Im Meer wird der Sauerstoff knapp
Die Energie- und Klimawochenschau: Scott Pruitt wird EPA-Chef, Proteste gegen Ausbau der fossilen Energien geht weiter
Die Weltmeere sind auf vielfache Weise von global steigenden Temperaturen und dem erhöhten CO2-Gehalt der Atmosphäre betroffen. Der Meeresspiegel steigt, wichtige Ozeanströmungen verändern sich und der Sauerstoffgehalt des Meerwassers sinkt - und zwar sowohl an der Meeresoberfläche als auch in der Tiefsee. Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung analysieren das Phänomen des Sauerstoffverlusts in einer kürzlich in der Zeitschrift Nature erschienenen Studie.
Der Sauerstoffgehalt der Ozeane könnte bis zum Jahr 2100 um ein bis sieben Prozent sinken, so die Modelle der Forscher. In den vergangenen 50 Jahren ist der Sauerstoffgehalt bereits um zwei Prozent zurückgegangen. Betroffen von dem Verlust sind fast alle Ozeanregionen, am stärksten jedoch der Nordpazifik. Regional kann dies bereits bedeutsam für Ökologie und Fischerei sein. Vor allem größere Fische sind auf sauerstoffreiches Wasser angewiesen.
Während die geringe Sauerstoffabnahme in der Atmosphäre zurzeit als unkritisch angesehen wird, kann die Sauerstoffabnahme im Ozean wegen der ungleichmäßigen Verteilung durchaus weitreichende Konsequenzen haben. In fischreichen küstennahen Gebieten wären diese Konsequenzen ökologisch, aber auch wirtschaftlich zu spüren.
Dr. Lothar Stramma, Koautor der Studie
Eine Ursache des abnehmenden Sauerstoffgehalts ist das wärmer werdende Oberflächenwasser, das weniger Sauerstoff aufnehmen kann. Gleichzeitig ist der Transport von sauerstoffreichem Oberflächenwasser in die Tiefe gestört, da die Umwälzbewegung des Meeres abnimmt. Auch hier spielt die steigende Temperatur des Oberflächenwassers eine Rolle, denn durch diese scheint sich die Schichtung im Meer zu stabilisieren.
Zweifel am neuen EPA-Chef
In den USA hat der Senat Scott Pruitt als neuen Leiter der Umweltbehörde EPA bestätigt. Pruitt hatte in den vergangenen Jahren als Generalstaatsanwalt von Oklahoma in 14 Fällen gegen die Auflagen der Umweltbehörde geklagt, unter anderem gegen Barack Obamas "Clean Power Plan". Sein erklärtes Ziel als Chef der EPA ist es, den Klimaplan rückgängig zu machen. Scott Pruitt werden enge Verbindungen zur Öl- und Gasindustrie nachgesagt, seine Kampagne zur Wiederwahl als Staatsanwalt im Jahr 2014 wurde finanziell von führenden Persönlichkeiten aus dieser Branche unterstützt.
Briefe, die Pruitt in der Vergangenheit an die EPA schickte, stammten nach Berichten der New York Times aus den Federn der Anwälte von Energiekonzernen. Tausende von Emails zwischen Pruitts Büro und Öl-, Gas- und Kohleunternehmen blieben bis zu seiner Bestätigung im Geheimen, obwohl ein Gericht aus Oklahoma die Herausgabe der Korrespondenz angeordnet hatte.
In der Vergangenheit zeigte sich Pruitt nicht nur als Freund der fossilen Industrie, auch gegenüber der Geflügelindustrie legte er eine freundliche Haltung an den Tag, sowohl bezüglich ihrer Emissionen als auch bezüglich der artgerechten Tierhaltung. Auch die Geflügelbranche hatte Pruitt zuvor mit Spenden unterstützt.
Den Klimawandel leugnete Pruitt bei seiner Anhörung am Freitag nicht, stellte aber den Anteil des menschlichen Einflusses darauf zur Diskussion: "Die Wissenschaft sagt uns, dass sich das Klima verändert und dass menschliche Aktivitäten in gewisser Weise für den Wandel verantwortlich sind. Die Fähigkeit, das Ausmaß des menschlichen Einflusses genau zu messen und wie damit umgegangen werden sollte, bleibt Gegenstand einer fortwährenden Debatte." Tatsächlich ist die Klimaforschung heute in der Lage, mehr als derartig vage Zusammenhänge herzustellen, wie in den Berichten des IPCC nachzulesen ist.
Scott Pruitt wird eine Behörde übernehmen, deren Angestellte ihm gegenüber äußerst kritisch eingestellt sind. 773 frühere Mitarbeiter der Umweltbehörde verschickten am 15. Februar einen offenen Brief an die Senatoren, in dem sie Pruitts Qualifikation für das Amt in Frage stellen.
"Herrn Pruitts bisherige Laufbahn wirft ernsthafte Fragen auf, wessen Interessen er bisher gedient hat und ob er den mit den seit langem geltenden Grundsätzen der US-Umweltgesetze übereinstimmt", heißt es in dem Brief. Die Unterzeichner bezweifeln, dass Pruitt an einer gesunden Umwelt und der Gesundheit der Bevölkerung gelegen ist, wozu auch vorsorgliches Handeln gehöre, bevor die Schädlichkeit einer Substanz endgültig erwiesen sei. Pruitt habe in der Vergangenheit nicht zur Einhaltung von Umweltgesetzen beigetragen, die dem Schutz der Bevölkerung dienten.
Während er als oberster Gesetzeshüter Oklahomas tätig war, hat Herr Pruitt mehr als 50 Pressemitteilungen herausgegeben, in denen er Prozesse feiert, in denen EPA-Standards aufgehoben wurden, die den Quecksilberausstoß von Kraftwerken begrenzen, den Smog in Städten reduzieren (…) und Treibhausgasemissionen kontrollieren. Im Gegensatz dazu bezieht sich keine von Pruitts Presseerklärungen auf Maßnahmen, die er getroffen hätte, um die Umweltgesetze durchzusetzen und die Umweltverschmutzung zu reduzieren.
Aus dem offenen Brief
Die Position der Unterzeichner dürfte von derzeitigen Mitarbeitern der Behörde geteilt werden, die aber aus gutem Grund um ihren Job fürchten. Immerhin wird erwartet, dass Trump sowohl die Anzahl der Mitarbeiter als auch das Budget der Behörde empfindlich kürzen wird.
Interessant bleibt auch, wen Donald Trump als wissenschaftlichen Berater ernennen wird. Auch hier stehen die Zeichen auf einen Gegner der Klimaforschung, nämlich auf den Physiker William Happer von der Universität Princeton. Gegenüber dem Guardian charakterisierte Happer die Klimaforschung als einen quasi-religiösen Kult, vergleichbar mit Hare Krishna. Ein weiterer Wissenschaftler, der als möglicher zukünftiger Präsidentenberater gehandelt wird, ist der Informatiker David Gelernter von der Yale University. In einem Interview mit The Scientist sagte Gelernter, er könne sich nicht vorstellen, dass der Klimawandel auf menschengemachte Faktoren zurückzuführen sei.
Proteste gegen Pipeline und Tagebau
Im Sinne der fossilen Energiepolitik der Regierung Trump wird zur Zeit an der Dakota Access Pipeline weitergebaut. Die Pipeline soll auf einer Länge von 1900 Kilometern Erdöl aus North Dakota bis nach Illinois transportieren. Trump hatte per Dekret den von Obama kurz vor Ende seiner Amtszeit verhängten Baustopp für die Pipeline aufgehoben, die unter anderem durch das Gebiet der indigenen Standing Rock Sioux führt.
Die indigene Bevölkerungsgruppe leistet Widerstand gegen den Bau, da sie zum einen eine Verschmutzung ihres Trinkwassers befürchtet, zum anderen heilige Stätten des Stamms zerstört werden. Vergangene Woche hat nun das Bundesgericht in Washington eine Klage zweier Sioux-Stämme abgewiesen, mit der diese einen erneuten Baustopp erwirken wollten. Richter James Boasberg begründete sie Ablehnung damit, dass noch kein Öl durch die Pipeline fließe und damit auch keine unmittelbare Gefahr bestehe. Am 27. Februar soll es eine weitere längere Anhörung geben.
Die Pipeline-Proteste gehen längst über die USA hinaus und richten sich zunehmend auch gegen die Banken, die die Pipeline finanzieren. So bauten Greenpace-Aktivisten am Donnerstagmorgen eine symbolische Pipeline in den Hauptsitz der ING Bank in Amsterdam. Die ING ist mit einem Kredit in Höhe von 120 Millionen Dollar eine von 17 an dem Projekt beteiligtem Banken. Das Geldinstitut betont dagegen, rechtlich an den Kreditvertrag gebunden zu sein, aber alle Anteile an dem Mutterkonzern verkauft zu haben und keine weiteren Geschäfte mit den beteiligten Unternehmen zu machen. In Deutschland steht die BayernLB ebenfalls für einen Kredit für die den Pipelinebau in der Kritik. Ein Eilappell an die Landesbank, sich aus der Finanzierung zurückzuziehen, wurde inzwischen von fast 300.000 Menschen unterschrieben.
Im Rheinischen Revier beteiligten sich am Wochenende 1200 Menschen an einem Protestspaziergang gegen weitere Abholzungen im Hambacher Forst, um den Braunkohletagebau nach Süden zu erweitern. Die Demonstranten bildeten entlang der ehemaligen Trasse der A4 symbolisch eine rote Linie, an der der Tagebau Halt machen soll. Doch eigentlich hatte der Tagebaubetreiber RWE diese Linie im Herbst und Winter bereits überschritten, als auch südlich davon schon Bäume gefällt wurden. Der Hambacher Forst gilt aufgrund seines Alters und seiner Artenvielfalt als ökologisch besonders wertvoll. Die Organisatoren zeigten sich angesichts der regen Beteiligung beeindruckt, schließlich hätten die Waldspaziergänge vor drei Jahren nur mit rund 50 Teilnehmenden angefangen.