Frankreich: Mit UN-Sicherheitsrat, Iran und arabischen Staaten gegen den Islamischen Staat

Das angestrebte große Bündnis gegen das selbsternannte Kalifat hat mit allerdings mit größeren Interessenskonflikten zu rechnen und dem Vorwurf des Doppelspiels von Saudi-Arabien und Katar

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Der französische Staatspräsidenten François Hollande sieht die "internationale Situation" durch den "terroristischen Pseudo-Staat IS" schwer bedroht. Seit 2001 gab es keine derartig schwerwiegende Bedrohung mehr, erklärte er in einem längeren Gespräch zum Auftakt des politischen Neustarts nach den Ferien. Angesichts der ernsten Lage könne man sich nicht mehr bei der herkömmlichen Debatte darüber aufhalten, ob eine Intervention angebracht sei oder nicht. Jetzt brauche es eine globale Strategie.

Wie die aussehen soll, weiß auch Hollande nicht genau. Sein Vorschlag: eine internationale Konferenz, die ein gemeinsames Vorgehen gegen die gut strukturierte Gruppe beschließt. Der Vorschlag ist nicht ohne heikle Punkte.

Katar und Saudi-Arabien: Indizien für ein Doppelspiel

Sollten die Teilnehmer nach Paris geladen werden, so könnten sie "Indizien für ein Doppelspiel" entdecken: Investitionen aus Katar, dessen Elite sich in Paris groß eingekauft hat, in Hotels, Prachtimmobilien, Kaufhäuser, Nobelmarken, Konzerne und den Fußballclub PSG, der vom Touristen-Werbebüro aus Katar mit 200 Millionen Euro jährlich unterstützt wird.

Dass Prinzen aus dem Hause Saud in Frankreich mit viel Geld unterwegs sind, darauf machte zuletzt ein Überfall mit 250.000 Euro Beute in bar aufmerksam. Die französische Tourismusbranche, Nobelgeschäfte und Immoblienmakler profitieren nicht nur von Mitgliedern des saudischen Königshauses, sondern von vielen anderen Reichen aus dem arabischen Kernland. Von solchen diversen Nachrichten abgesehen, gibt es handfeste geschäftliche Interessen der französischen Regierung am Multi-Milliardenprojekt der Nutzung ziviler Nuklearenergie in Saudi-Arabien beteiligt zu sein.

Der Islamische Staat kann, wie dies Hollande den Journalisten von Le Monde gegenüber herausstreicht, auf relevante finanziellen Unterstützung bauen, die, wie dies in vielen Berichten nahegelegt wurde, aus saudi-arabischen Kreisen und aus Katar stammt. Aus diesen Ländern sind in den letzten Jahren erhebliche Summen nach Syrien geflossen, um den bewaffneten Widerstand gegen den Präsidenten Baschar al-Assad zu unterstützen. Davon sollen auch Gruppierungen profitiert haben, die sich früher ISIL nannten und seit ein paar Wochen IS. Beide Regierungen, in Riad wie in Doha, wehren sich gegen die Vorwürfe, sie seien in solche Händel verstrickt.

Dem stimmt auch Charles Lister zu, der sich in Expertenkreisen einen guten Namen als Kenner des islamistischen Widerstands gegen die Regierungen in Syrien und im Irak gemacht hat:

Es gibt keinen öffentlich zugänglichen Beleg, dass die Regierung eines Staates an der Entstehung oder der Finanzierung der ISIS als Organisation beteiligt ist.

Hinzuzufügen ist aber eine Befangenheit des Experten bei diesem Thema. Lister, ist wie die Deutsche Welle anmerkt, die ihn zitiert, Gastforscher am Brookings Doha Center, einem Ableger der US-Denkfabrik Brookings Institution im Golf-Emirat Katar.

Und die US-Geheimdienste?

Da die Finanzierung von terroristischen Verbindungen seit den Jahren nach 2001 in den USA regelmäßig als Begründung dient, um die Überwachung auszubauen und der Überwachung sowohl in Umfang wie auch in technischer Hinsicht einiges zugetraut wird, kann man davon ausgehen, dass die USA zwar möglicherweise wenig über die nächsten militärischen Vorhaben der IS weiß, aber mit großer Wahrscheinlichkeit einiges über Finanzströme, die über Wohlfahrtsorganisationen und ähnliche Mittler zu den Dschihadisten laufen.

Dass das US-Finanzministerium Anfang August drei Financiers des IS und der al-Nusrah-Front in Kuweit, das als Drehscheibe für solche Geldhändel dient, auffliegen ließ, kann man als Hinweis darauf sehen, dass die US-Regierung einiges mehr über die Finanzverbindungen weiß, als sie öffentlich zu erkennen gibt.

"Feind Nummer 1 des Islam" und tausende Unterstützer

Die USA werden weder Saudi-Arabien, womit sie seit Jahrzehnten engste geschäftliche Verflechtungen und Abhängigkeiten haben, noch Katar, wo sich eine strategisch äußerst wichtige US-Militärsbasis befindet, mit solchen Informationen bloßstellen. Dazu kommen Konflikte und Spannungen innerhalb der beiden Staaten Saudi-Arabien und Katar, die durch die IS-Dschihadisten nicht gerade beruhigt werden.

Nach Auffassung des französischen Wissenschaftler für zeitgenössischen Salafistismus, Romain Caille, der sich in Beirut aufhält, finanziert sich der IS weitgehend selbst, da er über 100 Millionen Dollar jährlich an "Steuereinnahmen und Tribute" verfügt, dazu über Einnahmen aus Ölgeschäften.

Laut internen Unterlagen, die über den irakischen Geheimdienst ans Licht gekommen seien, machen die "Gaben aus den Golfstaaten nur 5 Prozent des jährlichen IS-Budgets" aus. Zudem würden in den ideologischen Veröffentlichungen des IS und von Sympathisanten sowohl Saudi-Arabien wie auch Katar wegen ihrer Zusammenarbeit mit den USA als Feinde betrachtet.

Der saudische Großmufti Abd al-Aziz bin Abdullah Al asch-Schaich erklärte am Montag den Islamischen Staat als "Feind Nummer 1 des Islam", wie in einem Artikel der libanesischen Zeitung al-Akhbar zu lesen ist. Dort heißt es, dass Saudi-Arabien zwar ein finanzkräftiger Unterstützer der Rebellen gegen Baschar al-Assad war, dass man sich aber bemühte, Geld und Waffen an ISIl und anderen al-Qaida-Unterstützern vorbei an andere Oppositionsgruppen geschleust habe.

Die Rede ist aber auch davon, dass laut Schätzungen "tausende von jungen Saudis" nach Syrien oder in den Irak gereist sind, um sich Dschihadisten anzuschließen. Ein ziemlich spekulativ ausgelegter Artikel auf der Webseite Vocativ.com nimmt sich zum Thema, was sich hier andeutet, dass der IS auf einige Unterstützung von Saudis zählen kann.

Ob dies genügt, um die IS-Kämpfer davon zu überzeugen, dort Eroberungsfeldzüge zu lancieren, wie es der Artikel suggeriert, gehört wohl zum Geraune, dass der IS so auslöst. Interessant ist die Beobachtung im Artikel, wonach sehr große Unterstützung für den islamischen Staat von saudischen Twitter- und Facebookseiten kommt.

Das fügt sich zu anderen Beobachtungen, wonach die saudisch-arabische Führung durchaus ihre Probleme mit dem religiösen Fundamentalismus hat, der einerseits die Machtposition der Prinzen garantiert (und mit ganz ähnlichen Strafmaßnahmen wie der IS Macht mittels Furcht und Schrecken ausübt), andrerseits aber auch eine Gefährdung für die darstellt, die nach Maßgaben ihrer religiösen Machtpartner ein "dekadentes Leben" führen, das mit Ungläubigen paktiert. Ähnliche Spannungen wird man auch in Katar kennen.

Nicht unerwähnt bleiben soll auch, dass sich die Dschihadisten des Islamischen Staats genau des Konflikts bedienen, aus dem Saudi-Arabien und Katar seit langer Zeit politisch nützliche ideologische Feindbilder zimmern: der Kampf gegen die ungläubigen Schiiten.

Ein gemeinsames Vorgehen?

Dies alles macht den Hintergrund aus, der nicht ausgeblendet werden kann, wenn die französische Regierung nun Vorschläge zu einer internationalen Zusammenarbeit gegen die Bedrohung durch den Islamischen Staat in der großen Öffentlichkeit ankündigt.

So hat neben der Konferenzidee seines Staatschefs auch der Außenminister Laurent Fabius einen Vorschlag unterbreitet, der Aufmerksamkeit in den internationalen Medien fand: Fabius wünscht sich, so wird er in der Zeitung Libération wiedergegeben, dass sich alle Länder der Region, einschließlich Iran, mit den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats, zusammentun, um sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen die Dschihadisten des islamischen Staates zu einigen.

Fabius präzisiert mit diesem Vorschlag den Konferenzplan Hollandes: Es gehe bei der Konferenz darum, eine geheimdienstliche und militärische Zusammenarbeit zwischen den teilnehmenden Staaten auf den Weg zu bringen und Maßnahmen zu ergreifen, die die Ressourcen, Einkünfte und die Unterstützung des Islamischen Staats beschneiden. Wieweit da die arabischen Schlüsselmächte mitgehen?