Gewalt in Rio de Janeiro hat unter Armeekontrolle zugenommen

Favela Rocinha. Bild: chensiyuan/CC BY-2.0

Neue Studie weist nach: Mehr Massaker und Strafaktionen seit Beginn des Militäreinsatzes seit Februar

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In der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro ist die Zahl von Mehrfachmorden nach einer neuen Studie in den fünf Monaten seit der Übernahme der öffentlichen Sicherheit durch die Armee um 80 Prozent angestiegen. Zugleich weist die Untersuchung darauf hin, dass die Zahl der beschlagnahmten illegalen Waffen erheblich abgenommen hat.

Die Gesamtzahl der Toten bei den registrierten Massakern mit jeweils mindestens drei Opfern ist seit dem 16. Februar demnach sogar um 128 Prozent gestiegen. Damals hatte Brasiliens De-facto-Präsident Michel Temer die Übernahme der öffentlichen Sicherheit in Rio de Janeiro durch die Armee angeordnet. Damit beabsichtigte Temer, eine Welle der Gewalt einzudämmen, die Rio seit den Olympischen Spielen im Jahr 2016 erfasst hat.

Die neuen Zahlen sind von einer unabhängigen Expertengruppe am Zentrum für Sicherheitsstudien an der Universität Cándido Mendes erarbeitet und diese Woche vorgestellt worden. Nach der Studie haben Schusswechsel im öffentlichen Raum im Untersuchungszeitraum um 37 Prozent zugenommen. Die Statistiken wurden jeweils mit den fünf Vormonaten verglichen.

Seit der Übernahme von Polizei- und Sicherheitsaufgaben durch rund 5.000 Soldaten habe die staatliche Gewalt in Rio vor allem gegen Favelas, die Armensiedlungen, zugenommen, beklagt Silvia Ramos von der Forschergruppe. "Das Ergebnis sind Angst, Tote und nur wenige positive Effekte", so Ramos.

Die Autoren weisen auch darauf hin, dass die Beschlagnahmung von Schnellfeuerwaffen zwischen Februar und Mai dieses Jahren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 39 Prozent abgenommen hat. Ein Grund dafür sei, dass die Verantwortlichen für die Militärintervention in der Metropole "viel für Militäroperationen ausgeben, aber wenig in Aufklärungsarbeit investieren", kritisiert Ramos.

Die Experten berichten in ihrer Studie zugleich über eine erhebliche Zunahme von staatlicher Gewalt, vor allem im Zuge von Vergeltungsmaßnahmen nach Angriffen auf Sicherheitskräfte. Seit Beginn des Jahres sind in Rio mehr als 60 Polizisten ermordet worden. In vielen Fällen reagierten die Armee und die ihr unterstellte Polizei mit Strafaktionen in den Armenvierteln.

Im vergangenen Jahr sind alleine in Rio de Janeiro 6.731 Menschen Gewaltdelikten zum Opfer gefallen. Die Kontrolle der öffentlichen Sicherheit durch die Armee soll voraussichtlich bis zum 31. Dezember dieses Jahres andauern.

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