Huawei zieht an Samsung vorbei
Der chinesische Konzern hat im zweiten Quartal 2020 trotz US-Drucks erstmals mehr Smartphones verkauft als der koreanische
Von Anfang April bis Ende Juni 2020 setzte Huawei den Zahlen der Marktforschungsfirma Canalys nach 55,8 Millionen Mobiltelefone ab - 2,1 Millionen mehr als sein koreanischer Konkurrent Samsung, der bislang in diesem Segment der Marktführer war. Dieser Erfolg ist auf den ersten Blick insofern besonders bemerkenswert, als er trotz massiven Drucks durch die US-Administration gelang, die den Konzern als U-Boot der chinesischen Staatsführung betrachtet und unter anderem erwirkte, dass Google dessen Betriebssystem nicht mehr auf den Play Store und andere Dienste zugreifen lässt.
Zumindest in China scheint das aber kaum Nutzer abzuschrecken: Hier legte der Huawei-Absatz um acht Prozent zu. Da das ein Markt mit 1,4 Milliarden Menschen ist, konnte diese Steigerung im Rest der Welt ein Minus von 27 Prozent bis auf fünf Prozent ausgleichen. Dass diese Minus nicht nur auf die Ächtung durch die USA zurückgeht, sondern auch auf die Coronakrise, zeigen unter anderem die Zahlen von Samsung: Deren Smartphone-Absatz ging sogar um 30 Prozent zurück.
Chinesischer Patriotismus
Dass der Huawei-Verkauf in der Volksrepublik - in der der Konzern etwa zwei Drittel seiner Produktion verkauft - so stark stieg, könnte nicht nur mit der dort schneller als in anderen Ländern bewältigten Pandemie zu tun haben, sondern auch damit, dass die amerikanischen Äußerungen bei patriotischen Chinesen eine verkaufsfördernde Wirkung hatten. Darauf, dass so ein Patriotismus bei chinesischen Verbrauchern eine Rolle spielt, deutet eine letzte Woche auf der chinesischen Alleskönnerapp Wechat gepostete "Klarstellung" der britischen Bank HSBC hin, deren Gewinne der Financial Times zufolge zu 80 Prozent in Asien gemacht werden:
"Die Chronologie der Ereignisse im Fall Huawei", heißt es darin, zeigte "absolut klar, dass HSBC keine Untersuchung von Huawei veranlasst hat". Hintergrund dieses öffentlichen Dementis ist, dass das US-Justizministerium vor der Festnahme der Huawei-Finanzchefin und Firmengründertochter Meng Wanzhou Informationen von HSBC anforderte. Nachdem das in China bekannt wurde, pocht das 1865 in Hongkong gegründete Geldinstitut jetzt darauf, dass die US-Untersuchungen schon vor dieser Anfrage liefen.
5G-Geschäft
Der vor 33 Jahren gegründete Hersteller aus Shenzen entwickelt nicht nur Smartphones, sondern auch Hardware für den Betrieb von Mobilfunknetzen. Gegen diese Produkte haben die USA inzwischen eine Reihe von Sanktionen erlassen. Seit Mai verbieten sie auch den Verkauf von Halbleitern mit US-Immaterialgüterrechten an Huawei. Dass die Firma nun auf andere Chips angewiesen ist, macht ihre Produkte dem britischen National Cyber Security Centre (NCSC) des Geheimdienstes GCHQ nach weniger verlässlich. Die britische Regierung verkündete deshalb Mitte Juli, dass britische Mobilfunkprovider beim Ausbau der 5G-Infrastruktur ab dem 1. Januar 2021 keine Produkte des chinesischen Anbieters Huawei einsetzen dürfen (vgl. 5G-Netze: Briten schließen Huawei aus).
US-Außenminister Mike Pompeo zeigte sich daraufhin sehr zufrieden und meinte, das Vereinigte Königreich schließe sich damit "einer wachsenden Liste von Ländern in aller Welt an, die für ihre nationale Sicherheit einstehen, indem sie Geschäfte mit nicht vertrauenswürdigen Hochrisikolieferanten verbieten". Robert O’Brien, der Nationale Sicherheitsberater der USA, sprach in diesem Zusammenhang von einem "wachsenden internationalen Konsens". Außer den USA und dem Vereinigten Königreich haben bislang Japan, Singapur, Taiwan, Schweden, Polen, Rumänien, Estland, Lettland und Australien Huawei vom Aufbau ihrer 5G-Natze ausgeschlossen.
Außer der US-Administration freuten sich auch Vertreter des finnischen Nokia- und des schwedischen Ericsson-Konterns öffentlich über die britische Entscheidung. Beide Unternehmen stellen 5G-Hardware her, für die sie nun auf mehr Absatz hoffen. Kurz darauf berichtete das Wall Street Journal, dass die chinesische Staatsführung überlege, als Reaktion auf den amerikanischen Druck Huawei vom Bau der 5G-Infrastruktur auszuschließen, dem finnischen Nokia- und den schwedischen Ericsson-Konzern Ausfuhreinschränkungen für Produkte aufzuerlegen, die diese europäischen Firmen in China fertigen lassen.
Die als Sprachrohr des Pekinger Außenministeriums geltende Global Times hat diesem Bericht inzwischen widersprochen. Sie zitierte chinesische Beamte, die dazu meinten, "Gegenmaßnahmen gegen die schwedische Ericsson und die finnische Nokia wären […] ein Widerspruch zur chinesischen Politik der Offenheit".
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