Griechische Finanzkrise: Drohen erneut Zustände wie 2015?
Eine Einigung der Griechen mit den Kreditgebern ist nicht in Sicht. Möglich, dass bald der Strom ausfällt
Die Finanzkrise in Griechenland spitzt sich weiter zu. Daher überschlagen sich auch die Nachrichten im Land selbst. Trotz der Kapitalverkehrskontrollen verloren die griechischen Banken allein in den ersten Monaten von 2017 vier Milliarden Euro. Am Mittwoch musste die Europäische Zentralbank den griechischen Banken eine Erhöhung der Liquiditätshilfe um 400 Millionen Euro gewähren. Diese stehen mit nunmehr 43,5 Milliarden Euro bei der EZB in der Kreide.
Drohender Blackout der elektrischen Versorgung
Das griechische Stromunternehmen DEI-PPC steht vor dem Kollaps. Nichts macht die Misere der Privatwirtschaft mit den ewigen Verzögerungen des Rettungsprogramms so deutlich, wie der vor dem Bankrott im Juni drohende Blackout der elektrischen Versorgung. Noch sind die Gehälter des Unternehmens für den laufenden Monat sicher, jedoch können zahlreiche Griechen - Unternehmer wie Privatleute - wegen des Zahlungsstopps des Staats und wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit ihre Rechnungen nicht mehr zahlen.
Daher schuldet die PPC ihrerseits dem Netzbetreiber ADMIE bereits hunderte Millionen. Ebenso bleiben die Erzeuger erneuerbarer Energie seit mehr als einem halben Jahr ohne Geld von der PPC und können ihrerseits ihre Bankkredite nicht mehr bedienen.
IWF: Erst in zwanzig Jahren wieder das Niveau vor der Krise
Poul Thompsen vom Internationalen Währungsfonds macht den Griechen keine Hoffnung. Erst in zwanzig Jahren würde das Bruttoinlandsprodukt des Landes wieder auf dem Niveau der Zeit vor der Krise sein, meint er. Zudem wirft Thompsen, der die griechischen Rettungsprogramme an hauptverantwortlicher Position selbst maßgeblich gestaltete, den griechischen Politikern vor, sie hätten Steuern erhöht und Löhne gekürzt, statt Reformen durchzuführen. Gleichzeitig beklagt er ein früher zu hohes Rentenniveau.
Eine Einigung der Griechen mit den Kreditgebern ist nicht in Sicht. Der immer wieder verzögerte Abschluss der zweiten Inspektion des dritten Rettungsprogramms wird auch im April nicht erfolgen, wie der Chef der Eurogruppe Jeroen Dijsselbloem durchblicken ließ. Als Konfliktpunkte gelten die erneut verlangten Rentenkürzungen, die weitere Aufweichung des Arbeitsrechts, aber auch die zum wiederholten Mal verlangte Kürzung des Steuerfreibetrags.
Es ist anzumerken, dass die jüngste Kürzung sich noch nicht in den Steuereinnahmen manifestiert hat, weil sie erst mit der Abgabe der Steuererklärungen der Griechen für 2016 vollständig zum Tragen kommt.
Die griechische Regierung und die Opposition sind sich in einem einig. Sie bezeichnen die verlangten Maßnahmen als kontraproduktiv und unsinnig. Bislang setzte Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis auf eine populistisch motivierte Blockadepolitik. Er verlangte stets Neuwahlen und betonte, dass er keineswegs neue, von den Kreditgebern geforderte Maßnahmen unterschreiben werde.
IWF verlangt Zusicherung von Opposition für neue Sparmaßnahmen
Der französische Finanzminister Michel Sapin ließ jedoch am Dienstag gegenüber der Presse durchsickern, dass der Internationale Währungsfonds für eine Einigung mit Griechenland die Zustimmung der Opposition zu den Maßnahmen verlangt habe. Sapin, der in der Eurogruppe zu Griechenlands Verbündeten zählt, fiel bislang nicht durch unüberlegte Äußerungen auf.
Dennoch wurde er rasch, innerhalb von kaum einer Stunde vom IWF dementiert. Doch nur zwei Tage später meldete sich der Währungsfonds mit einem Dementi des Dementis zurück. Der IWF möchte eine Zusicherung der Oppositionsparteien für die nun verlangten neuen Sparmaßnahmen haben.
Mitsotakis lässt all dies kalt. Er verkündete, dass seine Partei weder dem Drängen der Regierung auf die Schaffung einer einheitlichen Front noch dem Verlangen des IWF nach einer verbindlichen Erklärung folgen werde. Premierminister Alexis Tsipras liebäugelte dagegen damit, die Unterschrift unter eine feierliche Schlusserklärung des EU Gipfels in Rom zum Jubiläum der Römischen Verträge zu verweigern, wenn die Staatschefs Griechenland nicht beistehen würden.
Nachdem die entsprechenden Reaktionen von Seiten der EU eindeutig waren und Tsipras die Sinnlosigkeit eines solchen Unterfangens aufzeigten, entschloss sich der griechische Regierungschef zu einem anderen Schritt.
Tsipras will politische Stellungnahme der EU gegen Forderung des IWF
In einem offenen Brief an EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker und an den Präsidenten des Europäischen Rats, Donald Tusk, bittet er um eine EU-einheitliche Haltung zum Arbeits- und Gewerkschaftsrecht, vor allem hinsichtlich der Tarifverhandlungen. Damit möchte der griechische Regierungschef eine politische Stellungnahme der EU gegen eine der drängendsten Forderungen des IWF haben.
Gleichzeitig besteht wie 2015 eine Art Zahlungsstopp für Schulden der öffentlichen Hand gegenüber Privatpersonen. Die Regierung bereitet sich offenbar auf eine länger andauernde Konfrontation mit den Kreditgebern vor. 2015 führte eine ähnliche Verhandlungstaktik schließlich zur Kapitulation Tsipras und zu den bis heute geltenden Kapitalverkehrskontrollen.