Frankreich: Maskentragen mit Nachdruck durchsetzen

In 14 von 20 großen Städten gilt die Pflicht zur Schutzmaske auch im Freien. Die Polizeikontrollen werden verstärkt. Geplant ist die Auflage auch in Büros und in der Schule

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Das Tragen der Maske ist Rezept Nummer eins in Frankreich, um auf steigende Infektionszahlen reagieren. In 14 der 20 größten Städte gilt mittlerweile eine Pflicht zum Tragen der Masken in belebten Zonen im Freien.

Die Tragepflicht will man mit Nachdruck durchsetzen. Regierungssprecher Gabriel Attal kündigte an, dass ab dem heutigen Montag 130 Polizisten der CRS, die üblicherweise bei Demonstrationen eingesetzt werden und für ihr nicht gerade sanftes Eingreifen berüchtigt sind, im Département Bouches-du-Rhône zur Verstärkung eingesetzt werden, "um die Effektivität der Masken-Tragepflicht zu kontrollieren".

Das Département mit dessen Hauptstadt Marseille wird wie die Landeshauptstadt Paris auch seit Freitag als "Zone mit einer aktiven Zirkulation des Virus" bezeichnet und als "rot" klassifiziert. Die Präfektur ist alarmiert: In 7 Arrondissements in Marseille und in den Zentren von 13 anderen Kommunen des Départements wurde die Maskenpflicht im Freien verhängt.

"Im Viertel wird sich nichts ändern"

Die Regionalzeitung La Marseillaise stellt den Maßnahmen die Aussage eines Gemüsehändlers in Marseille entgegen: "Sie können das Tragen der Maske überall zur Pflicht machen, aber im Viertel wird sich nichts ändern." Die Passanten würden sich trotz der 50 angebrachten Kameras nicht an Abstandsvorschriften halten. Das würde sich nie ändern.

Nun werden Stimmen von Politikern laut, das ohnehin harte Bußgeld von 135 Euro - dem sogar Freiheitsstrafen bei wiederholtem Nichtbefolgen folgen können - noch zu erhöhen.

Politik mit Drohungen und Angst - Regierungssprecher Gabriel Attal versucht die Sache pädagogisch zu drehen:

Zu fürchten ist nicht der Gendarm, der kommt, um euch ein Bußgeld aufzuerlegen, sondern das Virus, dass Sie ansteckt, wenn Sie die Abstandsregeln nicht einhalten.

Gabriel Attal

Es sei nötig, dass die Französinnen und Franzosen weniger Angst vor dem Bußgeld und den Strafen haben als vor dem Virus selbst, betont Attal nachdrücklich. Bezeichnend, dass auch er an die Belehrung, wohin sich die Angst richten soll, die Drohung hängt, dass Überlegungen nicht ausgeschlossen seien, das Bußgeld zu erhöhen.

Umfrage: Mehr Befürchtungen vor dem Virus als vor Wirtschaftskrise

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ifop vom Ende letzter Woche sind die Befragten (1.000 über 18-Jährige, repräsentative Auswahl) ohnehin schon ziemlich beunruhigt. 53 Prozent fürchten ein gesundheitliches Risiko für sich und ihre Familie, währenddessen nur 23 Prozent ein wirtschaftliches Risiko befürchten und diejenigen, die das Risiko bei den Freiheitsrechten sehen, machen laut Ifop 18 Prozent aus. Die genaue Frage lautete: "Was beunruhigt sie am meisten, was das Corona-Virus betrifft?"

Wenig überraschend ist, dass es vor allem die 18-24-Jährigen sind, die sich um die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt Sorgen machen, nämlich zu einem beachtlichen Anteil von 40 Prozent (mehr als 13 Prozentpunkte über den anderen Alterskategorien).

Beim Vertrauen in eine "effektive Regierungsarbeit" in der Corona-Krise hat sich in den letzten Wochen nicht viel getan, es bleibt dabei, dass die Mehrheit wenig überzeugt ist. Nur 41 Prozent haben Vertrauen, dass die Regierung "das Coronavirus effektiv konfrontiert". Der Wert hat sich aber seit Mai kaum verändert.

Allerdings wurde die Regierung Anfang Juli markant umgebildet. An der Spitze steht seit 6. Juli der neue Premierminister Jean Castex, den Macron nicht zuletzt aufgrund dessen Managementfähigkeiten beim Übergang vom Lockdown zu den Lockerungen berufen haben soll, wie die Medien berichteten. Macron konzentriert sich seither vor allem auf Außenpolitik, um Frankreichs Status als Mittelmeermacht wieder aufzumöbeln.

Infektionszahlen als politischer Kompass

Innenpolitisch richten Infektionszahlen den Kompass aus. Seit der Ferienzeit melden die französischen Medien ansteigende Zahlen von Neuinfektionen. Am Sonntag wurden 3.015 neu bekannt gewordene Fälle innerhalb von 24 Stunden gemeldet. Freilich ist auch im Nachbarland der Sensationswert solcher Zahlen ein anderer als noch im April oder im Mai, man weiß, dass die Zahl der Neuinfektionen von vielen Variablen abhängt, was genau getestet wird, wie viel und wo.

Doch ist der Blick, auch angesichts der vielen Ferien-Bilder mit vollen Stränden, Cafés, Straßen und Märkten, wo das Einhalten des Abstandsgebots nicht immer deutlich zu sehen ist, auf die ansteigenden Kurven gerichtet, die seit einiger Zeit von der staatlichen Santé publique kommen (siehe Überblickgrafiken hier). Dieser Trend lässt Regierung und Medien immer öfter von einer zweiten Welle sprechen.

Die Zahl der Einweisungen in Intensivstationen der Krankenhäuser wird mit 376 am Samstag angegeben. Die Entwicklung der Zahl der Krankenhauseinweisungen vom 1. Juli bis 12. August verzeichnet nur einen leichten Anstieg (siehe Grafik).

Doch will die Regierung sich mit ihrem neuen Chef, der als Corona-Krisen-Manager nominiert wurde, keine Blöße gegen Vorwürfe des "Zu wenig getan" geben. Man hat für die Rückkehr aus den Ferien (La rentrée) einen Plan aufgestellt, der, falls er umgesetzt wird, eine Maskenpflicht auch in Büros und Schulklassen vorsieht. 49 Prozent der festgestellten cluster situieren sich im milieu professionell (berufliches Umfeld) heißt es dazu.