Heißer Herbst oder nationale Einheitsfront?
Seite 3: Der Staat lässt sich (nicht) bitten
- Heißer Herbst oder nationale Einheitsfront?
- "Solidarisch durch die Krise"
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Noch bevor überhaupt nennenswerte Aktionen stattgefunden haben, ist die Regierung längst aktiv: Schließlich sieht sie auch in den Preissteigerungen eine Bedrohung für die deutsche Wirtschaft, aus deren Erfolg Deutschland seine Macht bezieht, und zudem für das Zurechtkommen seiner Bürger. Hier muss gehandelt werden, selbst ganz unkonventionell, wie auf einmal an den kursierenden Ideen zur Verstaatlichung abzulesen ist.
Die Bürger werden schließlich nicht nur als Arbeitskräfte, sondern auch für staatliche Funktionen wie den Dienst in der Bundeswehr oder an der Kinderaufzucht gebraucht. Also gilt es tätig zu werden, damit sie funktionstüchtig bleiben und irgendwie über die Runden kommen können.
Dass dies eine weitere Verarmung großer Teile der Bevölkerung bedeutet, ist in der Öffentlichkeit auch kein Geheimnis. Denn bei einem gedeckelten Gaspreis soll ja der Anreiz zum Sparen erhalten bleiben, wie es so schön heißt, wenn die Leute gezwungen werden, sich wegen ihres beschränkten Budgets einzuschränken.
Ja, sogar vor der erwähnten Idee einer Abschöpfung von "Übergewinnen" macht der Staat nicht halt. Sie laufen auch unter dem Titel "Zufallsgewinne", obgleich sie nicht zufällig zu Stande gekommen sind.
Schließlich hat die Politik den Energiemarkt so gestaltet, dass die einschlägigen Konzerne dann besonders hohe Gewinne machen können, wenn viel Energie gebraucht wird und auch das letzte Kraftwerk ans Netz geht.
Und das Geschäft mit Energie kann sich natürlich nicht nach dem jeweiligen Strombedarf richten, der auch mal wieder sinkt, denn nur ein ständig genutztes Kraftwerk wirft satten Gewinn ab. Damit es dennoch immer ausreichend Energie gibt, sichert der Staat den Unternehmen den Gewinn auch bei Stillstand von Kraftwerken zu.
Also ein kurzes, trostloses Fazit: Die meisten Forderungen derer, die zu Aktionen aufrufen, sind bereits erfüllt, bevor die Akteure überhaupt antreten. Und die Adressaten können sich dafür bedanken, dass ihnen ihre eigenen Forderungen als Echo aus dem Volksgemurmel wieder entgegenschallen.
Zudem geht es der Mehrheit der Aktiven, die sich auf Plätzen, Straßen oder Unterschriftenlisten einfinden, ganz besonders um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der muss gewährleistet sein – die Heimatfront braucht Geschlossenheit, 1914 firmierte das als Bekenntnis zum "Burgfrieden" –, Zwist und Hader dürfen die Nation nicht spalten.
Der Protest läuft also darauf hinaus, dass alles so bleibt, wie es ist, und sich von Hinz und Kunz aushalten lässt:
Ob es im Winter gelingt, unsere Gesellschaft vor dem Auseinanderbrechen zu bewahren und gleichzeitig die klimapolitischen Weichen zu stellen – das hängt entscheidend davon ab, wie viel Solidarität die Ampel einzufordern bereit ist.
Aufruf "Solidarischer Herbst
Bei so viel Einigkeit in der Sache ist ein heißer Herbst und damit eine Spaltung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, die vielfach befürchtet wird, kaum zu erwarten.
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