Freeplay inside

Das EXPO-Projekt Kurbelradio wird sich noch mausern

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Ganz neu ist die Technologie nicht, denn schon die alten Schelllackplattenspieler wurden per Kurbel aufgezogen und spielten die Platte ab. Doch kombiniert mit Solarzellen und der Lademöglichkeit von Akkus eröffnet sich für den Radioempfang eine neue Unabhängigkeit. Beim Radio soll es nicht bleiben, in Zukunft wird es das Konzept "Freeplay inside" geben.

Kurbelradio

Das Robinson-Thema ist in, alle möglichen Privatsender betreiben nach dem Big-Brother-Erfolg eine Inselserie und hier bietet sich das Freeplay-Radio geradezu an. Denn es braucht weder einen Stromanschluss noch Batterien. Bei optimalen Bedingungen, also genügend Sonnenschein zum Laden des Akkus per Solarzellen und dem Einsatz der Kurbel, kann bis zu 15 Stunden Radio gehört werden. Gibt es keine Sonne, muss lediglich 15 Sekunden an der Kurbel gedreht werden, um für eine Viertelstunde Radio auf Kurz-, Mittelwelle oder UKW zu hören. Das Prinzip ist ganz einfach: Ein Carbon-Stahlband ist um eine Spule gewickelt. Dieses wird mit der Kurbel wie eine Feder aufgewickelt und beim Abspulen wird kontinuierlich eine geringe Menge Strom abgegeben. Diese geringe Menge reicht zum Empfang der Sender und das Abspielen aus.

Doch an die TV-geilen Robinsons haben die Macher des anerkannten EXPO-Projektes natürlich nicht gedacht, sondern vielmehr an eine Verwendung in Entwicklungsgebieten oder für Weltreisende. Doch man will gleichzeitig ein nachhaltiges Konzept entwickeln, um Ressourcen zu schonen. Aus diesem Grund beabsichtigt man die Fortsetzung des Konzeptes, selbst Energie zu erzeugen. So gibt es neben dem Solar-Kurbel-Radio inzwischen eine Taschenlampe, die nach dem gleichen Prinzip funktioniert.

Kurbellampe

Langfristig plant man allerdings nicht, Grundgeräte herzustellen, sondern will die Kurbeltechnik vermarkten. Dabei wird über eine enge Zusammenarbeit mit Notebook- oder Handyfirmen nachgedacht. Erste Gespräche über ein Kurbel-Handy sind bereits mit Nokia geführt worden. Denkbar ist der Einsatz überall dort, wo Batterien oder Akkus ersetzt werden können. Selbst für das Militär scheint diese Technik interessant zu sein. "Freeplay inside" heißt das angestrebte Konzept noch hinter der vorgehaltenen Hand, denn mit dem großen "inside"-Bruder will man sich nicht anlegen. Das Logo von Freeplay zeigt den Weg jedoch schon deutlich auf.

Kurbel-Radio als Retter des Bambus-Pavillons auf der EXPO?

Zur Zeit werden vier verschiedene Radio-Typen (ab 199 DM) und die Kurbeltaschenlampe auf dem EXPO-Gelände-West am Bambus-Pavillon von ZERI verkauft. Die Gewinnspanne soll mit dazu beitragen, dass der Betrieb des Pavillons aufrecht erhalten werden kann. Doch auch diese erweiterten Einnahmemöglichkeiten werden die drohende Schließung wahrscheinlich nicht abwenden. Am 2. August werden die ZERI-Verantwortlichen bekannt geben, ob sich die Schließung verhindern lässt. Bis dahin muss ein Konzept vorliegen, damit die ehrenamtlichen Mitarbeiter eine klare Perspektive für die nächsten drei Monate der Weltausstellung haben.

Ein Stimmungsbild vermittelt auch das Tagebuch des Pavillons von ZERI. Diese "wöchentlichen Wechselbäder" will man nach Angaben eines Sprechers nicht weiter hinnehmen. Doch werden ihnen fortlaufend Steine in den Weg gelegt. So verlangen die hannoverschen Stadtwerke eine Vorauszahlung des kalkulierten Endbetrages. Bislang konnte keine einvernehmliche Regelung vereinbart werden. Sollte der Pavillon schließen müssen, kann man das Kurbelradio noch bei Globetrotter im Internet beziehen.

Fotos: Gerald Jörns mit Epson 850Z