Haftbefehl gegen Ex-Präsident von Ecuador
Linksgerichteter Politiker beklagt politische Verfolgung. Wie verhält sich Interpol?
Aufregung um Ecuadors ehemaligen Präsidenten Rafael Correa: Eine Richterin am Obersten Gericht hat am Dienstag Haftbefehl gegen den Politiker erlassen. In dem Verfahren geht es um den Vorwurf, der 55-Jährige sei 2012 - damals schon als Staatschef - in die versuchte Entführung eines politischen Widersachers verstrickt gewesen. Der damalige Abgeordnete und Politiker der konservativen Partei Sociedad Patriótica, Fernando Balda, war dabei in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá von drei Landsleuten angegriffen worden, die ihn in ein Auto zu ziehen versuchten. Er hatte sich nach einer Verurteilung in das Nachbarland abgesetzt. Die kolumbianische Polizei verhinderte den Entführungsversuch. Später wurde Balda nach Ecuador ausgeliefert und verbüßte einen Teil seiner zweijährigen Haftstrafe wegen eines politischen Deliktes.
Der Kritiker von Rafael Correa macht den ehemaligen Präsidenten für die Entführung verantwortlich. Der damalige Präsident, so behaupten Balda und seine Anwälte, habe dem damaligen Geheimdienst Senain den Auftrag zu der Tat gegeben. Die Belege dafür sind allerdings wenig überzeugend und selbst der für Geheimdienste zuständige Minister Jorge Costa Palacios stellte im Zuge der Ermittlungen Mitte Mai in Abrede, dass die drei Möchtegern-Kidnapper für den inzwischen aufgelösten Senain tätig waren oder gar Geld erhalten hätten, wie dies die Anklage behauptet.
Dass gegen Correa nun dennoch Haftbefehl erlassen wurde, begründet die zuständige Richterin Daniell Camacho mit einer Formalität, wie das deutsche Lateinamerika-Portal amerika21 berichtet: Sie hatte am 18. Juni verfügt, dass sich der frühere Staatschef ab dem 2. Juli alle 15 Tage in Quito bei Gericht zu melden hat. Bei Nichterscheinen müsse er mit der Verhaftung rechnen. Correa, der alle gegen ihn erhobenen Beschuldigungen zurückweist, hatte erklärt, dies sei ihm nicht möglich, da er mit seiner Familie in Belgien lebt. Er war deshalb am Montag im ecuadorianischen Konsulat in Brüssel erschienen und bat darum, dies schriftlich und mit Stempel sowie Unterschrift zu dokumentieren. Später veröffentlichte er den Beleg mit der Unterschrift von Vizekonsul Bernardo Burgos González auf Twitter. Zuvor bereits hatte er im Ermittlungsverfahren per Videokonferenz eine Aussage gemacht.
Der Fall Correa ist auch spannend, weil er in Lateinamerika als Teil einer politischen Justizkampagne gegen linke Politiker gesehen wird. Dieses als "Lawfare" kritisierte Vorgehen - der Begriff setzt sich aus dem englischen Wörter für Gesetz (law) und Kriegsführung (warfare) zusammen - betrifft auch den ehemaligen brasilianischen Staatschef und führenden Kandidaten für die bevorstehende Präsidentschaftswahl, Luiz Inácio Lula da Silva, die ehemalige argentinische Präsidentin Cristina Kirchner und andere Politiker progressiver Regierungen, die sich mit konstruierten Anklagen oder gar Urteilen konfrontiert sehen.
Vor diesem Hintergrund wird die Reaktion der internationalen Polizeibehörde Interpol spannend sein, die nach dem Willen der ecuadorianischen Justiz die Fahndung nach Correa unterstützen soll. Nach entsprechenden Gesuchen der Erdogan-Führung in der Türkei war die Unterstützung Interpols für entsprechende politisch motivierte Fahndungen heftig kritisiert worden.