Frostiges Treffen bei 22 Grad und Sonnenschein

Gemeinsame Pressekonferenz vom Merkel und Putin in Sotschi. Bild: Phoenix

Merkel bei Putin in Sotschi

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Eigentlich hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Minsk-II-Abkommen verlautbart, sie werde erst dann wieder nach Russland reisen, wenn dieser Friedensplan für die Ukraine vollständig umgesetzt sei. Darüber, dass diese vollständige Umsetzung noch nicht geschehen ist, herrscht relative Einigkeit. Sehr unterschiedlicher Meinung ist man in Berlin und Moskau allerdings darüber, wer dafür verantwortlich ist. Nun hat Merkel wieder einmal das Gegenteil von dem getan, was sie vorher versprach, und ist nach Sotschi geflogen, um dort den russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin zu treffen.

Offizieller Hauptanlass der gestrigen Reise war die Vorbereitung des bevorstehenden G20-Gipfels, den Merkel dieses Jahr als Gastgeberin in der Hansestadt Hamburg ausrichtet. Zur G20, der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, gehört auch Russland. Bei dem Treffen ging es aber auch um die Ukraine und um die Situation in Syrien, wo Putin und Merkel unterschiedliche Ziele verfolgen: Während sich Merkel beim G7-Treffen am 10. April ausdrücklich zum Ziel eines Sturzes des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad bekannte, unterstützt Russland die Staatsführung in Damaskus gegen den IS und andere sunnitische Extremisten, die das ebenfalls wollen.

Wirtschaftsvertreter fordert Ende der Sanktionen

Dass das Treffen nicht in Moskau, sondern in Sotschi stattfand, soll auf einen Wunsch Putins zurückgegangen sein, der in der Stadt am Schwarzen Meer, die die Sonne gestern Nachmittag auf 22 Grad erwärmte, eine Ferienresidenz hat. Merkel verbindet mit Sotschi aber möglicherweise auch unangenehme Erinnerungen: Vor zehn Jahren wurde sie dort von Putins Labrador Koni beschnuppert, was ihr sichtlich unangenehm war.

Russische Medien wie die Zeitung Iswestija erhofften sich von dem Besuch eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Russland und dem "Zugpferd der antirussischen Rhetorik in Europa". Im deutschen Handelsblatt forderten sowohl der russische Finanzminister Anton Siluanow als auch Wolfgang Büchele, der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, anlässlich der Reise einen "neuen Dialog". Die "Dauerkonfrontation" kommt Europa Bücheles Worten nach nämlich "teuer zu stehen" und "belastet die wirtschaftliche Entwicklung", obwohl die Sanktionen seiner Ansicht nach "in der derzeitigen Form […] als politischer Faktor nicht mehr wirklich relevant" sind.

Merkel bremste die Hoffnungen in einer gemeinsamen Pressekonferenz im Anschluss an das zweistündige Treffen mit Putin und gab sich in einem auffällig schrillen Claudia-Roth-grünen Jäckchen eher als Sprachrohr der ukrainischen Regierung denn als neutrale Vermittlerin. Noch angespannter wirkte das Verhältnis zwischen den beiden Staatschefs, als Journalisten nach einer Einflussnahme auf den deutschen Wahlkampf fragten: Putin meinte dazu, Russland mische sich nicht in politische Prozesse anderer Länder ein und wolle auch nicht, dass andere Länder das in Russland machen - obwohl er leider beobachten müsse, dass genau das geschieht. Das konnte man nicht nur als Hinweis auf Strippenzieher wie George Soros, sondern auch als indirekte Kritik an Merkel verstehen, die sich vorher über den Umgang mit den Zeugen Jehovas in Russland und mit Homosexuellen in Tschetschenien ausgelassen hatte.

Telefonat mit Trump

In Syrien sieht der russische Staatspräsident den Schlüssel zur Lösung in den USA, wie er bei der Pressekonferenz mit Merkel erneut betonte. Unmittelbar nach seinem Treffen mit der deutschen Kanzlerin telefonierte er mit dem US-Präsidenten Donald Trump. Dabei soll es nicht nur um Syrien, sondern auch um Nordkorea gegangen sein: Trump möchte neben China auch Russland, das eine etwa 20 Kilometer lange Landgrenze mit Nordkorea hat, in eine Allianz einbinden, um den Druck auf Pjöngjang zu verstärken. Die Verlegung von Truppen an diese Grenze hatte Moskau unlängst mit regelmäßigen Manövern erklärt.

Putin und Trump hatten bereits nach Trumps Amtsantritt im Januar und nach dem islamistischen Terroranschlag in der U-Bahn von St. Petersburg miteinander telefoniert. Dieser Anschlag trug dazu bei, dass sich Russland erneut in einer Reisewarnung für US-Bürger findet, in der auch die jüngsten Terrorangriffe in Frankreich, Schweden aufgeführt werden.

Am Wochenende und am Maifeiertag hatte Merkel im Rahmen ihrer G20-Vorbereitung Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate besucht (vgl. Merkel besucht Saudis). In letzteren warnte man sie dabei vor extremistischen Predigern in Deutschland.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.