Halbzeit-Bilanz: Kann die Ampel Energiewende?
Nur in einem Bereich sind die Halbzeitziele erreicht. Außer bei der Fotovoltaik gibt es überall Defizite. Woran es beim Ausbau der Windkraft am Land hakt.
Fast genau Jahre ist es nun her, dass Olaf Scholz am 8. Dezember 2021 als Bundeskanzler vereidigt wurde und die Ampel-Regierung ihre Arbeit aufgenommen hat. In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP versprochen "neues Tempo in die Energiewende" zu bringen.
Sie wollte "den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu einem zentralen Projekt ihrer Regierungsarbeit machen", ihn "drastisch" beschleunigen sowie "alle Hürden und Hemmnisse aus dem Weg" räumen.
Ihre energiepolitischen Ziele nennt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) "ambitioniert", zieht aber zur Halbzeit eine gemischte Bilanz: "In einzelnen Bereichen sind gute Fortschritte erzielt worden, in anderen klaffen große Lücken zwischen Ist- und Sollzustand."
Gute Dynamik im Photovoltaik-Bereich
Der "Ampel-Monitor Energiewende" des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt Fortschritte und Defizite bei wichtigen Technologien für die Transformation zur Klimaneutralität auf.
Während Deutschland in Bereich Photovoltaik auf einem guten Weg sei, liege der Ausbau der Windkraft an Land derzeit deutlich unter dem Zielpfad. Auch in Sachen Elektromobilität gehe es zu langsam voran.
Um die deutschen Klimaschutzverpflichtungen einzuhalten, muss das Tempo der Energiewende deutlich gesteigert werden, so das Fazit. Bei konsequentem Regierungshandeln seien die Ziele aber noch erreichbar – trotz der Reaktion auf den russischen Einmarsch in die Ukraine und der daraus resultierenden Erdgas- und Energiepreiskrise.
Bisher hat die Ampel aber nach DIW-Angaben nur im Bereich Photovoltaik ihr Halbzeitziel erreicht: Hier sind momentan rund 80 Gigawatt (GW) an Leistung installiert, das sind 20 GW (oder 33 Prozent) mehr als zu Beginn der Koalition. Zum Ende der Legislaturperiode soll die Leistung rund 105 GW betragen und sich dann bis zum Jahr 2030 noch einmal mehr als verdoppeln.
"Genehmigungsstau" für Windkraftanlagen
Weit weniger dynamisch verläuft der Ausbau der Windkraft an Land: Die Leistung aller Anlagen zu deren Nutzung beträgt derzeit rund 61 Gigawatt, das sind nur fünf GW bzw. neun Prozent mehr als vor zwei Jahren. Bis zum Ende der Legislaturperiode soll die Leistung auf knapp 76 GW wachsen. Bis 2030 ist geplant, die Leistung um noch einmal rund 50 Prozent auf 115 GW zu steigern.
Allerdings müssen sich immer wieder Gerichte mit Klagen wegen verschleppter Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen befassen. Besonders viele sind es laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Verfahren im Schnitt 33 Monate dauern. Aber auch anderswo hakt es demnach in diesem Bereich.
Zuletzt waren demnach mindestens rund 30 solcher Untätigkeitsklagen von Firmen aus der Branche gegen Behörden anhängig. Mecklenburg-Vorpommern stach mit 19 Fällen deutlich heraus. Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) sprach laut einem Bericht des NDR im Juli dieses Jahres von einem "Genehmigungsstau" für 1.000 neue Windräder.