Hatte der Krim-Attentäter Unterstützer?

Aufnahme einer Sicherheitskamera

Am Mittwoch vergangener Woche wurden von einem Amokläufer in einer Fachschule auf der Krim 21 Menschen getötet und über 50 verletzt. Experten vermuten, dass es Hintermänner gab

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Nach dem Amok-Lauf von Kertsch rätseln die russischen Medien immer noch darüber, was den 18jährigen Studenten Wladislaw Rosljakow zu seiner blutigen Tat veranlasste. Wurde er von seiner Mutter, die zu den Zeugen Jehovas gehört, schlecht beeinflusst? War er Opfer von Mobbing in der Schule oder war er gar - ohne es vielleicht wissen - im Auftrag des ukrainischen Geheimdienstes unterwegs?

Rosljakow war Student aus armen Verhältnissen. Er wohnte mit seiner Mutter in einem sehr einfachen Haus am Stadtrand von Kertsch und studierte im vierten Semester das Fach "Installation und Nutzung von elektronischer Ausrüstung".

Am vergangenen Mittwoch tötete der junge Mann mit einem Gewehr und einer Bombe in einer Fachschule in Kertsch auf der Krim 21 Schüler und Lehrer. Über 50 Menschen wurden verletzt. Fotos von der Zerstörung. Der Amok-Lauf hat die Russen erschüttert. Tausende nahmen an der Beerdigung der Opfer in Kertsch.

Putin: Auswirkung der Globalisierung

Präsident Wladimir Putin erklärte auf der Konferenz von Waldai: "Die Tragödie von Kertsch ist eine Folge der Globalisierung. Im Internet sehen wir, dass ganze Gemeinschaften gegründet werden. Alles begann mit den tragischen Ereignissen an Schulen in den USA. Junge Leute mit schwacher Psyche formen für sich die Rolle eines falschen Helden." Damit die Jugendlichen sich keine falschen Helden-Rollen suchen, müsste man ihnen "interessante und nützliche Inhalte" geben.

Linke Russen wie der Fernseh-Sprecher und Blogger Konstantin Sjomin, meinen, das Attentat spiegele den rauen, kapitalistischen Alltag in Russland wieder, in dem Macht, Geld und Durchsetzungsvermögen oft mehr zählt, als Solidarität, Hilfsbereitschaft und Mitgefühl.

Die Gewalt an russischen Schulen ist ein Problem. In den letzten zwei Jahren gab es mehrere brutale Angriffe auf Schüler und Lehrer, wie die Nachrichtenagentur Itar-Tass ermittelte. So schoss am 5. September 2017 in der Stadt Iwantejewk, nicht weit von Moskau, ein 15jähriger Schüler um sich und ging dann mit einem Küchenbeil auf die Lehrerin los, die schwer verletzt wurde.

Die Zeitung Moskowski Komsomolez berichtete, dass der Krim-Attentäter Rosljakow vor dem Massaker in der Fachschule von Kertsch zwar alle seine Internet-Seiten geschlossen habe. Doch seine Kommentare in Foren hat er nicht gelöscht. Und in diesen Kommentaren habe er die Kommandeure der international nicht anerkannten "Volksrepubliken" Donezk und Lugansk beleidigt und die ukrainische Nationalgarde unterstützt, schreibt das Blatt unter Berufung auf Forumsmitglieder, die mit Rosljakow Kontakt hatten.

Mit schwerem Gepäck durch den Seiteneingang

Am Sonntag tauchte im Internet ein neues Video über den Amoklauf des Krim-Attentäters Wladislaw Rosljakow auf. Das Video vom staatlichen russischen Fernsehkanal "Vesti Krim" ist ein Zusammenschnitt von Aufnahmen der Überwachungskameras in dem College der russischen Hafenstadt Kertsch. Der staatliche Sender entfernte das Video später jedoch aus seinem Internet-Kanal.

Auf dem Video sieht man, wie der der 18jährige Student Wladislaw Rosljakow, bepackt mit einem Rucksack und einer auffälligen Instrumententasche unter den Augen von Kommilitonen durch einen Seiteneingang das College betritt. Man sieht, wie er durch das Treppenhaus und Klassenräume geht und Menschen erschießt. Rosljakow trägt eine schwarze Hose und ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift "Nenawist" (Hass).

Auf dem Video sehe man einen "völlig ruhigen" und "freudig erregten" Attentäter, sagte der Vize-Präsident der Vereinigung der russischen Alpha-Spezialeinheit, Aleksej Filatow, gegenüber Moskowski Komsomolez. Auffällig sei, wie ruhig der Attentäter den Zeitzünder für die Bombe einstellt und sich dann ohne Hast von der Bombe, dessen Sprengkraft Filatow auf vier Kilogramm einschätzt, entfernt. Der Attentäter habe bei der Schießerei vermutlich keine Mittäter gehabt, wohl aber "Berater und Lehrer", sagt das ehemalige Mitglied der russischen Spezialeinheit Alpha.

Schon unmittelbar nach der Bluttat erklärte das Oberhaupt der Krim, Sergej Aksjonow, "so etwas vorzubereiten, ist nach meiner Ansicht für eine einzelne Person nicht möglich".

Wie die Zeitung Moskowski Komsomolez berichtete, benutzte der Attentäter nicht den Haupteingang der Fachschule, um einen dort installierten Metall-Detektor zu umgehen. Auf das Schulgelände gelangte Rosljakow, indem er über einen Zaun geklettert war. In Russland sind seit den Terrorakten Mitte der 2000er Jahre alle Schulen, Kindergärten und Universitäten durch Metallzäune sowie Metalldetektoren und Wachpersonal geschützt.

Auf dem Video sieht bei Minute 00:20 auch, wie sich der Attentäter noch vor der Schießerei im ersten Stock der Fachschule mit einem Schüler unterhält. Ob es sich dabei um einen Mittäter oder eine Begrüßung unter Bekannten handelt, ist bisher nicht ermittelt.

Aufnahme einer Sicherheitskamera

Schoss der Attentäter sich in den Kopf?

Wladislaw Rosljakow, der von russischen Medien als stiller und zurückhaltender Typ mit einem Fable für Internet-Kampfspiele - wie "Metro-2033" - beschrieben wird, imitierte offenbar die Attentäter beim Amoklauf in der US-Schule Columbine im Jahre 1999. Er trug nicht nur eine ähnliche Kleidung, er erschoss sich auch wie der Amok-Läufer von Columbine in der Schulbibliothek.

Rosljakow war ein schmächtiger Junge mit dem blonden Haarschopf (Foto). Ob er sich aber selbst erschossen hat, ist umstritten. Moskowski Komsomolez hält es für möglich, dass der Attentäter erschossen wurde. Ein Indiz sei auch, dass Schüler noch weitere Amok-Läufer gesehen haben wollen.