GV-Anbau in Osteuropa schrumpft
Nulltoleranz bei Saatgut hält Verunreinigungen in Deutschland gering. Schweiz klagt über eingeschleppten GV-Raps
Viele Jahre lang befürchteten Gentech-Kritiker, dass die Agro-Industrie in osteuropäischen Ländern versuchen würde, gentechnisch veränderte Pflanzen in großem Stil einzuführen. Etwa um das Jahr 2004 versuchten Gentech-Konzerne in Polen, Bulgarien und Rumänien Landwirte mit günstigen Angeboten für den Anbau von GV-Pflanzen zu gewinnen (Geht die Gen-Saat im Osten auf?).
Doch auch in den östlichen Ländern regte sich bald Widerstand. Und inzwischen scheint das Interesse in den Oststaaten insgesamt zu schwinden. Das berichtet Inf'OGM. Danach würden in Rumänien nur mehr 2,5Hektar GV-Mais angebaut gegenüber 770 Hektar im Vorjahr. In Tschechien "soll die Fläche mit Monsanto-Mais von 1.754 Hektar auf 997 Hektar geschrumpft sein", berichtet das Portal. Auch die Slowakei verzeichnete einen Rückgang beim Anbau von GV-Mais.
Innerhalb der EU werden derzeit nur mehr in Spanien nennenswerte Flächen mit dem insektenresistenten Mais MON810 bebaut, berichtet keine-gentechnik.de
Nulltoleranz bei Saatgut
Gentechkritiker sehen sich in ihren strikten Haltungen auch bei der Einhaltung der strengen Saatgutregelungen innerhalb der EU beziehungsweise in Deutschland bestätigt. "Nulltoleranz ist machbar" oder "Nulltoleranz ist möglich" titeln einschlägige gentech-kritische Kanäle. Befürworter dagegen fordern immer wieder eine Erhöhung der Schwellenwerte. Das würde zwar Produktions- und Testkosten wahrscheinlich etwas reduzieren, Landwirte welche ihren Abnehmern aber gentechnikfreie Produkte garantieren wollen, könnten bei höheren Grenzwerten mit erheblichen Problemen konfrontiert werden.
Die Einhaltung der Nulltoleranz bereite bisher kaum Schwierigkeiten, argumentieren die Verfechter strenger Saatgutregelungen. Die Testresultate für den Zeitraum Oktober 2014 bis September 2015 der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Gentechnik (LAG) würden das wieder einmal mehr zeigen, heißt es in einschlägigen Artikeln. Von etwa 900 Saatgutproben waren nur sieben positiv. Bei 451 Maisproben fand man sechs Verunreinigungen mit gentechnisch veränderten Anteilen. Bei Soja fiel eine Probe durch. Auch im Vorjahr gab es kaum Ausreißer bei Stichproben. Der Druck in Sachen Nulltoleranz bei Saatgut würde wirken, interpretieren Gentech-Kritiker die Ergebnisse.
"Große Saatguthersteller fordern seit Jahren, Schwellenwerte für gentechnische Verunreinigungen einzuführen. Auch der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter BDP ruft immer wieder nach einem Ende der Nulltoleranz. Bioland und Greenpeace lehnen das ab", heißt es in einer Pressemitteilung des Erzeugerverbands Bioland. Unter Verweis auf Verunreinigungsprobleme in großen Anwenderländern wie den USA und Kanada betonte Dirk Zimmermann, Gentechnik-Experte von Greenpeace, bereits 2014: "Saatgut steht am Anfang der pflanzlichen Produktion - jede Verunreinigung mit Gentechnik bedeutet nicht nur ein unkalkulierbares ökologisches, sondern auch ein unverantwortliches wirtschaftliches Risiko."
Gentechraps kommt mit Weizen aus Kanada
Wer Verunreinigungen verhindern will, wird sicher auf strenge Regeln und niedrige Schwellenwerte achten müssen. Doch selbst diese garantieren in einer globalisierten Welt keine Gentechnikfreiheit, wie ein Beispiel aus der Schweiz deutlich zeigt: In Basel wurden nahe des Rheinhafens immer wieder gentechnisch veränderte Rapspflanzen entdeckt. Niemand wusste woher diese Pflanzen kamen. Wissenschaftler entdeckten schließlich in Proben von kandischem Weizen, der in Schweizer Getreidemühlen verarbeitet wurde, kleine Mengen an Raps.
Wie die Schweizer Allianz Gentechfrei (SAG) berichtet, würden "zusammen mit kanadischem Weizen jährlichen 3.9 Tonnen Raps in die Schweiz importiert werden." Nachdem in Kanada fast nur noch GV-Raps angebaut wird, erhalten die ansonsten recht gentech-kritisch eingestellten Schweizer gentechnisch veränderte Pflanzen quasi "frei Haus". Verwilderter GV-Raps wird von Umweltexperten als riskant eingestuft, zumal die eingebauten synthetischen Gene auch auf verwandte Arten übertragen werden könnten. In Kanada hatte sich Gentech-Raps enorm schnell und teilweise völlig unkontrolliert ausgebreitet. Die SAG fordert deshalb stärkere Kontrollen:
Das Beispiel des Rheinhafen Basel zeigt, dass auch geringste Verunreinigungen unterhalb der aktuellen Nachweisgrenzen zur Einführung von Gentechpflanzen und ihrer Verbreitung in der Umwelt führen kann. Ein sorgsamer Umgang bei Importen aus Riskoländern ist daher dringend notwendig und muss regelmässig kontrolliert werden.
SAG