Handelskrieg: Kampf um jeden Nanometer
Seite 2: Der amerikanische Protektionismus geht nach hinten los
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Die USA versuchen, die Entwicklung der chinesischen Halbleiterindustrie zu behindern. Die erhoffte Wirkung ist jedoch bislang ausgeblieben. Denn für viele Unternehmen ist die Belieferung Chinas prioritär – da China der weltweit größte Markt ist und ein Branchenumsatz von 29,6 Milliarden US-Dollar entfällt.
Laut Daten des Branchenverbands Semi stiegen die chinesischen Bestellungen für Geräte zur Chipherstellung von ausländischen Lieferanten im Jahr 2021 um 58 Prozent und machten China damit das zweite Jahr in Folge zum größten Markt für diese Produkte.
Außerdem hat die US-Politik indirekt zu einer Blüte der heimischen Chip-Industrie geführt. Das Ergebnis ist ein "beispielloses Aufblühen von chipbezogenen Unternehmen in China", schreibt die Financial Times.
Ende August meldeten die kanadischen Technologieanalysten von TechInsights, Chinas führender Chiphersteller SMIC habe wahrscheinlich die Fähigkeit erlangt, 7-Nanometer-Chips herzustellen. Zu diesem Schluss, der die Branche völlig überraschte, kamen sie, nachdem sie einen von SMIC hergestellten Musterchip, der aus einer Kryptowährungs-Mining-Maschine extrahiert wurde, auseinandergenommen hatten.
Auch wenn das noch lange nicht bedeutet, dass SMIC in der Lage ist, große Stückzahlen in gleichbleibend hoher Qualität zu produzieren, könnte es sich um einen bedeutenden Schritt in Richtung technologischer Unabhängigkeit für China handeln.
In den USA befürchtet man, ins Hintertreffen zu geraten und macht sich Sorgen um den eigenen technologischen Vorsprung. Der Senat billigte gerade den "America Competes Act", ein 52-Milliarden-Dollar-Programm, das die US-Halbleiterindustrie anzukurbeln soll.
Die Vorsitzende des Senatsausschusses, Maria Cantwell (Demokraten, Washington), verglich zu Beginn der Beratungen die Herausforderung durch die Fortschritte chinesischer Technologie mit dem Weltraumflug der Sowjets im Jahr 1957:
Ich glaube, dies ist ein Sputnik-Moment, wo den Amerikanern klar wird, dass wir bei der Innovation zurückfallen, und wir können es nicht riskieren, noch weiter zurückzufallen.
Maria Cantwell
Globale Verflechtung: Ist ein decoupling möglich?
Es bleibt auch, angesichts der weltweit verzahnten Wertschöpfungskette von der Wafer-Herstellung über das Chipdesign bis zur Herstellung der Anlagen und der Produktion selbst fraglich, inwieweit ein decoupling, also eine Rücknahme der globalen Verflechtung überhaupt möglich sein wird.
Aus chinesischer Sicht habe sich die Rollen dabei vertauscht: China pocht auf freien Welthandel und friedlichen Wettbewerb der Systeme während der Westen zunehmend populistisch, nationalistisch und protektionistisch agiere.
Cai Fang, Senior Fellow und Vizepräsident der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften (CASS), äußerte sich so dazu: "China sollte seine wirtschaftliche Größe und potenzielle Verbraucherstärke innerhalb der Weltwirtschaft nutzen und die Initiative ergreifen, um eine treibende Kraft einer neuen Runde der Globalisierung zu werden."
Dass eines der Schlüsselunternehmen der digitalen Weltökonomie ausgerechnet in Taiwan sitzt – aus festlandchinesischer Perspektive auf dem eigenen Territorium – entspannt die politisch-ökonomisch-militärische Lage in der Region nicht gerade.