IS-Führer al-Baghdadi soll schon wieder tot sein

Al-Baghdadi als er das Kalifat ausrief.

Es soll zu Kämpfen zwischen IS-Fraktionen kommen, im Post-IS-Irak wird es um den Zerfall des Staates gehen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Wieder einmal wird der Tod von IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi gemeldet, der sich zum Kalifen ernannt hat und als Nachfolger von al-Sarkawi auftrat. Dieses Mal ist die Quelle die umstrittene Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR), der zufolge IS-Führer in Deir-Ezzor, nach der Belagerung von Raqqa und dem Fall von Mosul die Hochburg des IS in Syrien, den Tod bestätigt haben sollen.

Nach SOHR handele es sich um vertrauenswürdige Informanten, nach denen sich al-Baghdadi ein Vierteljahr in einem Dorf in der Provinz Deir-Ezzor an der Grenze zum Irak aufgehalten haben soll. Wie der IS-Führer ums Leben kam, sei aber nicht bekannt. Man habe schon Monate zuvor Informationen von einem Treffen erhalten, auf dem IS-Führer beschließen sollten, einen Nachfolger zu finden.

Ende Mai hatte schon einmal das russische Verteidigungsministerium behauptet, al-Baghdadi getötet zu haben, wobei allerdings das Außenministerium mit ein wenig Distanz reagiert hatte (vgl. Syrien: Der Kalif ist tot?). Jeder weiß, dass der Tod des IS-Führers nur symbolische Relevanz hätte. Wichtig ist das vor allem für die Personalisierung der Ereignisse, die medienwirksam ist. Tatsächlich wird aber immer versucht, gegnerische Kräfte durch "Enthauptung" zu schwächen.

Im Unterschied zum frühen Bin Laden war al-Baghdadi wenig präsent und seit seinem Auftritt in der nun zerstörten Moschee in Mosul 2014 eher ein Phantom. Die Ermordung des alten Bin Laden in Pakistan durch US-Spezialeinheiten war nur ein symbolischer Sieg, hatte aber weiter keine Auswirkungen.

Im Irak ist zwar der IS weitgehend aus der ebenfalls großflächig zerstörten Stadt Mosul vertrieben worden, aber konnte während der Kämpfe im Land sogar wieder Territorialgewinne verbuchen. So kontrolliert der IS weiter Tal Afar und Teile der Anbar-Provinz und ist auch in der Provinz Kirkuk präsent. Hawija (Hawidscha) wird ebenfalls noch vom IS beherrscht. Dort rief sich der IS-Vizebürgermeister Abu Haitham al-Obaidi, der sich mittlerweile vom IS distanziert, zum neuen Kalifen aus. Erwartet wird, dass es zu Kämpfen zwischen IS-Fraktionen kommen wird.

Auch irakische Medien wollen vom Tod al-Baghdadis gehört haben. So soll nach IS-Vertretern der Provinz Niniveh auch solche von Diyala den Tod von al-Baghdadi bestätigt haben. Es habe eine IS-Erklärung darüber gegeben, in der auch gewarnt wurde, dass der Dschihad für das Kalifat geschwächt werden könnte. In Tal Afar, das von irakischen schiitischen Milizen belagert wird, seien Kämpfe zwischen IS-Loyalisten und Abtrünnigen ausgebrochen, was zu vielen Verhaftungen und zu einer Ausgangssperre geführt habe. Aber das ist alles eher auf Gerüchteebene.

Interessant ist, dass mit dem Sieg über den IS in Mosul, der laut Amnesty International auch durch Menschenrechtsverletzungen bis hin zu Kriegsverbrechen der Bodentruppen und der US-geführten Koalition errungen wurde, die nur durch den gemeinsamen Feind hintangestellten Konflikte wieder ausbrechen.

So drohte Jawad al-Tleibawi, ein Führer der schiitischen Milizen, den kurdischen Peschmerga, sie aus den von diesen besetzten Gebieten wieder zu vertreiben. Die sollten unter irakischer Kontrolle stehen, was auch mit schiitischer Mehrheit heißt, unter schiitischer Kontrolle. Der Konflikt mit Kurden lauert auch wegen des geplanten Unabhängigkeitsreferendums. Schiitische Politiker haben sich für ein Verbot ausgesprochen.