Seite 2: Regierung in Athen kann Situation innenpolitisch nutzen

Mitarachi sieht hinter der Karawane einen Plan der türkischen Regierung.

Zweifellos gibt es einen Versuch des Nachbarlandes, Einwanderer als Werkzeug zu benutzen, aber auch einen Versuch, Einwanderer wegen der wirtschaftlichen Probleme, welche die Türkei erlebt, auszuweisen.

Für die Regierung von Premierminister Kyriakos Mitsotakis kommt die Diskussion über die Karawane zur rechten Zeit. Schließlich kann sie inmitten des Abhörskandals um den Inlandsgeheimdienst EYP nun die Bedeutung von Abhörmaßnahmen betonen.

Gleichzeitig nutzt die Regierung in Athen die Gelegenheit, der Türkei eine Instrumentalisierung der Flüchtlingsproblematik vorzuwerfen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte bei seiner Rede zur UNO-Vollversammlung Griechenland gerade erst schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

Unter anderen sagte Erdoğan, Griechenland verwandele die Ägäis in einen "Friedhof für Migranten", verstärke "mit seinen illegalen Pushbacks die Gewalt gegen Migranten in der Ägäis" und unterdrücke auch einheimische Mitglieder der muslimischen Gemeinschaft. Erdoğan warf Griechenland sogar "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vor.

Der griechische Außenminister Nikos Dendias reagierte umgehend mit einer Pressemeldung auf Erdoğans Vorwürfe. Und Premierminister Kyriakos Mitsotakis konterte in seiner UNO-Rede unter anderem mit einem Vergleich der Türkei mit Russland. Beide würden eine gleiche Politik betreiben.

Unterdessen wirft die Türkei Griechenland auch vor, kurdischen Terrorzellen in Griechenland Unterschlupf zu gewähren. Ein Vorwurf, den Bürgerschutzminister Takis Theodorikakos aufs Schärfste zurückweist.

Die Beziehungen der beiden Nato-Mitgliedsstaaten Griechenland und Türkei sind extrem angespannt. Die Türkei hat an der Ägäis-Küste Landungstruppen konzentriert und droht Griechenland mit einer Invasion, falls die Griechen nicht ihrerseits ihre Inseln abrüsten.

Die Geflüchteten befinden sich buchstäblich zwischen verhärteten Fronten.