Frankreichs Verfassungsweise: Hausarrest für militante Umweltschützer angemessen
Der Verfassungsrat bestätigt umstrittene Maßnahmen zum Klimagipfel, die mit dem Ausnahmezustand aufgrund der Terrorgefahr begründet wurden
Das Verbot von Demonstrationen während des Klimagipfels in Paris und besonders die im Vorfeld des COP21 verhängten Hausarreste für 24 Umweltschützer (Paris: Vom Nutzen des Notstandsrechts) wurden von einer kritischen Öffentlichkeit über Frankreich hinaus als Schwellen registriert, bzw. als Überschreitung der Schwelle zwischen dem, was als Maßnahme im Rahmen eines Ausnahmezustands legitim ist, und dem Machtmissbrauch.
Beide Maßnahmen galten den Kritikern als Exempel dafür, dass auch eine linke Regierung nicht vor Missbrauchs-Versuchungen zurückscheut, für welche die neokonservative Hardliner-Regierung unter George W. Bush den großen, berüchtigten Maßstab dafür abgibt, wie weit der Graben zwischen einem behaupteten Rechtsstaat und der politischen Praxis auseinanderklaffen kann.
So war die an Bürgerrechten interessierte Öffentlichkeit heute gespannt darauf, wie der Verfassungsrat (Conseil constitutionnel) den Fall der verhängten Hausarreste gegen die 24 Umweltaktivisten beurteilen würde. Diese können zwar einem linken Milieu zugeordnet werden, das für militante "Umweltschutz"-Aktionen bekannt ist (Klimagipfel in Paris: Hausarrest für Militante im Vorfeld), aber der Zusammenhang mit einer terroristischen Gefahr, wie sie von Dschihadisten ausgeht, erschließt sich nicht.
Dennoch bewertete der Verfassungsrat in seiner Entscheidung den Hausarrest als angemessen.
Die Verfassungsweisen, dazu aufgerufen durch die Initiative des Anwalts eines der zum Hausarrest genötigten Umweltaktivisten, entschieden, dass die zeitweilige Einschränkung der Freiheitsrechte mit dem Artikel 66 der Verfassung, wo die Freiheit des Einzelnen gegenüber der Justiz verankert ist, vereinbar ist. Weil eben der Ausnahmezustand gilt.
Dadurch unterstehen die Maßnahmen, die der Staat trifft, der Vorgabe einer "imminenten Gefahr". Aus dieser Vorgabe des allgemeinen Interesses leite sich die Verhältnismäßigkeit der Mittel ab. Angesichts dessen sei die assignation à résidence, wie der Hausarrest im französischen Original heißt, kein unverhältnismäßiger Angriff auf die persönliche Freiheit - solange die Maßnahme an den Ausnahmezustand gebunden ist, also nicht verlängert wird.
Allerdings setzte der Verfassungsrat eine tägliche Höchstdauer des Hausarrests fest. Der oder die davon Betroffene dürfte nicht länger als 12 Stunden täglich zum Verbleib in ihrer Wohnung genötigt werden.
Laut der Zeitung Le Monde, die lediglich von sieben Betroffenen berichtet hatten diese - während der Zeit, als die Klimakonferenz in Paris tagte - die Auflage sich dreimal am Tag auf einem dazu bestimmmten Polizeirevier zu melden und in der Zeit zwischen 20 Uhr und 8 Uhr in ihrer Wohnung zu bleiben.