Gegen den Strom segeln

Fische benutzen für Manöver in turbulentem Wasser eine energiesparende Methode - Vorbild für die Entwicklung von Unterwasserfahrzeugen?

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Die Umgebung nahe eines Flussbettes ist ziemlich chaotisch. Wenn das Wasser über Stöcke, Steine und Felsen fließt, entstehen eine Vielzahl von Whirlpools, die auch als "Wirbel" bezeichnet werden. James Liao und Mitarbeiter aus Harvard imitierten diesen Zustand in einem großen Fischtank. Sie ließen das Wasser über einen Halbrundstab (D-section cylinder) passieren und beobachteten mittels einer schnellen Kamera, wie die Forellen mit den wirbelnden Bewegungen fertig werden. Über die Ergebnisse ihrer Forschung berichten sie in der aktuellen Ausgabe von Science

Zum einen konnten sie herausfinden, dass die Forellen zwischen den Wirbeln hin und her schwimmen. Diese Bewegung erlaubt es ihnen, die Energie der Wirbel auszunützen, indem der Körper erst auf der einen und dann auf der anderen Seite umflossen wird. Im Grunde genommen benutzt die Forelle das Wasser wie ein Bootssegel im Winde. Zum anderen zeigen Elektroden, dass nur der vordere Muskel, nicht aber der gesamte Körper in Bewegung gesetzt wird. Diese Art führt zu einer erheblichen Einsparung des energetischen Aufwandes.

Bild: Science

Allerdings beruhen diese Veränderungen auf wirbelförmigen Bewegungen von jeweils gleicher Intensität. Sie werden als "Karman Straße" bezeichnet, weil es periodische Wirbel sind, bei denen Größe und Geschwindigkeit gleich bleiben. Für die Fische sind zwei hydrodynamische Vorzüge bekannt: Sie können bei reduzierter Strömung Fluss schwimmen, wie ein Fahrradfahrer, der sich hinter dem Rücken eines anderen versteckt. Und sie können gegen die Strömung anschwimmen, indem sie ihre Körperbewegung zur Winkelgeschwindigkeit des externen Wirbels synchronizieren. Damit reduzieren sie den Energieverlust und wirken wie ein Segler, der das Segel benutzt, um im Winde zu manövrieren.

Rot und Blau sind die Zentren, nämlich die Uhrzeiger- und Gegenuhrzeiger-Wirbel zwischen denen die Forellen hindurch schwimmen. (Bild: Science)

Dennoch, die Fische haben es keineswegs leicht. Ihre Energie dient in Wahrheit nicht ihnen, sondern dem Verdrängen des Wassers. Wenn Fische nur fähig wären, geradeaus zu schwimmen, würde es sich um einen vollständigen, aber aufwendigen Vorgang handeln. In Wirklichkeit wird das Schwimmen überwiegend durch "Wirbel" realisiert, indem der Fisch die Bewegung des Wirbels aufnimmt. Beispielsweise transportieren die Fische das Wasser vom Kopf zum Schwanz und damit entsteht eine eigenständige Bewegung: Dieses Vorgehen begünstigt die "Fischschulen", das koordinierte Zusammenschwimmen, bei dem die Fische über die Synchronisation ihrer Bewegung ihren Energiebedarf reduzieren.

Deshalb sind solche Formationen die Regel und nicht die Ausnahme. Andererseits können die Forellen die Energie aus der Umgebung aufnehmen: bis zu 40% Prozent beträgt die Einsparung und damit der Gewinn. Folglich kann die Forelle Strudel benutzen, um im Wasser herumzutollen.

Die isolierte vordere Muskelaktivität demonstriert, dass die Bewegung bei reduziertem Fluss nicht der einzige Mechanismus ist. Vielmehr kann die Forelle relativ wenige Muskeln einsetzen, um die Körperorientierung zu behalten. Insgesamt nutzen die Fische die umgebenden Wirbel aus und korrigieren selbsttätig: bummeln etwa statt gezielter Vorwärtsbewegung. Aus dieser Sicht bekommt das Schwimmen einen völlig neuen Aspekt. Die konsumierende Vorwärtsbewegung ist in Wahrheit selten. Dafür überwiegt das Bummeln, weil es ökonomisch ist. Geht man davon aus, dass diese Vorgänge bewusst geregelt werden, besteht für die Forelle ebenso wie für andere Fische eine erhebliche Bandbreite an Reaktionen.

Diese Erkenntnisse ermöglichen nicht nur die Entwicklung effektiverer Fischtreppen; auch die Entwicklung von Unterwasserfahrzeugen kann neu überdacht werden. Seit 100 Jahren berechnen Planer die Entwürfe für Diesel- und Elektromotoren bis hin zu den platzgreifenden nuklearen Brennern. Das bedeutete bisher Größenzunahme, nicht aber Änderung des Musters. Nur wenig Vorschläge sind bisher dem Beispiel der Fische gefolgt. Kleine Antriebsaggregate mit einem oder zwei Führern gelten als Ausnahmen. So wie bei den Fischen ist es an der Zeit, neue Gesichtspunkte zu erörtern: etwa Unterseeboote, die sich den Wasserfluss anpassen und einen Teil ihrer Kraft aus der Umgebung gewinnen.