Griechenland: Die nächste Runde Austerität

Seite 2: Sozialleistungen: Kürzungen beim "Europameister in Arbeitslosigkeit"

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Anders als noch vor Wochen von Tsipras feierlich mit den Worten "kein Euro neue Sparmaßnahmen" beschworen, muss er für knapp 3,9 Milliarden Euro Einsparungen, Kürzungen und Einnahmeerhöhungen sorgen. Dieses Mal werden auch die Bezieher niedriger Renten in höherem Maß als sonst von den Kürzungen betroffen sein.

Obwohl Griechenland maßgeblich wegen der Sparmaßnahmen und dem parallel dazu aufgeweichtem Arbeitsrecht Europameister hinsichtlich der Arbeitslosigkeit ist, soll dieses weiter abgebaut werden. Griechenland hat eine offizielle Arbeitslosenquote von 23,5 Prozent, die nach Angaben des Institutes für Arbeit bei real mehr als 30,5 Prozent liegt. Im europäischen Vergleich folgen Spanien mit 18,2 Prozent, Zypern mit 12,5 Prozent und Italien mit 11,7 Prozent. Dagegen vermelden Tschechien mit 3,2 Prozent, Deutschland mit 3,9 Prozent und Malta mit 4,1 Prozent erheblich niedrigere Werte. 40,8 Prozent der gemeldeten Arbeitslosen in Griechenland sind jünger als 25 Jahre.

Als eine der am schnellsten wirksamen Maßnahmen wird nun von 2018 bereits das ohnehin nur rudimentär vorhandene Arbeitslosengeld, zusammen mit der Zulage für kinderreiche Familien, dem Hilfsfonds für absolut Mittellose und der Kasse für Katastrophenhilfe um 447 Millionen Euro jährlich gekappt. Parallel dazu werden die Bezieher der Heizkostenhilfe, die selbst nur dadurch entstand, dass Heizöl gleich wie Diesel besteuert wird, noch einmal Einschränkungen hinnehmen müssen.

Es handelt sich ohnehin um einen Personenkreis, dessen Einkommen unter der Armutsgrenze liegt. 58 Millionen Euro sollen hier eingespart werden. 121 Millionen Euro versprechen sich die Kreditgeber dadurch, dass die Einkommenssteuerminderung für Gesundheitsausgaben ab 2018 wegfällt.

Sollte Griechenland 2018 oder 2017 die Sparziele verfehlen, tritt die Senkung des Steuerfreibetrags von 8.636 Euro für Ledige auf 5.681 Euro statt 2020 bereits früher in Kraft. Für jeden mehr verdienten Euro sind dann 22 Prozent Steuern fällig. Insgesamt bedeuten die Reformen im Steuersystem, dass zum Beispiel ein Rentner, der bislang 720 Euro monatlich brutto erhielt, pro Jahr mehr als 600 Euro Steuern zusätzlich entrichten muss.

"Modernisierung der Wirtschaft"

Im Einzelhandel zählen nunmehr 30 Sonntage pro Jahr zu den Arbeitstagen. Das Wirtschaftsministerium bezeichnete die Maßnahme als "Modernisierung der Wirtschaft". Das Tarifrecht wird über 2018 hinaus weiterhin außer Kraft gesetzt. Massenentlassungen werden erleichtert, das bisherige Vetorecht des Arbeitsministeriums gegen Massenentlassungen wird ersatzlos gestrichen.

Darüber hinaus wurde eine Intensivierung der Privatisierungen beschlossen. Tsipras hält dagegen, dass auch ein Zusatzpaket von erleichternden Maßnahmen beschlossen wurde. Allerdings tritt dieses nur in Kraft, wenn Griechenland ein Primärplus von mindestens 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erzielt. Das Haushaltsziel liegt für die nächsten Jahre bei 3,5 Prozent des BIPs.

Zu den Maßnahmen gehört ein Mietkostenzuschuss für Mittellose von maximal 1000 Euro pro Jahr. Es wird auch ein rudimentäres Kindergeld in Aussicht gestellt. In Schulen soll es, wenn das Haushaltsziel in entsprechender Weise übertroffen wird, Schulspeisungen geben. Kinderkrippen sollen eingerichtet werden.

Was Tsipras gern verschweigt, ist, dass den Maßnahmen für Arme auch erleichternde Maßnahmen in mindestens gleicher Höhe für Reiche entgegenstehen. Die Unternehmenssteuersätze sollen von 29 auf 26 Prozent sinken. Solidaritätszuschläge für Spitzenvertreter sollen wegfallen.

Das den Sparbeschlüssen entsprechende Gesetzespaket muss nun innerhalb der nächsten zwei Wochen vom griechischen Parlament verabschiedet werden. Danach entscheidet die Eurogruppe darüber, ob die seit mehr als einem Jahr überfällige Tranche des dritten Kreditpakets frei gegeben wird. Innenpolitisch wird das gesamte Paket von Tsipras bei einer Kabinettssitzung und einer anschließenden Fraktionssitzung am Donnerstag thematisiert.