eines "Untadeligen" genoss, kurz vor der Zielgeraden des Wahlkampfs zur Präsidentschaft. Der erste Wahlgang findet Ende April statt.

Dass Ehefrauen als parlamentarische Assistenten ihres Gatten beschäftigt werden und dafür gut entlohnt werden - im Fall von Penelope Fillon mit monatlichen Zahlungen zwischen 6.900 und 7.900 Euro brutto zu Spitzenzeiten - ist nicht ungewöhnlich und auch erlaubt. Heikel wird es dann, wenn der Vorwurf erhoben wird, dass es sich um eine "fiktive Anstellung" handelt, wenn der Tätigkeitsnachweis schwierig wird.

Genau auf diesen empfindlichen Punkt zielt die Enthüllung des Canard enchaîné: Eine frühere parlamentarische Mitarbeiterin von François Fillon behauptet, dass sie "niemals" mit dessen Frau gearbeitet hat. Die Zeitung Libération fügt dem die Aussage eines Abgeordneten hinzu, wonach er weder selbst noch von anderen von einer solchen Tätigkeit etwas mitbekommen habe.

Zitiert wird auch Penelope Fillon selbst mit einer Aussage vom Oktober 2016, wonach sie bis dato "niemals in das politische Leben ihres Mannes involviert war". Die Frage ist, wie diese Aussage mit den Assistenztätigkeiten für ihren Mann im Zeitraum zwischen 1998 und 2002 und den sechs Monaten im Jahr 2012 zu vereinbaren ist (zwischen 2002 und 2007 war sie angeblich Mitarbeitern von Jouland, der Fillon auf dem Abgeordnetensitz vertrat).

Der Canard enchaîné berichtet über die parlamentarische Assistenz hinaus von einer weiteren Tätigkeit Penelope Fillons für 5.000 Euro brutto im Monat (von Mai 2012 bis Dezember 2013) bei der Zeitschrift "La Revue des Deux Mondes", wo ebenfalls der Verdacht bestehe, dass sie fiktiv gewesen sei.

Jedenfalls wird der frühere Direktor des Magazins, Michel Crépu, mit der Aussage wiedergegeben, dass er Penelope Fillon niemals getroffen und sie auch niemals in den Büros seiner Revue gesehen habe.

Fillon macht schlechte Figur

Fillon wehrt sich gegen die Vorwürfe, der Artikel des Canard enchaîné sei misogyn. Seine Ehefrau wird als "diskret" dargestellt, die ohne darüber Aufsehen zu machen, im "Schatten ihres Mannes" gearbeitet habe. Man erkennt daran, dass er kein leichtes Spiel haben wird, sich von den Anschuldigungen ohne Makel zu befreien.

Er selbst hatte sich bei Anschuldigungen gegen Pauline Le Maires oder Nadia Copé nicht hinter seine Parteikollegen Bruno Le Maire und Jean-François Copé gestellt, wie ihm Libération vorhält. Das ist ein weiterer Kratzer am Image des Makellosen. Aber ob die linken Kandidaten, die von Libération unterstützt werden, aus dem Skandal einen Vorteil ziehen, ist möglich, hat aber gegenwärtig nur eingeschränkte Relevanz, denn viel Aufmerksamkeit richtet sich auf Marine Le Pen.

Fiktive Gleichsetzungen: "Interessen großer Finanzmächte"

Die Chancen auf ihren Sieg bei der Präsidentschaftswahl wachsen. Sie muss nicht einmal eigens auf die Enthüllungsgeschichte eingehen, deren Nachweise, wie dargestellt, nicht unbedingt felsenfest erscheinen. Der Verdacht, mit dem sich Fillon nun herumschlagen muss, fügt sich bestens in ihre Vorwürfe gegen eine Elite, die sich selbst bereichert.

Die beiden Gegenkandidaten des PS, Benoît Hamon und Manuel Valls, die sich zur Stichwahl qualifiziert haben, machen derzeit noch nicht den Eindruck, als ob sie so viel Unterstützung bekommen, dass einer von ihnen der FN-Vorsitzenden wirklich gefährlich werden könnte.

Das kann sich ändern, Frankreich ist für Überraschungen gut, die Mobilisierung gegen die FN-Kandidatin nimmt möglicherweis mehr Fahrt auf, wenn der Kandidat des PS feststeht und Lagerkämpfe wegfallen (aber auch das ist nicht ganz sicher).

Marine Le Pen konzentriert sich im Augenblick mehr auf den Gegner Macron, der Aufwind hat. Ihre Strategie ist einfach: Macron wird in wiederholten Äußerungen als Teil des Elite-Systems geschildert, deren Mitglieder einander zuarbeiten und gegen den "Willen der Völker" agieren. Die Kritik an Macron wird in eins gesetzt mit ihrer Kritik an der sozialdemokratischen Regierung.

Macron werde die Politik der Niederlagen von Hollande fortsetzen, so Le Pen, die den ehemaligen Wirtschaftsminister als "besten Kandidaten des Systems" heraushebt. Ihre Begründung dafür ist die Ineinssetzung von Macron mit den "Interessen der großen Finanzmächte". So einfach geht das.