Gesünder essen, besser leben: Deutsche Verbraucher ändern ihre Ernährung

Nudeln in Deutschland-Farben

Deutsche essen weniger Fleisch. Pflanzliche Alternativen gewinnen an Beliebtheit. Aber wird deswegen auch gesünder gegessen?

Seit 2015 befragt die Bundesregierung die Deutschen nach Ihren Ernährungsgewohnheiten und will dabei erfahren, was die Deutschen am liebsten essen, worauf sie beim Einkauf achten, was macht für sie ein "gutes Essen" aus und wie oft sie selbst kochen.

Und da zeigt sich inzwischen ein interessanter Trend. Der könnte letztlich das Ende der industriellen Massentierhaltung andeuten. Mit einem reduzierten Tierfutterbedarf könnte man sowohl den Import von Futtermitteln aus Lateinamerika reduzieren als auch in Deutschland Flächen für den Anbau pflanzlicher Lebensmittel freimachen.

Weniger tierische Lebensmittel

Deutlich wird im aktuellen Report, wie Fleisch und tierische Produkte an Bedeutung verlieren. 23 Prozent der Befragten geben noch an, täglich oder mehrmals täglich Fleisch oder Wurst zu essen. Im Jahre 2015, als die Befragungen starteten, lag dieser Wert noch bei 34 Prozent.

Dagegen will jeder Zehnte täglich zu vegetarischen oder veganen Alternativen, etwa Fleischersatzprodukten greifen. Das ist ein doppelt so hoher Anteil wie vier Jahre zuvor, als dies zum ersten Mal abgefragt wurde.

Auch wenn die deutschen Bauernverbände es bedauern mögen, wäre ein Schwenk weg von der industriellen Tierhaltung und -verarbeitung zu verstärkt pflanzlicher Ernährung aus gesundheitspolitischer Sicht begrüßenswert. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass es gesünder sein muss, Fleisch durch hoch verarbeitete industrielle Fleischersatzprodukte zu ersetzen.

Eine konsequente Umstellung der Ernährung auf mehr Gemüse als Fleisch böte zumindest einen gesundheitlichen Fortschritt, der langfristig auch das Gesundheitswesen entlasten könnte, das unter hohen Kosten und zu wenig Personal leidet.

Aktuelle Forsa-Befragung zu den deutschen Ernährungsgewohnheiten

Im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wurde auch für 2024 wieder ein Ernährungsreport erstellt. Dies geschah auf Basis einer repräsentativen Befragung des Meinungsforschungsinstituts Forsa unter rund 1.000 Bundesbürgerinnen und -bürgern ab 14 Jahren zu ihren Ess- und Einkaufsgewohnheiten.

Essen sei Genuss und Lebensfreude. Es stifte Identität und Heimat, bemerkt der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir im Vorwort zum aktuellen Ernährungsreport mit dem Titel "Deutschland, wie es isst".

Der neue Bericht zeigt sehr deutlich, dass sich die Deutschen von tierischen Produkten abwenden.

Und das zeigt sich auch im Angebot des Lebensmittelezielhandels. Rewe beispielsweise verweist auf ein Sortiment mit 1.400 veganen Produkten. Lidl hat für vegane Produkte eine eigene Marke namens Vemondo eingeführt. Die heute zum Zuckerkonzern Pfeifer & Langen zählende Rügenwalder Mühle bietet viele ehemals aus Fleisch produzierten Wurstprodukte nur noch in veganer Version an.

Welche gesundheitlichen Auswirkungen der Trend zu industriell hergestellten Fleischersatzprodukten mit zahlreichen fertigungstechnisch bedingten Zusatzstoffen hat, ist bislang noch nicht untersucht und könnte die aktuelle Euphorie noch dämpfen.

Kochen oder Aufwärmen

In welchem Umfang die Beantwortung einer repräsentativen Umfrage und das sind üblicherweise mehr als 1.000 Befragte von sozial erwarteten Antworten geprägt ist und daher nur bedingt die Realität widerspiegelt, lässt sich zumindest im Ansatz anhand des vorliegenden Ergebnisses abschätzen.

Und die zeigen sich ganz anders, als es ein nicht repräsentativer Blick in die Einkaufswägen der Republik erkennen lässt. Nur das Beste wollen die Interviewten. Wenn 99 Prozent der Befragten primär darauf achten wollen, dass es schmeckt, und 91 Prozent es gesund haben wollen, treffen diese Aussagen die Realität eher schlecht.

Das zeigt sich auch an der Forderung, dass sich Essen einfach und schnell zubereiten lassen soll, wie 56 Prozent aller Befragten bemerkten. Der Zuwachs von vier Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr zeigt die wachsende Beliebtheit von industriell produzierten Convenience-Produkten, bei welchen sich das Kochen auf das Erwärmen reduziert.

Der Ernährungsreport zeigt dies auch dezidiert:

Bezüglich Dauer und Aufwand beim Kochen zeigen sich bei den Geschlechtern Unterschiede: Frauen wollen eher, dass das Essen schnell und einfach zuzubereiten ist (65 Prozent), während Männer dem zu 48 Prozent zustimmen. Für die Jüngeren zwischen 14 und 29 Jahren spielt dies mit 65 Prozent häufiger eine (sehr) wichtige Rolle als für die 30- bis 44-Jährigen (59 Prozent), die 45- bis 59-Jährigen (57 Prozent) oder für die Befragten ab 60 Jahren (50 Prozent).

Der Trend zu industriellen Convenience-Produkten zeigt sich übrigens auch in der Gastronomie, wo die große Mehrheit heute nur noch industriell vorgefertigte Produkte aufwärmt und es immer weniger Unterschiede zwischen einzelnen Restaurants gibt.

Dass dies den Gästen wohl auf die Dauer auch auffällt, könnte die zurückgehende Beliebtheit von Restaurantbesuchen ebenso verursachen, wie die schlechtere Bedienung. Dies könnte in der Realität sogar eine stärkere Wirkung haben als die Rückführung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent, welche gerne als Steuererhöhung bezeichnet wird.

Die Ernährungsumstellung ist ein Prozess im Rahmen der Globalisierung

Deutschland zählt zu den Ländern, deren Bevölkerung einen vergleichsweise geringen Anteil ihres verfügbaren Einkommens für Ernährung ausgibt. Er beträgt im Durchschnitt nur zehn Prozent, wobei die Ärmeren prozentual eher mehr Geld für Lebensmittel ausgeben müssen.

Die qualitative Verbesserung des Lebensmittelangebots wird übrigens eher als Aufgabe des Staates gesehen als die eigene Nachfrage.

Themen wie eine synthetische Fleischerzeugung, den Einsatz von Insekten nicht nur zum Bestäuben auf dem Acker, sondern auch zum Einsatz als Lebensmittel, wie dies in Ländern Südostasiens üblich ist, wurden gar nicht erst abgefragt. Somit besteht bei der Ernährung in Deutschland noch genügend Verbesserungspotenzial.