Heute Hitze-Welle! Warum Forscher warnen und alte, weiße Männer streiten
Der heutige Samstag verspricht wieder Hitzerekorde. Wissenschaftler haben nun beunruhigende Zahlen bekanntgegeben. Und dann gab es da noch eine Kontroverse zwischen Lauterbach und Kachelmann.
38 Grad im Osten, Sturm und Gewitter im Nordwesten. Der heutige Samstag verspricht eine Herausforderung zu werden. Und während sich die einen über Grillwetter und den Gang ins Freibad freuen, schauen Forscher besorgt auf den grundsätzlichen Klimatrend. Hitzeereignisse drohen zur Gesundheitsgefahr zu werden.
Laut einer neuen Berechnung gab es im Sommer 2022 in Europa bereits mehr als 60.000 Todesfälle, die auf Hitze zurückgeführt werden können. Es war der heißeste Sommer auf dem Kontinent seit Beginn der Aufzeichnungen. Und in diesem Jahr gab es schon wieder neue Hitzerekorde.
Deutschland verzeichnete demnach in totalen Zahlen mit 8.173 Todesfällen die drittmeisten Hitzeopfer. Auf den vorderen Plätzen liegen Italien (18.010 Tote) und Spanien (11.324 Tote). Das berichtet ein Forschungsteam im Fachmagazin "Nature Medicine" berichtet.
Bei einer anderen Berechnungsmethode – indem die Gesamtzahl auf die Einwohnerzahl bezogen wird, waren in Deutschland im Berechnungszeitraum pro Million Einwohner 98 Hitzetote zu beklagen. Damit läge Deutschland unter den 35 europäischen Staaten auf Platz 13.
Das Forschungsteam um Joan Ballester vom Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal) ermittelte diese Werte mithilfe von Datenanalysen und Computermodellen. Es ist schwierig, hitzebedingte Todesfälle genau zu erfassen, da Hitze als direkte Todesursache, wie bei Hitzschlägen oder Sonnenstichen, selten angegeben wird. In Deutschland wurden laut Statistischem Bundesamt (Destatis) durchschnittlich nur 19 Fälle pro Jahr gemeldet.
Daher sind Mediziner und Statistiker auf die Auswertung von Todesfällen und den Vergleich zwischen heißen und weniger heißen Sommern angewiesen. Wenn in Wochen mit hohen Temperaturen mehr Menschen sterben als in vergleichbaren Wochen in anderen Jahren, wird dies als hitzebedingte Übersterblichkeit angesehen. Obwohl die meisten Hitzetoten bereits Vorerkrankungen hatten, belastete die Hitze den Körper zusätzlich. Diese Unschärfe erinnert an die Debatte um Übersterblichkeit während und nach der Corona-Pandemie.
Jüngste Warnungen sind nicht lange her
Es könnte zum regelmäßigen Ritual werden: Erst vor einer Woche hatte der Deutsche Wetterdienst (DWD) und das Bundesgesundheitsministerium vor der Hitzewelle mit Höchstwerten von 28 bis 35 Grad gewarnt.
Dabei wurde ein Überschreiten der 35-Grad-Marke prognostiziert. Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung in Deutschland werden zumindest 30 Grad erleben, so die Prognose des Wetterexperten Jörg Kachelmann im Spiegel.
Das Gesundheitsministerium unter Karl Lauterbach (SPD) empfiehlt allen Bevölkerungsgruppen – besonders aber Schwangeren, Eltern mit kleinen Kindern, Älteren und chronisch Kranken – Vorsicht, um gesundheitliche Folgen zu vermeiden. Junge und Gesunde sollten auch prüfen, ob sie ältere oder behinderte Menschen kennen, denen sie ihre Hilfe anbieten können.
Zu den Empfehlungen zählt, ausreichend zu trinken – "zwei bis drei Liter pro Tag sollten es sein" – am besten Wasser und auch ungesüßte Tees. Jüngere sollten zudem darauf achten, ob ältere Angehörige genug Flüssigkeit zu sich nehmen: "Bei älteren Menschen wird oft kein Durst verspürt, obwohl der Körper Flüssigkeit braucht", heißt es in den Empfehlungen des Gesundheitsministeriums.
Von körperlichen Anstrengungen wird speziell in der Mittagszeit und am frühen Nachmittag abgeraten. Draußen werden dringend UV-Schutz und Aufenthalt im Schatten empfohlen.
Wohnungen sollen nach Möglichkeit kühl gehalten werden. Und bei diesem Thema wird es kontrovers. Das Ministerium betont:
Verschlossene und verschattete Fenster verhindern, dass sich Räume ungehindert erhitzen. Erst wenn es draußen kühler ist als in der Wohnung, ist Lüften zu empfehlen. Auch aktives Kühlen mit feuchten Tüchern hilft.
Quelle: www.bundesgesundheitsministerium.de
Kachelmann schreibt hingegen:
Es gibt bei uns wohl auch so viele Hitzetote, weil im Ergebnis häufig zynisch aufgefordert wird, tagsüber Fenster zu schließen und womöglich dazu noch feuchte Tücher aufzuhängen. So entlastet man die Rentenkasse und schafft Wohnraum, aber es ist nicht das, was ich mir von einer fürsorglichen Gemeinschaft erwarte.
Jörg Kachelmann, Wetterexperte und Sachbuchautor in einem Beitrag für den Spiegel
In einem älteren Blogbeitrag führt Kachelmann aus, warum "alles besser ist als das Elend, das Sie mit geschlossenen Fenstern produzieren": nämlich viel Feuchtigkeit und Kohlendioxid bei stehender Luft.
Vor einigen Tagen hatte Kachelmann verärgert auf den Hitze-Tipp reagiert, den der Leiter des Cottbusser Schlaflabors, Frank Käßner, im Rundfunk Berlin-Brandenburg verbreiten durfte – "feuchte Vorhänge oder Wäsche im Schlafzimmer" zur Förderung des erholsamen Schlafs.
Tatsächlich ergab eine Versuchsreihe von Forschenden der Pennsylvania State University im vergangenen Jahr, dass die Hitzetoleranz von Menschen bei hoher Luftfeuchtigkeit schneller sinkt als bisher angenommen: Bei 100 Prozent Luftfeuchtigkeit liegt demnach der Grenzwert, ab dem es nicht nur für alte Menschen kritisch wird, schon bei 31 Grad Celsius – statt, wie zuvor angenommen, bei 35 Grad.
Wenn Wäsche in kleinen, geschlossenen Räumen getrocknet wird, ist das Erreichen einer solchen Luftfeuchtigkeit zumindest nicht ausgeschlossen.
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