Gea, Miele, Siemens, Continental …
Die drohende Wirtschaftskrise hat sich vom Auftragsrückgang zum Stellenabbau vorgefressen
Am 26. September gab der Anlagenbauer Gea bekannt, dass er vorhat, in den nächsten eineinviertel Jahren etwa 800 Stellen in Deutschland zu streichen und im gleichen Zeitraum Teile des Unternehmens abzustoßen. In Zukunft will er sich auf die Bereiche Nahrung und Arzneimittel konzentrieren, weil diese den Worten des Vorstandsvorsitzenden Stefan Klebert zufolge "unabhängig von Konjunkturzyklen" nachgefragt werden.
Am selben Tag protestierte bei Miele die Gewerkschaft IG Metall, weil sie befürchtet, dass das Traditionsunternehmen in den nächsten fünf Jahren 770 seiner aktuell etwa 2.300 Stellen im Gerätewerk Gütersloh abbauen will. Von den 1.800 Stellen in Bielefeld könnte etwa ein Zehntel gestrichen werden, wenn man Geschirrspüler zukünftig verstärkt in Tschechien produziert.
Der Industriegigant Siemens hatte einen Tag davor einen im Juni angekündigten Arbeitsplatzabbau in etwas eingeschränktem Umfang bestätigt: Die Betriebsräte und die IG Metall konnten ihn von 1.400 auf 1.100 Stellenstreichungen herunterhandeln. 470 davon werden in Berlin eingespart, weitere 450 davon im mittelfränkischen Erlangen.
Noch härter trifft es Standorte, an denen der Automobilzulieferer Continental produziert. Er gab am Mittwoch bekannt, in den nächsten Jahren 7.000 seiner aktuell 62.000 Arbeitsplätze in Deutschland abzubauen. Über 2.200 davon werden im hessischen Babenhausen fehlen (wo ab 2021 nicht mehr geforscht und entwickelt wird), 860 im sächsischen Limbach-Oberfrohna fehlen (wo man ein Werk komplett schließt) und weitere 320 im Bayerwaldgrenzort Roding (wo ab 2024 keine Hochdruckpumpen für Benzin- und Dieselmotoren mehr produziert werden).
Etwas westlich davon, im niederbayerischen Pfeffenhausen, hatte die Maschinenbaufirma Brandl am 19. September eine komplette Werksschließung verkündet, der 120 Arbeitsplätze zum Opfer fallen. Brandl wird zukünftig nur noch im tschechischen Kaplitz und im rumänischen Hermannstadt produzieren.
Ein weiteres eng mit der Autoindustrie verbundenes Unternehmen, das in Deutschland Stellen streicht, ist der Reifenhersteller Goodyear Dunlop. Er bestätige am 24. September den Abbau von 1.050 der aktuelle etwa 2.900 Arbeitsplätze in den hessischen Städten Hanau und Fulda. In Hanau werden 600 gestrichen, in Fulda 450.
Herz der Krise
Bei den Autoherstellern selbst, die dem IW-Chef Michael Hüther zufolge durch "Panikattacken in der deutschen Klimadiskussion verunsichert" werden und einen bis zu zwölfprozentigen Produktionsrückgang erwarten, steht ebenfalls ein Arbeitsplatzabbau in größerem Umfang an:
Ford will in Deutschland bis Ende 2020 auf 5.000 Stellen und eine komplette Schicht im saarländischen Saarlouis verzichten. Das erste Elektroauto der Firma, das dann auf den deutschen Markt kommen soll, wird aus den USA importiert. Nach dieser "ersten Ebene, um eine Minimum-Profitabilität sicherzustellen und schwarze Zahlen zu schreiben" hat Ford-Deutschlandchef Gunnar Herrmann "weitere Veränderungen" in Aussicht gestellt.
Volkswagen will bis 2023 zwischen 5.000 und 7.000 Arbeitsplätze streichen. Audi bereitete seine Mitarbeiter auf einer Betriebsversammlung im Sommer auf den Abbau von 10.000 der aktuell 60.000 Stellen in Ingolstadt und Neckarsulm bis 2025 vor. Bei BMW könnten es einem unbestätigten Bericht des Manager Magazins nach ebenfalls tausende werden. Daimler spricht derzeit nicht über Deutschland, kündigte aber einen weltweiten Stellenabbau in fünfstelliger Höhe an. Und Opel fand bereits in den letzten beiden Jahren 5.000 seiner ehemals 16.500 Mitarbeiter ab oder schickte sie in den Vorruhestand oder die Altersteilzeit. 600 weitere sollen alleine in Rüsselsheim folgen.
EZB ohne Gegensteuerungsmöglichkeit?
Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise Ende der Nullerjahre, als es zuletzt so finster aussah, reagierten die deutsche Politik und die Europäische Zentralbank mit antizyklischen Maßnahmen. An diesen Maßnahmen hielt die EZB allerdings auch fest, als sich die deutsche Wirtschaft in einer Hochkonjunktur befand, weil es in anderen Euro-Ländern wie Griechenland und Italien ganz anders aussah. Christian Sewing, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, befürchtet deshalb, dass die EZB nun über keine wirksamen Gegensteuerungsinstrumente mehr verfügt, um eine kommende Wirtschaftskrise abzufedern.
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