IS-Mitglieder: Seehofer für Internationale Strafgerichtsbarkeit
Der Innenminister will "keine IS-Kämpfer deutscher Staatsangehörigkeit nach Deutschland holen"
Im Februar forderte US-Präsidenten Trump über Twitter Deutschland, Großbritannien, Frankreich und andere europäische Verbündete auf, dass sie in Syrien gefangene IS-Kämpfer mit europäischen Staatsbürgerschaften zurücknehmen. Die Alternative, so Trump, wäre keine gute, weil "wir(!) sie dann freilassen müssen".
Horst Seehofer gefällt diese Idee nicht, sagte er am heutigen Donnerstag am Rand des G7-Treffens der Innenminister - und er äußerte auch eine Alternative, die Trump gar nicht erst erwähnte, dafür aber die SDF. In Paris sprach sich der deutsche Innenminister laut Medienberichten (hier und hier) gegen die Rückholung von deutschen IS-Kämpfern aus und für ein internationales Sondergericht.
"Das ist mir allemal lieber, als alle IS-Kämpfer deutscher Staatsangehörigkeit nach Deutschland zu holen", wird Seehofer wörtlich zitiert. Und: "Es geht um eine gerichtliche Abarbeitung des internationalen Terrorismus und da wäre es durchaus angebracht, wenn man auch eine internationale Strafgerichtsbarkeit hätte."
Die letztgenannte Äußerung ist ein vorsichtiger Schritt, denn Seehofers Äußerung hielt sich zurück mit verbindlichen Namensnennungen, wie etwa "Internationaler Strafgerichtshof (ICC)". Die SDF, die die IS-Kämpfer gefangen genommen haben (das "Wir" von Trump), forderten am 25. März ein solches Tribunal auf dem Terrain, das von Kurden in bisheriger Autonomie verwaltet wird.
"Wir appellieren an die internationale Gemeinschaft, ein internationales Tribunal im Nordosten Syriens, um Terroristen zu Gericht zu sitzen", berichtete seinerzeit die US-Publikation Defense Post.
Der Appell wurde bisher nur von wenigen aufgenommen. Vor einigen Tagen wurde von der libanesisch-britischen Journalistin Halal Jaber darauf aufmerksam gemacht, dass paar prominente Namen, darunter der neue Chef der Pariser Staatsanwaltschaft Rémy Heitz sowie der libanesische Staatsanwalt und Buchautor Peter Germanos wie auch der amerikanische Strafrechtsjurist Peter Arnel, im Hintergrund als Namen für einen internationalen Gerichtshof ins Spiel gebracht werden.
Das lässt darauf schließen, dass im Hintergrund entsprechende Spekulationen für ein solches Verfahren kursieren, was auch naheliegt anhand der sich dramatisierenden Situation der IS-Mitglieder in den kurdischen Gebieten.
Offensichtlich ist aber auch, dass der Schaffung eines Internationalen Tribunal große Hindernisse entgegenstehen (siehe dazu IS-Mitglieder in kurdischen Lagern: "Tickende Zeitbombe"). Politisch ist die Sache nicht einfach.
Seehofer lässt sich anscheinend davon wenig beirren und findet die Richtung gut, bleibt aber sehr zurückhaltend mit seinen Äußerungen:
Mit Blick auf die Idee eines internationalen Sondergerichts sagte er: "Es ist ja immer so, dass in der Politik eine Idee, die nicht selbstverständlich ist, zunächst immer kritisch betrachtet wird." Im Laufe des Nachdenkens gewinne man dann Sympathisanten. Und so sei es bei dieser Idee auch. Daher sei das Tribunal neben der Strafverfolgung in der Region eine weitere Option.
Merkur
Zur Absicherung Seehofers gegenüber Missverständnissen in einem Feld, wo man sich schnell Ärger einhandeln kann, gehört, dass er von "IS-Kämpfern" spricht. Auf die Fälle der Frauen, die sich dem IS in Syrien oder Irak angeschlossen haben und in Nordsyrien unter Aufsicht der Kurden gestellt sind, ging der deutsche Innenminister gar nicht ein. Zu den Kindern äußerte er sich vorsichtig.
Mit Blick auf die Kinder von IS-Kämpfern betonte der Minister, dass er sie in erster Linie als "Opfer" sehe. Wenn sich bestätige, dass Kinder radikalisiert wurden, sollten sie in die Obhut des Jugendamts kommen. Das gelte auch für mögliche Kinder, die aus Syrien nach Deutschland kommen, so Seehofer. "Die Kinder werden nicht eingesperrt."
Merkur
Am liebsten wäre es Seehofer, ganz ähnlich wie der französischen Regierung, wenn die IS-Kämpfer im Irak vor Gericht gestellt und keine Todestrafen gegen sie ausgesprochen würden.
Update: Am Freitag, den 5. April, wurde bekannt, dass laut Auswärtigem Amt "mehrere minderjährige Kinder aus dem Irak zurückgebracht und bei Verwandten untergebracht wurden". Die genaue Anzahl und Angaben über den Zeitraum ließ das Ministerium offen. Es handele sich um eine "hohe einstellige Zahl", so die Tagesschau.