Herrlich düstere Dämonenschlachtplatte

Japanisch-französische Freundschaft: Jean Reno als Schwertkämpfer in Capcoms "Onimusha 3: Demon Siege"

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Der halb japanische, halb taiwanische Schauspieler Takeshi Kaneshiro übernahm bereits in Capcoms "Onimusha: Warlords", dem ersten Spiel der Serie, die "Hauptrolle", indem er der Hauptfigur die Stimme und die Grafikdesigner ihr sein Aussehen verliehen. Takeshi tritt, nachdem er im zweiten Teil der Onimusha-Trilogie fehlte, im dritten Teil erneut ins Zentrum des Geschehens, an seiner Seite kämpft Jean Reno und dazu passend ergänzt das moderne Paris das mittelalterlichen Japan.

Japan im 16. Jahrhundert: Samanosuke Akechi stürmt mit einer Armee den Sitz des dämonischen Kriegsherrn Nobunaga, die großen Kontrahenten des ersten Onimusha stehen sich im dritten Teil bereits nach kurzer Spielzeit gegenüber. Statt in den Kampf gegen das durch Nobunaga verkörperte Böse stürzt Samanosukes jedoch durch ein Zeitloch in das Paris der Neuzeit. Er ist nicht der einzige Besucher einer anderen Zeit, eines anderen Raums: Hunderte dämonische Genma verwandeln die Stadt der Liebe in ein Schlachtfeld. Jacques Blanc als virtualisierter Jean Reno gehört zu den Überlebenden der ersten Angriffswelle, befindet sich aber seinerseits bald darauf dank eines erneuten Zeitlochs im mittelalterlichen Japan.

Jean Reno mit geflügelter Hilfe

Zur Leinwandverfilmung tauglich

Jacques nimmt gezwungenermaßen den Kampf mit den Dämonen auf, verzweifelt auf der Suche nach einer Möglichkeit, in seine Zeit zurückzukehren, zurück zu seinem Sohn Henri und seiner Verlobten Michelle. Samanosuke zieht weniger die Liebe als der Wunsch, dem verhassten Nobunaga den endgültigen Todesstoß zu versetzen, zurück in die Vergangenheit, ins ferne Japan. Das Drehbuch zum Spiel mit Onimusha-gewohnt zahlreichen Überraschungen ist herrlich düster, taugt durchaus zur Leinwandverfilmung mit den echten statt virtuellen Kaneshiro und Reno. Die Dreierkonstellation Jacques, Michelle und Henri, der sich verantwortlich fühlt für den Tod seiner Mutter und die Verlobte des Vaters nicht akzeptieren kann, driftet allerdings arg in die Kitschecke.

Im Kern des Spiels gibt es glücklicherweise mehr handfeste Dämonenschlachtplatte als kitschsüße Kost. Genma- und damit kampffreie Gebiete bilden die Ausnahme, Onimusha 3 bleibt wie die Vorgänger ein Actionspektakel, indem der Spieler abwechselnd die Rolle der Protagonisten überninmmt. Die spielerischen Feinheiten für besondere Attacken jenseits der in der Anleitung erklärten Basisbewegungen lernt der Daddler erst im Verlauf des Spiels kennen. Neu im dritten Teil sind von den Speicherpunkten erreichbare Trainingsräumen mit Lektionen zu unterschiedlichen Techniken wie Konterangriff und Komboattacke.

Kenner der ersten zwei Titel müssen sich hinsichtlich der Steuerung umgewöhnen, die im dritten Teil per Analogstick relativ zum Bildschirm statt mittels digitalem Pad relativ zur Figur erfolgt. Grundsätzlich geht die neue Steuerung gut von der Hand, gewisse Spezialitäten bei denen der Angriff eine Steuerung relativ zur eigenen Position erfordert, werden freilich kniffliger. Zumindest beim Genma-Fußvolk steht sich der Spieler ohnehin meist mit normalen Angriffen besser, Feinschliff in der B-Note lohnt sich dann für das wiederholte Spielen der Story, die zwischen 12 und 15 Stunden Spielzeit umfasst.

Samanosuke bekämpft die Dämonen in Notre Dame

Visuell stiehlt Jacques Kampfkunst seinem japanischen Mitstreiter die Show: Dank flexibler Waffen wie Peitsche und Morgenstern hat er die schöneren Spezialangriffe, mit denen er beispielsweise einen Gegner einwickelt und dann in die herannahende Feindesschar schleudert. Mit diesen geradezu athletischen Attacken können Samanosukes Schwert- und Axtkünste bei aller Choreographie nicht mithalten.

Handschuh für das Einsaugen von Seelen

Neben der Peitsche bekommt der französische Held gleich zu Beginn einen ähnlichen Handschuh wie Smanosuke. Beide nutzen diesen Oni-Handschuh wie schon in den ersten beiden Onimusha-Spielen, um die Seelen einzusaugen, die beim Besiegen der Genma freigesetzt werden. Mit Hilfe der aufgenommen Seelen können die beiden Kämpfer in gewohnter Weise ihre Ausrüstung verbessern. Magische Angriffe vervollständigen das Angriffsrepertoire der beiden Helden, können jedoch besonders in starker Wirkungsstufe - mit Verbesserung der Waffen steigern sich auch deren magische Attacken - aufgrund des hohen Verbrauchs an magischer Energie nur begrenzt zum Einsatz kommen und taugen damit - neben ihrer optischen Wirkung - besonders für (Mini)-Bosse und aufgrund ihrer flächendeckenden Wirkung für große feindliche Horden.

Einer der wenigen Bosse

Bosskämpfe sind eher eine Rarität im Schwertkampfspektakel, einige wiederholen sich zudem. Das letzte Gefecht gegen Nobunaga ist jedoch ein würdiges, fulminantes Finale. Den Mangel an Bossen gleicht Onimusha 3 durch abwechslungsreiche Gegner aus, deren Angriffsmuster zudem oft unterschiedliche Vorgehensweise je nach Protagonist und den damit verbundenen Waffen erfordern beziehungsweise ermöglichen. Neben den beiden Hauptfiguren steuert der Spieler in zwei Passagen übrigens auch Michelle, die - mit Schusswaffen ausgerüstet - wiederum eine gänzlich andere Vorgehensweise erfordert. Als Bonus darf der Spieler nach dem Beenden der Story noch in einem Nebenfaden der Geschichte in die Haut des Speerkämpfers Heihachis schlüpfen.

Die Würze zu Onimushas Actionsequenzen sind einfache Adventure- und Puzzle-Elemente. In zwei Spielpassagen befinden sich Jacques und Samanosuke am selben Ort, zeitlich trennen sie dabei 500 Jahre. Mittels Ako, einer feengleichen und zeitreisebegabten Begleiterin, können sie in diesen Passagen Gegenstände untereinander austauschen, sodass beispielsweise ein in der Vergangenheit gepflanzter Setzling in der Gegenwart zur kräftigen Ranke heranwächst. Die Rätsel sind allesamt sehr einfach, Adventure-Elemente, die mit der Zeit spielen, wie sie einst Lucas Arts "Day of the Tentacle" nutzte - wer es seinerzeit gespielt hat, denke an die verdrehte Statue oder den zu Essig verkommenen Wein - fehlen. Offensichtlich will Capcom den Spieler nicht all zu sehr vom Actionspektakel abhalten. Das Handeln aus "Onimusha 2: Samurai's Destiny" entfällt völlig, weder gibt es Geschäfte noch tauschwillige Figuren.

Schiebepuzzle als Schlossersatz für Truhen

Die Atmosphäre ist visuell hervorragend gestaltet mit einer liebevoll modellierten Umgebung vom japanischen Tempel bis zum Metallgerüst des Eiffelturms. Statt die Figuren auf vorgerenderten Hintergründe zu bewegen hat Capcom diesmal die komplette Umgebung in 3D modelliert. Der Soundtrack und die Geräusche untermalen die Stimmung sehr gut, lediglich die - ausschließlich amerikanische - Sprachausgabe zerstört die Stimmung. Beide Protagonisten erhalten in der amerikanischen Synchronisation eine Stimme der Marke "Jugendlicher macht auf starken Mann". Besonders schmerzlich fällt die Stimme bei Jean Reno ins Gewicht, der die anfänglichen und abschließenden französischen Passagen selbst spricht und damit vorgibt, wie seine Figur eigentlich klingen sollte.