Großbritannien baut neue Atomsprengköpfe

Seite 2: Einseitige Abrüstung - teilweise

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Der Report richtet sich gegen eine Überprüfung der Labour-Verteidigungspolitik, die Corbyn bei der designierten Verteidigungsministerin seines Schattenkabinetts, Emily Thornberry, in Auftrag gegeben hat. Emily Thornberry ist als Trident-Kritikerin bekannt und soll ihren Bericht nach dem EU-Referendum im Juni vorlegen.

Es sei "bizarr", argumentieren die Trident-Befürworter, die Atomwaffen ausgerechnet jetzt abzuschaffen, wo das internationale Klima durch die russische Aggression rauer geworden sei. Außerdem seien Warnungen vor neuen Unterwasserdrohnen oder Cyber-Waffen "ziemlich übertrieben".

Corbyn ist seinen Kritikern schon insofern entgegengekommen, als dass er im Januar in der BBC vorgeschlagen hat, die U-Boote zu bauen, um Arbeitsplätze zu erhalten - aber diese nicht mit Atomsprengköpfe auszustatten. Emily Thornberry nannte das die "Japanische Option": Man hat atomwaffenfähige U-Boote und Atomsprengköpfe, aber keine aktuell einsatzfähigen Waffensysteme. Corbyn sprach von "unilateraler Abrüstung durch die Hintertür".

Das Atomic Weapons Establishment in Aldermaston. Bild: Ivaneol/CC-BY-3.0

Bevölkerung gespalten

Doch die derzeitige Regierung des konservativen Premierministers David Cameron hält an der Modernisierung fest. Um extreme Bedrohungen abzuschrecken und vitale Interessen zu schützen, brauche es eine minimale seegestützte Abschreckung, so die Argumentation. Eine deutliche Mehrheit hat sie aber nicht. In einer Umfrage sprachen sich im Januar 2016 denkbar knappe 51 Prozent für die vollständige Modernisierung der bestehenden Systeme aus, 20 Prozent waren für deren Abschaffung. Immerhin 29 Prozent unterstützten Corbyns Kompromiss-Abrüstungsvorschlag.

Die Umfrage zeigte auch deutlich, wo die Prioritäten der Wähler liegen. Konservative sind eindeutig (77 Prozent), Liberaldemokraten knapp (53 Prozent) für die Atomwaffen, bei Labour sind es dagegen nur 38 Prozent. Deren Wähler sind zu ebenfalls 38 Prozent für U-Boote ohne Atomwaffen, 24 Prozent gegen alle Waffensysteme. Mehrheitsfähig sind bei Labour also allenfalls U-Boote, nicht aber Atomraketen. Ebenfalls auffällig: Die Wähler der schottischen SNP sind zu 79 Prozent gegen die vollständige Modernisierung, 60 Prozent sind sogar generell gegen Trident.

Juni - der Monat der Blockaden

In Schottland gibt es eine starke Stimmung gegen die britischen Atomwaffen: Die SNP, die in Regionalwahlen regelmäßig um die 50 Prozent der Stimmen bekommt und gesellschaftspolitisch linksliberal ist, vertritt ähnliche Positionen wie Jeremy Corbyn: gegen den EU-Austritt und gegen Atomwaffen.

Fast wäre es der SNP schon gelungen, dem britischen Atomwaffenprogramm einen empfindlichen Schlag zu versetzen: Hätte sie das schottische Unabhängigkeitsreferendum für sich entschieden, hätte die Regierung in London unter anderem das Problem gehabt, sich nach Alternativen zur schottischen Faslane-Marinebasis westlich von Glasgow umsehen zu müssen. Dort liegen die meisten Atom-U-Boote. London hätte vielleicht einen neue Basis bauen müssen. Das aber hätte die Atomwaffen noch teurer gemacht.

Die Debatte um die britische Atombewaffnung kommt der britischen Friedensbewegung gerade Recht. Sie hat den Monat Juni ohnehin zu einem Protestmonat erklärt. "Die Regierung will die nuklearen Waffensysteme ersetzen und modernisieren und sie wird es tun, wenn die Öffentlichkeit nicht genug Widerstand leistet, um sie zu stoppen", heißt es im Aufruf der Atomwaffengegner. Milliarden Pfund für die Modernisierung auszugeben, sei unsinnig: "Das zu einer Zeit, in der die Regierung sagt, es sei kein Geld da, und Milliarden bei der Gesundheitsversorgung, bei der Bildung, Wohlfahrt und öffentlichen Dienstleistungen spart."

Gute alte britische Tradition

Um ihren Protest sichtbar zu machen, setzt die Friedensbewegung insbesondere auf die Blockade der Atomic Weapons Establishment (AWE). Am 6. Juni demonstrierte daher eine Gruppe vor den Eingangstoren der Atomfabrik.

Solche Proteste haben Tradition in Großbritannien: Die Campaign for Nuclear Disarmament wurde 1957 gegründet, nachdem Großbritannien dritte Atommacht geworden war. Damals entstand das heute weltweit bekannte, kreisrunde Friedens-Zeichen. Der Designer Gerald Holtom entwickelte es 1958 für den ersten Friedensmarsch zur britischen Atomwaffenfabrik AWE. Abgeleitet aus den Buchstaben N und D im Winkeralphabet, steht das Symbol für "nuclear disarmament", also nukleare Abrüstung.

Auf ihrer Seite haben die Atomwaffengegner heute auch den schottischen Komiker Frankie Boyle. Der witzelte kürzlich in einer Kolumne, Trident sei ein Symbol für die Ära des Spätkapitalismus: Das meiste, was man kauft, ist unsinnig bis aberwitzig, kostet dafür aber Milliarden. Ein Großbritannien auf Sparkurs dazu zu bringen, Milliarden für Trident auszugeben, sei so, also überzeuge man einen Tramp, dass er eine Panzerfaust braucht.