Ich spiele gut, also bin ich gut

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Spiele wie das neue GTA 5 können bessere Menschen aus uns machen

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Wenn wir Videospiele spielen, dann sind wir ethische Agenten. Wir erleben jede Handlung unserer Spielfigur bewusst und stellen sie in Bezug zur Realität. Das sagt zumindest der Philosoph, Miguel Sicart. Oliver Schultes, Chefredakteur von M!Games erklärt, wie viel Ethik aus seiner Sicht in der Spielebranche steckt.

Im Frühjahr 2013 ist es wieder so weit: Wir schlüpfen in die Rolle dreier krimineller Protagonisten mit Allerweltsnamen wie Michael, Trevor und Franklin. Wir fahren wieder mit geklauten Autos durch die Straßen von Los Santos, hören Oper im Radio, während wir über rote Ampeln fahren und wer uns dumm kommt, der kriegt einfach auf die Fresse: Die Welt liegt uns zu Füßen.

Liegt sie uns wirklich zu Füßen, oder ist alles nur ein Spiel? Ist der Spieler ein Verbrecher, oder ist er nur Handlanger der eigentlich kriminellen Spielfigur? Geht es nach dem Philosophen Miguel Sicart, dann ist jede Handlung im Spiel auch eine bewusste Handlung, eine ethische Handlung. Der Spieler trägt die Verantwortung für die Handlung seiner Spielfigur. Der Spieler ist ein Verbrecher.

Videospieler sind ethische Agenten

"Als Spieler sind wir moralische Wesen, und unsere Handlungen in einem Spiel werden von unserer Natur als moralische Akteure ausgewertet", schreibt der Philosoph Sicart in seinem Buch The Ethics of Computer Games. Ein Videospiel zu spielen, das sei ein Akt, der sich aus mehreren Handlungen zusammenfüge: psychologischer Art, kultureller, ethischer und ästhetischer. Als Spieler seien wir ethische Agenten.

Damit ein Videospiel für uns ethisch relevant werde, schreibt Sicart weiter, müssten die Handlungen im Spiel den Spieler mit Situationen konfrontieren, die er so auch in der realen Welt vorfinden könnte und die in ihm ein ethisches Bewusstsein aufkommen lassen. Davon gibt es etliche in GTA. So konnte der Spieler in GTA 4 den Protagonisten Niko Bellic zum Beispiel zum Sex mit einer Prostituierten anstiften, um extra Lebensenergie zu bekommen. Hat er die Prostituierte gar umgebracht, dann hat ihn das Spiel dafür belohnt: Er hat sein Geld zurückbekommen. Auch wenn diese Spielhandlung in GTA 5 nicht mehr möglich sein soll, so hat sie laut Sicart eine ethische Wirkung auf die Spieler. Nicht nur habe der Spieler die Werte innerhalb des Spieles hinterfragt, gleichzeitig habe er auch seinen aus der Realität stammenden, individuellen Wertekodex mit dem des Spieles verglichen.

Ein Videospiel ist nach Sicart ein aufeinander abgestimmtes System von Regeln, die eine Spielwelt erzeugen. Sowohl die Spielewelt als auch die Regeln könnten ethische Werte transportieren: "Die Verhaltensweisen, die sie schaffen, und wie diese den Spielern kommuniziert werden, bilden die Ethik des Computerspiele-Designs."

Game-Designer von morgen lernen Ethik

Die Macher von Spielen sind deshalb ethisch verantwortlich für die Gestaltung der Regeln und der Welt, während die Spieler für ihre Erfahrung im Spiel verantwortlich sind, wie sie also die eingebetteten ethischen Werte interpretieren.

Dieser Verantwortung scheint sich zumindest ein Teil der Spielebranche bewusst zu werden. Professor Jens Müller zum Beispiel lehrt den Game-Designern von Morgen an der Hochschule Augsburg bereits Heute Ethik:

Die digitalen Spiele von Morgen werden ein normaler Bestandteil unseres Alltages sein. Prinzipien des Spieledesigns werden unsere Erwartunsgshaltungen an das Interagieren mit technischen Umwelten leiten. Zudem werden Inhalte der Spielewelten als zentrale mediale und inzwischen 'natürliche' Sozialisationserfahrung unser Wertesystem beeinflussen und vielleicht sogar stellenweise den Bezugsrahmen für unsere mentale Orientierung bilden.

Neben der Medienethik und der Frage nach Nutzungsszenarien von Videospielen beschäftigen sich die Studenten an der HS Augsburg auch mit der Frage, welche Werte innerhalb der Spiele vermittelt werden sollen.

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Auch Professor Müller sieht GTA als ein interessantes Beispiel für Ethik in Videospielen, weil dem Spieler viel Freiheit zur Exploration gegeben werde und die Reaktionsmöglichkeiten innerhalb der Spielewelt sehr vielfältig seien.

Videospiele seien insgesamt eine der spannendsten und technisch anspruchsvollsten medialen Formate. "Bereits mit den vielfältigen Nutzungs- und Ausdrucksmöglichkeiten werden Fragen unserer Lebensentwürfe berührt. Ob ein Spiel mich aus der komplexen Unwirklichkeit der Realität in archaische Reaktionsschemata in bunten Fantasywelten entführt oder im Multiplayermodus meine Reputation erhöht und Kontakte vervielfältigt, in jedem Fall ist Spielen Teil meiner sozialen Handlungsweise", sagt Professor Müller.

Ausblick in die Zukunft der Videospiele

Und wie sieht es ein begeisterter Videospieler selbst, abseits von grauer Theorie und philosophischer Begriffe? Oliver Schultes, Chefredakteur von M!Games, einigen besser bekannt als MAN!AC, ist seit gut dreißig Jahren Videospieler.

Grundsätzlich finde ich es gut, dass sich Videospiele mit der Thematik beschäftigen und versuchen, dem Spieler - meist am Ende etwas holprig durch unterschiedliche Storyausgänge - die Konsequenzen ihrer Handlungen vor Augen zu führen. Neben Open-World-Spielen probieren sich auch Action-Abenteuer wie Hitman: Absolution daran: Der Spieler erhält je nach Handlung Plus- oder Minuspunkte, zum Beispiel negative Werte für das Erschießen von Zivilisten. Auch Ego-Shooter wie Call of Duty: Black Ops II behandeln die Thematik, in dem nämlich moralische Entscheidungen, wie das Töten oder Nicht-Töten eines Kameraden zu dezent verschiedenen Storyabläufen und Endsequenzen führen. Persönlich sehe ich diese Entscheidungen mehr als Teil der Spielmechanik, die den Spieler zum mehrfachen oder anderen Spielen animieren sollen - durch solche Optionen steigt der sogenannte Wiederspielwert.

Oliver Schultes

Oliver Schultes glaubt, dass eine gelungene und nicht nur oberflächliche Einbindung von ethischen Themen in Videospielen einer großen Kunstfertigkeit bedürfe, die nicht so einfach von jedermann zu leisten sei. Es bedürfe quasi eine weitere Evolutionsstufe von Videospielen, die heute im Vergleich zu den Anfangstagen in puncto spielmechanischer Grundlagen (Steuerung, Inszenierung, Grafik, Sound) eine durchweg hohe Qualität erreicht hätten - in Sachen Erzählung oder Einbindung ethischer Themen aber oftmals noch in den Kinderschuhen steckten. "Die Studios und Köpfe, die so etwas jedoch kompetent und für den Spieler überraschend leisten können, werden es auch tun und damit hoffentlich Erfolg haben."

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