Historischer Sieg der FPÖ: Österreichs politische Landschaft im Wandel

Herbert Kickl

Was bringt ihm der Wahlsieg: Herbert Kickl. Bild: Alexandros Michailidis/ Shuttersock.com

Österreichs FPÖ erringt historischen Sieg bei Nationalratswahl. Erstmals stärkste Kraft trotz Ablehnung anderer Parteien. Kann Kickl dennoch Kanzler werden?

Österreichs politische Landschaft hat sich nach der Nationalratswahl 2024 deutlich verschoben. Erstmals in der Geschichte des Landes konnte die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) unter der Führung von Herbert Kickl den ersten Platz bei einer Nationalratswahl erreichen.

Trotz des historischen Wahlerfolgs steht die FPÖ vor einem Dilemma: Alle anderen Parlamentsparteien lehnen eine Regierungsbildung mit den Freiheitlichen ab.

FPÖ an der Spitze – Koalition ungewiss

Mit einem Anteil von knapp 29 Prozent und einem Vorsprung von mehr als zwei Prozentpunkten vor der zweitplatzierten ÖVP zeigte sich die FPÖ als stärkste Kraft.

Der FPÖ-Chef Kickl, der die bisherige Bestmarke von Jörg Haider aus dem Jahr 1999 übertraf, zeigte sich offen für Gespräche und betonte die Bereitschaft zur Regierungsbildung mit allen Parteien. Dennoch bleibt unklar, ob er das Amt des "Volkskanzlers" einnehmen kann, da die ÖVP und andere Parteien eine Koalition kategorisch ausschließen.

Tiefpunkt für die ÖVP und SPÖ

Die ÖVP, unter der Leitung von Karl Nehammer, erlitt einen herben Verlust und verbuchte ein Minus von 11,2 Prozentpunkten gegenüber dem Ergebnis von 2019. Der Parteichef versprach eine Analyse der Gründe für den Erfolg radikaler Kräfte und das schlechte Abschneiden der eigenen Partei.

Auch für die SPÖ endete der Wahlabend mit einer Enttäuschung: Mit 21,1 Prozent erreichte sie das historisch schlechteste Ergebnis und fiel auf den dritten Platz zurück. Trotz des Misserfolgs zeigte sich der SPÖ-Spitzenkandidat Babler kämpferisch und lehnte Rücktrittsforderungen ab.

Neos und Grüne als mögliche Königsmacher

Die Neos und die Grünen könnten in den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen eine entscheidende Rolle spielen. Während die Neos mit 9,2 Prozent leicht hinter den Erwartungen zurückblieben, mussten die Grünen einen starken Rückgang auf 8,3 Prozent hinnehmen.

Beide Parteien signalisierten jedoch ihre Bereitschaft, an einer Regierungsbildung teilzunehmen.

Bundespräsident Van der Bellen mahnt zu Kompromissbereitschaft

Bundespräsident Alexander Van der Bellen appellierte an die Bevölkerung, sich auf lange Koalitionsverhandlungen einzustellen. Er betonte die Notwendigkeit von Verhandlungen und Lösungen, die Zeit erfordern würden.

Gleichzeitig machte Van der Bellen deutlich, dass die Ernennung einer Regierung ein gewisses Vertrauen in die handelnden Personen voraussetze, was im Falle von Kickl nicht gegeben sei.

SPÖ: Interner Konflikt und enttäuschendes Ergebnis

Die SPÖ steht nach dem enttäuschenden Ergebnis vor einer innerparteilichen Zerreißprobe. Der Wahlkampf war durch offene Gräben und Konflikte geprägt, die sich nun in einem schwierigen Wahlergebnis niederschlagen.

Ob Andreas Babler als Parteichef bestehen bleibt oder ob neue Führungsdebatten aufbrechen, ist derzeit völlig offen. Sicher ist, dass die Rechte auch in Österreich auf dem Vormarsch ist. Wird das von führenden Medien hinreichend abgebildet?

Zweifel bleiben. Ein führendes deutsches Nachrichtenmagazin etwa bezeichnete Babler noch unmittelbar vor der Wahl als "lauteste Stimme gegen die extrem rechte FPÖ" unter seinen Sozialdemokraten. Ein Urteil, das im Rückblick eher die Misere der bisher etablierten Parteien zeigt.