GBW: Warum nicht zum Schnäppchenpreis an den Freistaat?

Laut Auskunft aus Brüssel hätte die Bayerische Landesbank ihre Wohnungsbaugesellschaft GBW nicht an ein Investorenkonsortium verkaufen müssen

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Mietpreise sind nicht selten eine Drangsal, vor allem in München. So konnten sich die Mieter der "Gemeinnützigen Bayerischen Wohnungsbaugesellschaft" (GBW) lange Jahre glücklich schätzen, dass sie zu annehmbaren Mieten in teilweise sehr guten Lagen in bayrischen Städten leben konnten. Dann wurde die GBW im Mai dieses Jahres verkauft. Trotz anderslautender Zusicherungen kam es zu den befürchteten Nachrichten von Mieterhöhungen. Heute heißt es, dass die Bayerische Landesbank ihre Wohnungsgesellschaft GBW nie hätte verkaufen müssen.

"Bonner Straße: geplanter Abriss mit Neubau, ohne die Mieter zu informieren. - Maxvorstadt: bis zu 80 Prozent mehr Miete für Stellplätze. - Maximal mögliche Mieterhöhung."

Zitat eines Mieters. Aus einer Mietersitzung in München, BR, vom 15.10.2013

Bayernweit gibt es etwa 32.000 GBW-Wohnungen. Bis zum Frühjahr 2013 hielt die Hausbank des Freistaats Bayern, die BayernLB, 91,93 % an der GBW AG. Das Aktienpaket wurde nach einem Bieterverfahren im April einem Investorenkonsortium unter Führung der Patrizia Immobilien AG zugesprochen, Bruttokaufpreis: 2,453 Milliarden Euro. Angesichts des Marktwerts der Wohnungen ist das ein Schnäppchenpreis, wie Kritiker anmerken, "der einem durchschnittlichen Kaufpreis in Höhe von 78.125 Euro pro Wohnung entspricht".

Man sei aus Brüssel zum Verkauf gedrängt worden, die EU-Kommission habe Druck gemacht, hieß es damals. Die BayernLB hatte miserabel gewirtschaftet, was in Folge der Bankenkrise zu milliardenschweren Hilfen führte. Aus den Taschen der Steuerzahler wurde nach ihrem Versagen auf dem Markt 2008 Rettungsgelder in Höhe von 7 Milliarden Euro Eigenkapital und Garantien in Höhe von 15 Milliarden Euro bereitgestellt.

Der Verkauf der GBW war alternativlos?

Die EU hatte diese Hilfe nur unter Auflagen gewährt. Dazu gehörte, dass die Landesbank die Geschäftsbereiche verkaufen sollte, die nicht zum Kernbereich der Bank gehören.

Der Verkauf der GBW war alternativlos, sagt der bayerische Finanzminister dazu. Um die Verpflichtung aus Brüssel zu erfüllen, die vorgab, die Bilanzsumme der Bank "fast zu halbieren", habe man "alles verkaufen müssen, was nicht niet- und nagelfest war", wird der Finanzminister weiter zitiert.

Wie steht es nun mit der Aussage des Sprechers des EU-Wettbewerbskommissars Joaquin Almunia, die der BR heute berichtet?

Demnach sei die Verpflichtung die GBW-Anteile zu veräußern, nicht von der Europäischen Kommission gekommen. Vielmehr habe dies die Bayern LB selbst vorgeschlagen. Dies bestätigt auch Finanzstaatssekretär Johannes Hintersberger (CSU). Der Verkauf der GBW-Anteile sei nie eine Brüsseler Bedingung gewesen.

Söder wehrt ab, das sei nur ein "Sturm im Wasserglas". Ob das auch die GBW-Mieter so sehen? Denen hat Söder mit einer "Sozialcharta" Schutz versprochen. Mieterverbände bewerten die Charta als ungenügend. Aber der Reihe nach.

Der Freistaat Bayern wäre als Käufer ebenso möglich gewesen

Die EU hat Druck auf die Bank ausgeübt, deren Geschäftsgebahren in den letzten Jahren sehr großer Kritik ausgesetzt ist. Aber, anders als von Söder behauptet, hat die EU die Privatisierung der GBW-Anteile nicht als einzige Alternative vorgeschrieben. Der Freistaat Bayern wäre als Käufer ebenso möglich gewesen, heißt es aus Brüssel, "nur nicht zu einem überteuerten Preis". Es hätte also Spielraum gegeben.

Auf eine entsprechende Frage von Telepolis im April verwies das bayerische Finanzamt darauf, "dass dann ein neues Beihilfeverfahren der EU drohen würde". Die Auskunft aus Brüssel dazu lautete: "An einem offenen Bieterverfahren könne 'selbstverständlich' auch ein öffentlicher Bieter teilnehmen. Bekommt der den Zuschlag, 'behält sich die Kommission allerdings vor, ergebnisoffen zu prüfen, ob eine Beihilfe vorliegt'".

Das sind vage Antworten, die den Eindruck erwecken, dass hier die Verantwortung hübsch hin-und her geschoben wird. Wäre es nicht möglich gewesen, einen Preis auszuhandeln, der den Beihilfevorwurf nicht aufkommen lässt? Auch die andere Frage, warum es denn Mietern nicht möglich war, die im Verhältnis zur Lage häufig sehr günstigen Wohnung selbst zu kaufen, wurde nur ausweichend beantwortet (siehe Wie verhindert wird, dass Mieter ihre Wohnungen kaufen können).

Mieterhöhungen und Kritik an unzureichender Sozialcharta

In Erlangen sind GBW-Mieter "nach angekündigten Mieterhöhungen und wegen des drohenden Verkaufs ihrer Wohnungen verunsichert", wurde gestern berichtet. In Herzogenaurach und Höchstadt ist von 20-prozentigen Mieterhöhungen die Rede.

In München weist der Mieterbeirat auf Schwächen der Vereinbarungen mit dem Käuferkonsortium hin, das Söder im April als Erfolg feierte: "Die Sozialcharta bedeutet Sicherheit und Schutz für die Mieter."

Laut Sozialcharta seien ab April 2019 Luxussanierungen erlaubt und auch höhere Mieten möglich. Ohne rechtliche Zusatzvereinbarungen mit jedem einzelnen Mieter sei das Papier vor allem bei einem Verkauf der Wohnung "wertlos". Auch ein GBW-Vertreter soll die Sozialcharta als "heißes Eisen" bezeichnet haben.

Lücken

Es gibt anscheinend Lücken, die ausgenutzt werden, so wird etwa die in der Sozialcharat festgelegte Mieterhöhungsgrenze von 15 Prozent dadurch umgangen, dass an manchen Orten die Miete nur zu zehn Prozent und dafür an anderen zu 20 Prozent erhöht wird.

"Wenn sich in Landshut nur Erhöhungen um zehn Prozent durchsetzen lassen, kann man im Raum Nürnberg mit 20 Prozent zuschlagen", berichtete Nordbayern.de Ende Oktober. Da zum Beispiel die Garagenmieten vertraglich nicht festgelegt sind, versucht man es auch darüber, siehe Eingangszitat. In München sollen bereits 200 besonders wertvolle Wohnungen verkauft worden sein, so die Information der Zeitung, die sich dabei auf das Immobilienunternehmen Patrizia beruft.

"Seriös und sicher" (Söder)

Dass das Unternehmen wie auch die anderen Käufer der GBW-Wohnungen daraus Profit schlagen wollen, gehört zu seinem Geschäft. Und es gebe Schlimmere auf dem Markt als die Patrizia, hieß es im August aus dem Mieterverein München. Patrizia-Vorstand Klaus Schmitt wird damit zitiert, dass man, wie auch die anderen beteiligten Geldgeber, Interesse an einer langfristigen Investition habe.

Die Vorsitzende des Mieterbundes Bayern, Beatrix Zure, ahnt dagegen nichts Gutes: Sie sorgt sich, "dass jetzt nach und nach der gesamte Wohnungsbestand der GBW einzeln auf den Markt geworfen wird".

Die Patrizia sei ein seriöses bayerisches Unternehmen, betonte Söder im April. Damals hieß es, dass "der Verkauf an das Konsortium war im Ergebnis rechtlich zwingend (!)" war.

Hinter dem Konsortium der Patrizia, so wurde weiter aufgeklärt, stünden "Sparkassen, Versicherungen, Pensionskassen sowie berufsständische Versorgungswerke von Apothekern, Ärzten und Rechtsanwälten". Böse Zungen hielten es nicht für unmöglich, dass es nicht gerade der Regierungspartei völlig fernstehende Persönlichkeiten seien, deren Aussichten damit seriös verbessert wurden.

Doch verlieren sich solche Mutmaßungen auf die Frage, wer von der GBW-Privatisierung profitiert haben könnte, wie auch die Antwort auf die Frage nach den Möglichkeiten des Kaufs der GBW-Mehrheitsanteile durch den Freistaat, im herbstlichen Nebel:

Und wer nachforscht, wer eigentlich die GBW-Mehrheitsanteile erstanden hat, der findet als Erwerber nicht die Augsburger Patrizia AG, die - so Söder - "ein Höchstmaß an Sicherheit für die Mieter" gewährleisten soll, sondern eine eigenartige "Pearl Acquico Eins Gmbh und Co KG", deren haftende Gesellschaft eine "Blitz 13-308" ist und unter deren Kommanditisten sich zwei in Luxemburg angesiedelte Firmen finden.

Nordbayern.de