Gefahr durch Satellitenschüsseln

Die Hardliner der iranischen Regierung wollen den Einfluss vom Ausland wieder einmal durch das Kappen des Informationsflusses beschränken, dieses Mal ist der Fußball Schuld

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Seit letzter Woche werden in der iranischen Hauptstadt Teheran von der Polizei Satellitenschüsseln konfisziert. Das Anbringen von Satellitenschüsseln wurde bereits 1995 von der Regierung verboten, um westliche Einflüsse über den Empfang von ausländischen Sendern abzuwehren. Der Verbot wurde jedoch nicht streng durchgesetzt. Im seit einigen Jahren etwas liberaleren politischen Klima wurden auch zahlreiche Internetcafes eröffnet, wobei man immer wieder einmal versucht, den Zugang zum Internet zu beschränken.

Angeblich hat die Polizei schon Tausend Satellitenschüsseln entfernt, nur bei 5 Prozent hätte sie einen Gerichtsbeschluss vorlegen müssen, ansonsten haben die Besitzer sich "freiwillig" von den Schüsseln getrennt. Bei Weigerung droht nämlich Gefängnis. Als Grund für die Maßnahme wird angegeben, dass einige in den USA befindliche Sender, die von iranischen Oppositionsgruppen betrieben werden, "Hooligans" gezeigt hätten, die nach Qualifikationsspielen für die Fußballweltmeisterschaft der iranischen Mannschaft in Teheran und anderen Städten Steine auf Fenster von Banken und Geschäften geworfen hätten. Besonders nach der der 3:1 Niederlage gegen die Vereinigten Emirate kam es zu den Ausschreitungen. Überdies wurden Gewalttätigkeiten gemeldet, als die Polizei versuchte, die Gruppen von Fußballfans von den Straßen und Plätzen zu vertreiben. Angeblich wurden dabei auch Proteste gegen den Staatspräsidenten Ayatollah Khamenei laut. Hunderte von Menschen sind verhaftet, viele auch verprügelt worden. Am Mittwoch wurden nach dem 1:0 Sieg über die Nationalmannschaft der Vereinigten Emirate über 600 meist jugendliche Fans festgenommen. Mobbasher, der Leiter des Revolutuionsgerichts, kündigte eine unbarmherzige Bestrafung der Rädelsführer, "Konterrevolutionäre" und Unruhestifter an. Man were sie als mohareb behandeln, also als Täter, die sich gegen die Religion vergangen haben. Darauf steht auch die Todesstrafe, die im Iran kräftig praktiziert wird.

Im Ausland betriebene Fernseh- und Rundfunksender, aber auch auf Websites sind, wie BBC berichtet, die Menschen im Iran dazu aufgefordert worden, auf die Straße zu gehen und gegen das islamistische Regime zu protestieren. Ali Shamkhani, der iranische Verteidigungsminister, machte für die Unruhen ausländische Satellitensender verantwortlich: "Unverantwortliche Elemente versuchen die Satellitennetzwerke dafür einzusetzen, eine politische Veränderung zu bewirken. Das zeigt, dass wir bislang gescheitert sind, uns ernsthaft den kulturellen Bedrohungen entgegen zu stellen." Viele, besonders die Jungen, wollen einen politischen Wechsel. Das Vorgehen gegen die Verwendung oder auch schon den Besitz der Satellitenschüsseln wird als Versuch angesehen, den Einfluss von außen zu begrenzen. Die Besitzer von Satellitenschüsseln verstecken diese oder versuchen sie zu tarnen. Die Zeitung Nowruz, die der reformistischen Moscharekat-Partei (IIPF) nahe steht, bezeichnet das Vorgehen der Polizei als einen "Akt, der sich immer wieder als vergeblich erwiesen hat".

Auch die Iran News kritisierte am Sonntag die Maßnahme. Die moderne Technologie müsse man richtig nutzen, anstatt sie "zu ignorieren oder zu verbieten". Kritiker des Gesetzes aus dem Jahr 1995 warnen nicht nur vor negativen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen, sondern gehen auch davon aus, dass dadurch nichts erreicht werde, weil im Ausland befindliche Radiostationen ähnliche Programme senden: "Das Verbieten der Satellitenschüsseln macht aus den normalen Bürger nur Kriminelle und wird dem Land eine beträchtliche Menge an Devisen kosten, da die Menschen noch begieriger werden, die neuesten nicht aufspürbaren Satellitenschüsseln vom Ausland zu erwerben." Die Gewalt nach den Fußballspielen würde auch nicht alleine auf ausländische Sender zurückgehen, die überdies keinen großen Einfluss hätten.

Der Parlamentsabgeordnete Mohammd Reza Saidee von der IIPF wandte sich ebenfalls gegen das Verbot: "Wir leben im Informationszeitalter. Es hat heutzutage keinen Sinn, Informationen zu blockieren, weil die Bürger schließlich mit unterschiedlichen Mitteln und Methoden Zugang zu den Informationen finden werden, die sie suchen. Der Versuch, Informationen zu unterdrücken, ähnelt dem Schießen eines Pfeils ins Dunkle."

Iran hat sich zwar der von den USA initiierten Allianz gegen den Terror angeschlossen und die Anschläge vom 11.9. verurteilt, aber die Regierung kritisiert auch die Bombardierung Afghanistans, da dadurch auch unschuldige Zivilisten zu Opfern werden. Iran hat seit längerem die sogenannte Nordallianz unterstützt und das Taliban-Regime bekämpft, verhält sich aber zurückhaltend, um die islamistischen Positionen im eigenen Land nicht zu schüren. Der Kampf gegen den Terrorismus soll nach dem Iran unter der Führung der UN stattfinden. In den Iran sind bereits vor dem Krieg 2 Millionen Afghanen geflüchtet. Mit dem Start der Bombenangriffe hatte der Iran die Grenzen nach Afghanistan für Flüchtlinge geschlossen, aber Camps an der Grenze in Afghanistan eingerichtet. Angeblich hätten es insgesamt fünf sein sollen, doch die Taliban hätten nur die Errichtung eines Lagers erlaubt, in dem sich mittlerweile über 5.000 Flüchtlinge aufhalten.

Nach einem Bericht der Reporter ohne Grenzen werden die Internetzugänge der staatlichen und privaten Provider gefiltert. Angeblich müssen Internetbenutzer ein Dokument unterschreiben, in dem sie versichern, keine "nicht-islamischen Sites" zu besuchen. Nach Reporter ohne Grenzen ist der Iran das "größte Gefängnis für Journalisten". Zur Zeit befinden sich 19 Journalisten in Haft. Im letzten Jahr wurden über 30 Zeitschriften verboten. In diesem Monat wurde Fatemeh Govarai, eine Journalistin der Zeitung Omid-e-Zangan, wegen "Falschinformationen" und "Verleumdung" der Revolutionären Garden zu sechs Monaten Gefängnis und 50 Peitschenhieben verurteilt. Nach der Berliner Konferenz im April 2000, an der 17 persische Intellektuelle teilgenommen hatten, wurden diese nach Rückkehr in den Iran teilweise für längere Zeit eingesperrt und der Propaganda gegen den Staat sowie der Kritik am Islam beschuldigt.