IS-Terrorgefahr in Deutschland: Drei Festnahmen und offene Fragen
Die Generalbundesanwaltschaft lässt drei Syrer festnehmen, die im "Auftrag des ISIG" mutmaßlich einen Anschlag in Düsseldorf durchführen sollten. Die Informationen dazu stammen von einem vierten Mann, der in Frankreich inhaftiert ist. Update
Die Terrorgefahr in Deutschland sei längst nicht mehr abstrakt, aber die Sicherheitsbehörden in Europa kooperieren gut, reagierten Politiker in Nordrhein-Westfalen auf die Meldung von der Festnahme dreier mutmaßlicher IS-Terroristen.
Laut Informationen des Generalbundesanwalts werden die drei festgenommenen Männer syrischer Staatsangehörigkeit verdächtigt, "im Auftrag des ISIG (Islamischer Staat Irak und Großsyrien)" einen Anschlag auf die Düsseldorfer Altstadt geplant zu haben.
Der Auftrag zum Anschlag in der Düsseldorfer Altstadt soll von der Führungsebene der Vereinigung selbst gekommen sein. Allerdings ist in der Pressemitteilung auch von weiterführenden Planungen die Rede, die zwei Mitglieder des Quartetts entwickelt hätten. Demnach sollten zwei Selbstmordattentäter in Düsseldorf auf der Heinrich-Heine-Allee jeweils eine Sprengweste zünden. Anschließend sollten weitere Attentäter möglichst viele Passanten mit Gewehren und weiteren Sprengsätzen töten.
Der vierte Mann sitzt in Frankreich in U-Haft. Von ihm, Saleh A, stammen im Wesentlichen die Informationen, die zur heutigen Verhaftungen der drei Syrer, Hamza C., Mahood B. und Abd Arahman A. K. in Deutschland geführt haben. Der 25-jährige Syrer soll sich bereits im Februar den französischen Behörden gestellt haben. Seither, berichtet die Tagessschau, ermitteln auch die deutschen Behörden.
Warum es jetzt zu den Zugriffen Deutschland gekommen ist - in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Brandenburg - geht weder aus der Mitteilung der Bundesanwaltschaft noch aus Medienberichten hervor. Eine konkrete Gefahr bestand nicht, ist der offiziellen Info aus dem Haus Peter Frank zu entnehmen:
Es liegen keine Hinweise dafür vor, dass die Beschuldigten bereits mit der Umsetzung ihres Anschlagsplanes konkret begonnen hatten.
Laut Vorgeschichte sind der in Frankreich inhaftierte Saleh A. und der heute in Deutschland festgenommene Hamza C über die Balkanroute nach Deutschland gekommen. Nach Informationen der Bundesanwaltschaft haben sich die beiden im Frühjahr 2014 dem IS in Syrien angeschlossen.
Nach relativ kurzer Zeit sollen sie von der Führungsebene den Auftrag zum Anschlag in Düsseldorf bekommen haben, denn schon im Mai 2014 reisten sie "mit Billigung der ISIG-Führung" in die Türkei. Was sie dort machten, ist unbekannt.
Erst viele Monate später, im März und im Juli 2015, reisten Saleh A. und Hamza C "über Griechenland weiter nach Deutschland". Vermutlich über die Balkanroute, heißt es in Berichten der Faz und des Spiegel.
Fragen stellen sich auch zu Abd Arahman A. K., der "bereits im Oktober 2014 im Auftrag der ISIG-Führung nach Deutschland gereist" war. Die Kontaktaufnahme von Saleh A. zu Abd Arahman A. K. erfolgte laut Bundesanwaltschaft im Januar 2016. Was Abd Arahman A. K die 15 Monate zuvor in Deutschland machte, ist offen.
Bekannt gemacht wird lediglich, dass Abd Arahman A. K. zuvor in Syrien sowohl für die Al-Nusra-Front wie für den IS tätig war. 2013 soll er in Syrien für die ausländische terroristische Vereinigung "Jabhat al-Nusra" Sprenggürtel und Granaten gebaut haben. Seine Reise nach Deutschland unternahm er dann im Auftrag des IS.
Spätestens im Januar 2016 sollen Saleh A. und Hamza C. den Beschuldigten Mahood B. überzeugt haben, sich an dem Anschlag zu beteiligen. Über Mahood B. wird von der Bundesanwaltschaft weiter nichts berichtet. Außer dass er unter dringendem Verdacht steht, den "ISIG" unterstützt zu haben. Wie lange er sich schon in Deutschland aufhielt, ist unklar.
Über die Motive, warum sich Saleh A. den französischen Behörden gestellt hat, wurden noch keine Mitteilungen gemacht. Man werde sich um die Auslieferung nach Deutschland bemühen, so die Bundesanwaltschaft. Am Ende der Mitteilung wird erwähnt, dass die heutigen Festnahmen stehen "im Zusammenhang mit der bevorstehenden Fußballeuropameisterschaft in Frankreich stehen".
Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums in Berlin wird von der SZ damit zitiert, dass die Gefährdungslage "unverändert" hoch sei.
[Update]: Später wurde berichtet, dass einer der Verdächtigen in einem Flüchtlingsheim in Leimen festgenommen wurde. Dies bestätigte die seit längerem kursierende Annahme, wonach Terroristen "als Flüchtlinge eingeschleust werden". Darauf reagierte der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, mit dem Aufruf, Flüchtlinge nicht unter Generalverdacht zu stellen.