Hält das Atomabkommen mit Iran?
Seite 2: Die Befürworter und Gegner des Abkommens in der US-Regierung
- Hält das Atomabkommen mit Iran?
- Die Befürworter und Gegner des Abkommens in der US-Regierung
- US-Strategie der "radikalen Umsetzung"
- Auf einer Seite lesen
In der Juli-Sitzung zeigten sich vor allem Steve Bannon, der damalige Chefstratege des Weißen Hauses, und Sebastian Gorka, stellvertretender Assistent des Präsidenten, besonders entschieden und forderten Tillerson mehrmalig auf, die Vorteile einer Zertifizierung für die Nationale Sicherheit der USA zu erklären. Die Antworten bzw. Nicht-Antworten des Außenministers hätten demnach Trump erzürnt. Neben dem Außenministerium ist aber auch der Nationale Sicherheitsrat verantwortlich dafür, über die Politikgestaltung zu wachen sowie verschiedene Optionen für den Präsidenten vorzubereiten.
Bei der Überprüfungsrunde im April hatte Trump zwar noch sein Einverständnis erklärt, paarte dies jedoch mit der Auferlegung neuer Sanktionen gegen Iran wegen dessen Aktivitäten im nicht-nuklearen Bereich, v.a. wegen des Raketenprogramms, der Schnellboote im Persischen Golf und der Unterstützung des "Terrorismus".
Berichte aus jenen Überprüfungsrunden sowie öffentliche Statements erlauben, verschiedene Lager in der Iran-Frage zu identifizieren. Grob können diese in Befürworter und Gegner des Iran-Deals unterteilt werden.
Auf der einen Seite gelten neben Außenminister Tillerson der Verteidigungsminister James Mattis, der Nationale Sicherheitsberater General H.R. McMaster sowie der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs General Joseph Dunford als Unterstützer des Deals. Ende Juli wurde berichtet, dass McMaster Derek Harvey, den Leiter für Nah-/Mittelost-Angelegenheiten im Nationalen Sicherheitsrat, der Irans regionale Rolle besonders negativ sah, von seinem Posten enthob.
Auf der anderen Seite steht neben Präsident Trump auch CIA-Direktor Mike Pompeo dem Deal ablehnend gegenüber. So sprach sich der frühere Kongress-Abgeordnete gegen die Bestätigung des Atomdeals aus. Laut regierungsnahen Kreisen schlug Pompeo vor, dass der Kongress sich des Deals annehme, um früher oder später das Abkommen zu Fall zu bringen. Trumps scharfe Iran-Rhetorik hingegen soll innen- und außenpolitische Skeptiker des Deals (v.a. Saudi-Arabien, aber auch Israel) beschwichtigen.
Wenn es nach ihm persönlich ginge, wäre der Deal längst zusammengebrochen. Ende Juli erklärte Trump gegenüber dem Wall Street Journal: "If it was up to me, I would have had them [the Iranians, Anm.d.Verf.] non-compliant 180 days ago." Zudem befürwortet dieses Lager neue Sanktionen aufgrund von iranischen Aktivitäten im nicht-nuklearen Bereich.
Zwar versuche Tillerson, laut einem ranghohen Beamten des Außenministeriums, "ein Gegengewicht zu den Hardlinern zu sein, um den Atomdeal zu retten", doch bleibt offen, wie lange er dies durchhalten kann .
In jüngster Zeit hat wieder das Gerede von einer US-Politik des Regime Change gegenüber Iran Konjunktur erfahren. Die Indizien allerdings sind nicht so eindeutig, wie manche Analysten leichtfertig behaupten. Tillerson sagte zwar in der oben genannten Anhörung: "Die US-Politik ist darauf ausgelegt, unter Bezug auf Elemente innerhalb Irans einen friedlichen Übergang der Regierung zu bewirken."
Regime Change vor der Tür?
Dies führte zu wilden Spekulationen, dass die Bush/Cheney-Ära mit der damaligen Bereitstellung von Hunderten von Millionen US-Dollar für "Regime Change"-Zwecke vor der Tür stünde. Trotz beunruhigender Tendenzen unterscheidet sich jedoch die gegenwärtige Lage von jener vor 15 Jahren: Weder wurde eine "Regime Change"-Politik samt der direkten militärischen Drohungen und der Bereitstellung der genannten Gelder konkret in Angriff genommen, noch ist Irans mittlerweile stark gewachsener Einfluss in der Region vergleichbar.
Zwar häufen sich Rufe nach einem Regime Change aus sicherlich einflussreichen Kreisen (wie zum Beispiel durch den Iran-Experten des Council on Foreign Relations, Ray Takeyh). Diese sind dennoch nicht unbedingt dominant. Der Ausgang der Iran-Politik-Debatte bleibt darum schwer vorhersehbar.
Das verfrühte Gerede vom Regime Change ist in jedem Fall eine Zumutung für die iranische Zivilgesellschaft. Deren Räume werden hierdurch wieder enger geschnürt, wenn das Regime etwa mit Verweis auf alarmistische westliche Berichterstattungen, die im Kern durch wirtschaftliche Interessen getrieben sind, eine angebliche äußere Gefahr zur Forcierung der Repression nach innen ausnutzt.2
Wegen seiner Unzufriedenheit mit Tillerson bildete Trump nach der Juli-Überprüfungsrunde ein Team von Vertrauten im Weißen Haus, um das Außenministerium in der Iran-Frage zu umschiffen und um ihn bei der nächsten 90-Tage-Überprüfung im Oktober mit der Möglichkeit zu versehen, Iran als vertragsbrüchig zu bezichtigen. Im Folgenden sollen einige neuralgische Punkte des Atomdeals aufgezählt werden.