Frühstart-Rente: Vom ABC-Schützen zum Börsenprofi?

Konzept der Zinssätze und Dividenden. Geschäftsmann mit Symbol und Pfeil nach oben, die Zinssätze weiter steigen, Rendite auf Aktien und Investmentfonds, langfristige Investitionen für den Ruhestand.

(Bild: LALAKA / Shutterstock.com)

CDU-Chef Merz will Kinder ab sechs Jahren zu Börsianern machen. Mit staatlicher Förderung sollen sie früh ein Aktiendepot bekommen. Doch seine Rechnung hat einen Haken.

CDU-Chef Friedrich Merz will die private Altersvorsorge in Deutschland stärken. Dafür sollen schon Kinder ab sechs Jahren mit einem Aktiendepot versehen und staatlich gefördert werden. Wenn sie dann in Rente gehen, sollen sie auf das Angesparte zugreifen dürfen. Das klingt verlockend, doch das Konzept verspricht mehr, als man tatsächlich mit ihm erreichen kann.

Inzwischen dürfte es klar sein: Wer im Alter seinen Lebensstandard halten möchte, muss privat vorsorgen. Aber vielen Deutschen fehlt das nötige Wissen über Chancen und Risiken von verschiedenen Arten der Kapitalanlage. Im Vergleich mit anderen Ländern haben die Deutschen Nachholbedarf, schließlich überlassen sie ihr Vermögen noch zu häufig dem schleichenden Verfall durch die Inflation und lassen es brach auf ihren Sparkonten liegen.

Nur etwa 17 Prozent der Deutschen ab 14 Jahren besitzen Aktien. Zum Vergleich: In den USA sind es mehr als die Hälfte der Haushalte.

"Frühstart-Rente": Merz’ Plan für eine bessere Altersvorsorge

Das will Merz jetzt ändern und sein Modell der "Frühstart-Rente" soll auch zum Bewusstseinswandel der Deutschen beitragen. "Wir müssen anfangen mit einer kapitalgedeckten Altersversorgung, damit die Menschen im Alter besser abgesichert sind", sagte er. Und wer dies als Zockerei diffamiere, "der verwehrt den Menschen die Möglichkeit, Vermögen zu bilden".

Der entscheidende Faktor sei, früh anzufangen und das Geld lange liegenzulassen. Über den Zinseszins-Effekt könnte dann ein "vernünftiges finanzielles Polster" für den Lebensabend zusammenkommen.

Wie realistisch ist Merz’ Rechnung wirklich?

Merz rechnet vor: Wer vom 6. bis zum 18. Lebensjahr die staatlichen Zuschüsse erhält, hätte mit 18 bereits 2.100 Euro auf dem Konto – vorausgesetzt, das Depot erzielt eine jährliche Rendite von sechs Prozent.

Diese Renditeerwartung ist nicht unrealistisch. Der Aktienindex MSCI World legte schließlich in den vergangenen 50 Jahren im Schnitt zwischen sieben und acht Prozent im Jahr zu. Vorhersagen für die Entwicklung in den nächsten 50 Jahren lassen sich daraus allerdings nicht ableiten.

Bis zum Renteneintritt mit 67 könnte – nach Merz’ Rechnung – die Summe auf rund 36.000 Euro anwachsen, ohne dass der Begünstigte selbst etwas einzahlt. Wer als Erwachsener weiter spart und monatlich 50 Euro beisteuert, käme laut Merz sogar auf rund 200.000 Euro.

Die Krux an der Rechnung ist aber, dass sie die Inflation nicht berücksichtigt. Geht man von einer Inflation von zwei Prozent aus, wie sie von der Europäischen Zentralbank anvisiert wird, sinkt das reale Vermögen deutlich.

Berücksichtigt man die Inflation, dann haben die Begünstigten mit Vollendung ihres 18. Lebensjahres ein reales Vermögen von knapp 1.842 Euro im Depot. D. h. die Wertpapiere zeigen zwar einen Wert von 2.100 Euro an, aber dies entspricht nur einer Kaufkraft von etwa 1.800 Euro, da die Inflation einen Wertverfall des Geldes bedeutet.

Zahlt man bis zum Renteneintritt nichts weiter in das Depot ein, dann hätte man am Ende ein reales Vermögen von knapp 14.000 Euro, die nicht ernsthaft zum Lebensunterhalt beitragen werden. Zudem muss dieses Vermögen dann noch versteuert werden. Würde man ab dem 18. Lebensjahr jeden Monat 50 Euro einzahlen, dann käme man auf ein reales Vermögen von knapp 102.000 Euro.

Sachverständigenrat mit ähnlichem Vorschlag

Merz' Konzept baut auf eine Idee des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) auf. Dieser hatte bereits im Oktober 2024 ein "Kinderstartgeld" vorgeschlagen, um die Deutschen stärker für die Kapitalmärkte zu interessieren.

Der SVR schlug vor, dass der Staat jedem Neugeborenen einmal 5.000 Euro zur Verfügung stellt, die in einen Aktienfonds investiert werden sollten. Im Unterschied zu Merz’ Konzept sah der SVR-Plan vor, dass die Begünstigten bereits ab dem 18. Geburtstag frei über das Geld verfügen können.

Theoretisch könnte jeder Jugendliche an seinem 18. Geburtstag über eine Summe von etwas mehr als 10.100 Euro verfügen; der SVR rechnet mit einem Zins von vier Prozent. Unter Berücksichtigung der Inflation entspricht dies einer Kaufkraft von etwa 7.150 Euro.

Finanzierung noch offen

Offen ist bislang, wie die "Frühstart-Rente" finanziert werden soll. Merz beziffert die Kosten auf 7 Millionen Euro pro Monat für jeden Geburtsjahrgang. "Das addiert sich mit der Zeit natürlich auf. Aber das ist allemal günstiger als immer höhere Bundeszuschüsse für die Rentenversicherung", argumentiert der CDU-Chef.

Kritiker warnen jedoch vor neuen Belastungen für den Staatshaushalt und bezweifeln, dass die "Frühstart-Rente" ausreichen wird, um die Rentenlücke zu schließen. Merz selbst räumt ein, dass sein Konzept nur ein erster Schritt sein kann. Im Wahlprogramm der Union heißt es, die gesetzliche Rente sollte durch zusätzliche betriebliche und private Vorsorge ergänzt werden.