Gasmasken für den Vatikan
Der Papst lässt seinen Sitz besser sichern und überwachen. Mit Gasmasken, Videokameras und einem neuen Funksystem.
Auch am Heiligen Stuhl sind die Folgen des 11. September spürbar. Und das nicht anders als in der übrigen westlichen Welt: Mit elektronischen Überwachungsmaßnahmen sollen mögliche Attentäter abgeschreckt und erkannt werden.
Der Papst gilt als eine der meist gefährdeten öffentlichen Personen. Nach dem 11. September wurden Befürchtungen laut, wonach das katholische Kirchenoberhaupt selbst Ziel von Anschlägen werden könnte. An Weihnachten galten deshalb in Rom strengere Sicherheitsvorkehrungen als in früheren Jahren. Gläubige wurden mit Metalldetektoren untersucht. Außerdem waren mehr Sicherheitskräfte in zivil unterwegs als üblich. Bereits 1997 hatte CIA-Chef George Tenet den Vatikan aufgesucht, um vor einem Mordanschlag auf den Papst in nächster Zukunft zu warnen. Es wurde auch berichtet, dass italienische Geheimdienste erklärt hatten, im Zusammenhang mit der Jahrtausendwende drohten Anschläge "religiöser Fundamentalisten".
Ende Dezember wurde nun bekannt, dass im Vatikan auf breiter Front gegen mögliche Terror-Attacken aufgerüstet wurde. Laut einem Bericht der Römischen Tageszeitung Il Messaggero werden dazu die rund 100 Schweizer Gardisten, die in ihren folkloristisch anmutenden bunten Gewändern und mit Hellebarden bewaffnet, einen wenig vertrauenserweckenden Eindruck machen, mit Gasmasken ausgerüstet. Weiter gibt es im Vatikan seit jüngstem eine sogenannte Anti-Sabotage-Einheit, die im speziellen gegen Anthrax-Attacken gewappnet sein soll. Dazu wurde unter anderem ein Quarantäne-Raum eingerichtet, wo verdächtige Postsendungen isoliert geöffnet werden können.
Im präventiven Bereich indes sind die getroffenen Maßnahmen um einiges eindrücklicher als die dekorativen Gummirüssel für die Schweizer Garde. In der Zentrale der Gendarmeria - neben der Garde die zweite für die Sicherheit des Papstes zuständige Einheit - wurde ein Kommando-Raum eingerichtet, wo auf rund fünfzig Monitoren der gesamte Personenverkehr im Vatikan überwacht werden kann. Gespiesen werden die Bildschirme mit den Aufnahmen von festinstallierten sowie mobilen Kameras. Nach Angaben der Zeitung Il Messaggero soll so jeder Winkel des 0,44 Quadratkilometer großen Kleinstaats zu jeder Zeit ausgeleuchtet werden können. Die Bilder werden in der Zentrale ausgewertet und mit einer Datenbank abgeglichen, die mit Informationen aus Beständen des Italienischen Innenministeriums, der Europäischen Union und des CIA gefüttert wird.
Seit Weihnachten ist zudem ein von Motorola realisiertes digitales Funknetz in Betrieb, das neben den Kommunikationsmöglichkeiten auch die Lokalisierung der einzelnen Beamten anbietet. Die Befürchtung, der Papst könnte als Anschlagziel dienen, ist durchaus berechtigt und das Attentat von 1981 sowie weitere gescheitere Versuche mögen dies bestätigen. Für die in den vergangenen Jahren mit Abstand brutalste Bluttat im Vatikan sorgte jedoch die Schweizer Garde selbst. Am 5. Mai 1998 erschoss der 23 jährige Cédric Tornay seinen Vorgesetzten, den Garde-Kommandanten Alois Estermann und dessen Ehefrau.
Dass der Papst die neuen Technologien nicht nur zu Überwachungszwecken einzusetzen gedenkt, bewies er erst unlängst. Am 22. November versandte das greise Kirchenoberhaupt per E-Mail ein Entschuldigungsschreiben für Verbrechen und Ungerechtigkeiten von Missionaren der katholischen Kirche an den eingeborenen Völkern Ozeaniens. In verschiedenen Medien wurde der zittrige Fingerdruck auf den Send-Button als Eintritt des Vatikans ins digitale Zeitalter gehandelt. Während im Vatikan selbst gegen den "Terror" aufgerüstet wird, versucht sich der Papst als interreligiöser Brückenbauer.
Dazu rief das katholische Kirchenoberhaupt Mitte Dezember zur Teilnahme an Sonderveranstaltungen auf. Den Auftakt machte ein Fastentag am 14. Dezember, ein Datum mit einem gewissen Symbolwert, fiel das Ereignis doch mit dem Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan zusammen, der Neujahrstag ist dem Frieden gewidmet, und für den 24. Januar lädt Johannes Paul II. Vertreter der verschiedenen Religionen, insbesondere Christen und Muslime, zu einem internationalen Gebetstag nach Assisi ein.