Hohe Temperaturen: Warum Arbeiter auch mal hitzefrei brauchen

Bild: Gerd Altmann auf Pixabay

Mit zunehmender Hitze kann der Körper an seine Grenzen kommen. Bei der Arbeit spüren das viele Menschen und sind dennoch weitgehend schutzlos. Abhilfe wäre möglich.

Deutschland schwitzt und ächzt unter den hohen Temperaturen. In manchen Regionen der Bundesrepublik waren es am Mittwochvormittag schon 30 Grad Celsius, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) mitteilte. Am Nachmittag stiegen die Temperaturen mitunter auf 39 Grad Celsius.

Mediziner riefen auf, bei dieser Hitze chronisch kranke und ältere Menschen besser zu schützen. Für die Bewohner von Pflegeheimen seien Schutzmaßnahmen notwendig, forderte etwa die Ärztekammer Niedersachsen. Außerdem müssten kommunale Hitzeschutzpläne eingeführt werden, um alleinstehende, ältere sowie kranke Menschen versorgen zu können.

Ein besonderes Anliegen sei, stillen Toten entgegenzuwirken, erklärte Martina Wenker, Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen, am Mittwoch. "Also den Tod von Menschen zu verhindern, die durch die zunehmende Hitze zu geschwächt sind, um sich selbst versorgen zu können", so Wenker.

Es muss sichergestellt werden, dass diese Menschen mit Getränken und Essen versorgt werden und es jeden Tag mindestens einen Kontakt zwischen der hilfsbedürftigen Person und möglichen Hilfeleistenden gibt.

Martina Wenker

Während man die Folgen der Hitze für Alte und Kranke im Blick hat, befasst man sich noch zu wenig mit den Auswirkungen der steigenden Temperaturen auf Gesundheit und Wohlbefinden der arbeitenden Bevölkerung. Das geht zumindest aus einer aktuellen Studie des Europäischen Gewerkschaftsinstitutes (EGI) hervor, über die Euractiv als Erstes berichtete.

Das Risiko für Arbeiter durch Hitze wird kaum beachtet

Das gelte besonders für Berufe, bei denen Arbeiter der Hitze besonders ausgesetzt seien. Der Anstieg der Zahl der tödlichen Krankenhauseinweisungen während Hitzewellen ist dem Bericht zufolge hauptsächlich auf berufliche Tätigkeiten zurückzuführen.

Hitze ist ein bekanntes Berufsrisiko, das gleichzeitig Ausdruck von sozialer Ungleichheit ist, so Studienautorin Claudia Narocki. "Für Berufe, in denen klimatisierte Büros die Ausnahme sind, spiegelt der Hitzestress bereits bestehende soziale Ungleichheiten wider und verstärkt sie noch", sagte sie laut Euractiv.

Im Baugewerbe, in der Landwirtschaft, der Straßeninstandhaltung und in der Gartenarbeit gehört Hitze im Sommer mitunter zum Arbeitsalltag. Aber auch in der verarbeitenden Industrie entsteht Hitze oder warme Schutzausrüstung ist dort notwendig.

"Derzeit leiden viele Arbeitnehmer unter der Untätigkeit der Arbeitgeber, während die Behörden bei extremen Hitzewellen weiterhin die Augen verschließen", sagte Narocki.

In der Baubranche in Deutschland sind die Probleme bekannt. Die Temperaturen seien eine Belastung, sagte Burkhard Siebert, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Hessen-Thüringen, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Es gelte, die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen.

EU-Staaten fehlen klare Regeln für Schutz vor Hitze

Doch es ist unklar, ab welchen Temperaturen nicht mehr im Bau gearbeitet werden kann. Eine absolute Grenze gebe es nicht, sagte Siebert, ab der nicht mehr gearbeitet werden dürfe. Viele Unternehmen fingen an heißen Tagen morgens früher an und verteilten Sonnenschutzmittel an die Mitarbeiter.

Derzeit seien vorwiegend Arbeiter in Südeuropa am stärksten von der Hitze betroffen, heißt es nun in der Studie; aber auch höheren Breitengraden kann sie für Arbeiter gefährlich werden. In den nächsten Jahrzehnten könnte die Belastung sogar noch zunehmen, denn für ganz Europa werden längere, intensivere und häufigere Hitzewellen vorausgesagt.

Es gebe auch immer mehr Belege dafür, dass die Belastung durch Hitze sowohl kurz- als auch langfristig zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führte. Und sie verschlimmere sich noch, wenn sie mit anderen Belastungsfaktoren gemeinsam aufträte, insbesondere chemische und sicherheitsrelevante Gefahren. Doch das werde in den offiziellen Statistiken weitgehend ignoriert, so die Studie.

Hitze ist ein anerkanntes Problem der öffentlichen Gesundheitspolitik. Die meisten europäischen Länder entwickeln Pläne dafür, doch diese konzentrieren sich auf Bevölkerungsgruppen, die als besonders gefährdet gelten, ältere und kranke Menschen zum Beispiel.

Doch in diesen Plänen werde nicht speziell auf den Schutz von Arbeitern eingegangen, heißt es in der Studie weiter; es würden lediglich Empfehlungen gegeben, wie das Verhalten des Einzelnen durch die Hitze ändern muss. Und man will sich offenbar auch nicht ernsthaft mit dem Schutz der Arbeiter beschäftigen: In den meisten EU-Staaten seien die Gewerkschaften bei der Gestaltung dieser Pläne ausgeschlossen, merkt die Studie kritisch an. Und die Unternehmen würden nicht in die Pflicht genommen.