Immer mehr Länder für Freigabe von Covid-19-Impfpatenten
In Spanien hat der Senat für die Aufhebung gestimmt, im Kongress wurde ein entsprechender Antrag in der zuständigen Kommission angenommen
Bereits rund 100 Länder sprechen sich grundsätzlich dafür aus, den Patentschutz für Corona-Impfstoffe wenigstens zeitweise auszusetzen. Indien und Südafrika hatten schon im Oktober eine befristete Ausnahmeregelung vom sogenannten Trips-Abkommen (Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums) bei der Welthandelsorganisation WTO beantragt. Vor allem Hilfsorganisationen hatten sich schon früh während der Corona-Pandemie dafür eingesetzt, den Patentschutz aufzuheben, da nur so ausreichend Impfstoff produziert werden könne.
Da sich vor kurzem auch der neue US-Präsident Joe Biden dafür ausgesprochen hatte, wurde die Debatte angeheizt. Inzwischen plädieren auch Frankreich und Italien grundsätzlich dafür, während sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisch dazu äußerte.
In Spanien hat sich nun im Senat eine klare Mehrheit dafür ausgesprochen, von Regierungschef Pedro Sánchez zu fordern, dass er sich unter anderem bei der WTO die Aussetzung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe einsetzen soll. Auch mit Blick auf die Entwicklungsländer gehe es darum, die "Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit" von Impfstoffen "zu erleichtern und zu beschleunigen". Gedrängt wird Sánchez auch dazu, sich dafür einzusetzen, dass in der EU die "Entscheidungsfindung beschleunigt" wird, um zu einer "gemeinsamen Position" angesichts der nächsten WTO-Sitzung im Juni zu kommen.
Die 180-Grad-Wendung der PSOE
Den Antrag hatte die linke baskische Koalition EH Bildu (Baskenland Vereinen) eingebracht und er wurde auch von den Sánchez Sozialdemokraten (PSOE) und dessen Koalitionspartner Unidas Podemos (Gemeinsam können wir es /UP) sowie etlichen weiteren kleineren Parteien unterstützt. Die PSOE von Sánchez hat damit einen Schwenk um 180 Grad hingelegt, nachdem sie noch vor wenigen Wochen im Europaparlament mit den Rechtsparteien gegen die Freigabe gestimmt hatte.
Bildu-Senator Gorka Elejabarrieta wies auf die Ungleichheit beim Zugang zu Impfstoffen hin: "In Ländern mit hohem Einkommen ist eine von vier Personen geimpft, in armen Ländern nur eine von 400."
Die spanische Rechte blieb bei ihrer Ablehnung im Senat isoliert, für den Antrag haben 153 Senatoren im Oberhaus gestimmt, nur 103 dagegen, während sich neun Senatoren enthielten. Kurz nach dem Beschluss im Senat hat auch die Zuständige Kommission im Kongress einen entsprechenden Antrag verabschiedet. Gestärkt werden soll auch die Covax-Initiative Mit dem "Covid-19 Vaccines Global Access" sollen Länder unabhängig von ihrer Kaufkraft zügigen Zugang zu Corona-Impfstoffen erhalten.
Bisher kommt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit dieser Initiative nur schleppend voran. Ende Februar händigte Covax die ersten Impfdosen aus, an das westafrikanische Ghana. Doch vergangene Woche lag die ausgelieferte Menge erst bei 65 Millionen Dosen, erläutert die Unicef-Exekutivdirektorin Henrietta Fore. Eigentlich aber hätten es zu diesem Zeitpunkt schon "mindestens 170 Millionen Dosen sein sollen". Der afrikanische Kontinent ist unterm Strich besonders benachteiligt: Von den bislang weltweit etwa 1,3 Milliarden Impfdosen, die bisher weltweit verabreicht worden sind, ging nur etwa ein Prozent nach Afrika.