GEMA hilft gegen Veranstaltungslärm
Weihnachtsmärkte verzichten teilweise auf Musik
In fast allen Emissionsschutzanliegen gab es seit den 1970ern Fortschritte: Die Luft ist heute praktisch überall in Deutschland sauberer als vor 30 Jahren, damals tote Gewässer beherbergen essbare Fische und wilde Müllkippen sind weitgehend verschwunden. Nur beim Lärmschutz wurde zwar manches besser - aber noch mehr deutlich schlimmer. Was möglicherweise auch daran liegt, dass dieser Bereich auch von den straßenfestkulturbegeisterten Grünen in seinen mit am wichtigsten Ausprägungen ausgespart wurde (vgl. Heimatloser Lärmschutz). In jedem Fall nahmen lautstarke Veranstaltungen - auch auf Drängen von Vereinen und Geschäftsleuten, die auf Absatz hoffen - immer mehr zu.
Wollen Politiker nicht gegen Musik- und Veranstaltungslärm einschreiten, kann eine Organisation helfen, die den Lärmschutz eigentlich gar nicht als ihre Aufgabe ansieht: Die Musikverwertungsgesellschaft GEMA. Sie wäre beispielsweise dafür verantwortlich, wenn es auf den Märkten beim Klausenhof in Großherrischwand künftig leiser zugeht. Der Lokalzeitung zufolge sieht es nämlich "danach aus, dass die Musikauftritte [dort] an erhöhten Gemapreisen scheitern werden", die "mittlerweile mehr als das Künstlerhonorar betragen".
50.000-Euro-Forderung in Wiesbaden
Auch Kurt Stroscher von der Frankfurter Tourismus und Congress GmbH glaubt, dass er wegen der GEMA "irgendwann in einen finanziellen Bereich kommt, wo man besser keine Feste mit Musik mehr ausrichtet". In Wiesbaden leiden die Anwohner dank der GEMA bereits jetzt weniger unter Lärm, weil wegen der Forderungen an Wochentagen weniger Musik auf dem dortigen "Sternschnuppenmarkt" läuft. Dazu entschied man sich, nachdem die Verwertungsgesellschaft für 2015 stolze 50.000 Euro in Rechnung stellte, von denen sie etwa die Hälfte eintreiben konnte, nachdem die Stadt darlege, dass der Markt wegen der Sicherheitslage und des Wetters deutlich schlechter besucht war als erwartet.
Klaus Kohlweyer, der Geschäftsführer der Offenbacher Weihnachtsmarktausrichter Pro Of, strich das Musikprogramm der GEMA-Forderungen ebenfalls zusammen, nachdem er 286 Euro für einen singenden Kindergarten bezahlen musste.
Verwertungsgesellschaft verlangt auch für abgeänderte gemeinfreie Werke Geld
Solche GEMA-Forderungen lassen sich nur dann umgehen, wenn (wie beispielsweise in Reichenbach) ausschließlich GEMA-freie Musik gespielt wird. Ist allerdings nur ein Stück dabei, auf das die Verwertungsgesellschaft Ansprüche erhebt, kann sie trotzdem kassieren, wie man zum Beispiel im schwäbischen Affing feststellen musste. Zudem macht die Verwertungsgesellschaft geltend, dass auch verhältnismäßig kleine Änderungen an einem Lied, dessen Urheber vor mehr als 70 Jahren verstarb, dazu führen, dass es wieder gebührenpflichtig wird.
Auch Autofahrer und Nachbarn, die mit ihrer Musik weit mehr als das eigene Fahrzeug oder die eigene Wohnung beschallen, wären theoretisch GEMA-pflichtig. Bislang wird das allerdings nicht praktisch durchgesetzt: Obwohl ihren Mitgliedern dadurch potenziell erhebliche Einnahmen entgehen, hat die Verwertungsgesellschaft noch keinen Nachtdienst und keine Hotline eingerichtet, bei der sich solche Ereignisse melden lassen.