Indien: Super-Steuerreform mit Imperial March aus Star Wars

Narendra Modi lässt sich vom Imperial March begleiten. Screenshot: TP

Für indische Händler und Unternehmer wird es sowohl einfacher als auch komplizierter

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Der 1,3-Milliarden-Einwohner-Staat Indien besteht aktuell aus 29 Bundesstaaten und sieben Unionsterritorien. Bis letzten Samstag gab es dort unterschiedliche Mehrwertsteuern - nun wurden sie in der größte Steuerreform in der Geschichte des Landes vereinheitlicht - auf reguläre 28 Prozent, 18 Prozent für Maschinen und Dienstleistungen, 12 Prozent für geförderte Industriegüter und fünf Prozent für den Alltagsbedarf. Das soll das Wirtschaftswachstum um zwei Punkte auf über acht Prozent steigern. Ob das tatsächlich so kommen wird, ist jedoch offen.

Dass ausgerechnet Modi dieses Vorhaben verwirklicht, obwohl er sich als Ministerpräsident von Gujarat dagegen gestellt hatte, zeigt, dass er sich in Sachen Wendigkeit mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel messen kann. Die neue Goods and Services Tax (GST) löst mehrere andere Steuern ab, die bislang teilweise für dieselbe Ware oder Dienstleistung anfielen. Trotzdem gibt es auch jetzt noch eine Bundes-, eine Landes- und eine Gemeinschaftssteuer.

Negative Folgen?

Während die Regierung weniger Bürokratie verspricht, befürchten Kritiker negative Folgen, wie es sie bereits bei der Bargeldreform im letzten Jahr gab (vgl. Es trifft weiter die kleinen Fische). Eine solche negative Auswirkung könnte eine Klageflut sein, die das Rechtswesen, das bereits jetzt eine sechsstellige Zahl unbearbeiteter Steuerfälle mit einem Streitwert von etwa 24 Milliarden Dollar vor sich herschiebt, völlig lahmlegen könnte.

Zudem müssen Unternehmen in Indien auch nach der Steuerreform in jeden Bundesstaat, in dem sie tätig sind, jeden Monat drei Steuererklärungen einreichen. Manche kommen so auf über 11.000 Steuererklärungen im Jahr. Für 16 Textilhändlerverbände aus dem im Großraum Bombay überwiegen die erwarteten Nachteile der Reform die Vorteile so sehr, dass ihre Mitglieder gemeinsam die Anmeldung verweigern. Telepolis-Indienkorrespondent Gilbert Kolonko glaubt, dass die Steuerreform "den kleinen Händlern größere Schwierigkeiten bereiten wird, als den Konzernen". Klappt das Vorhaben jedoch, "wird es den Elefanten Indien beweglicher machen", was ihm zufolge notwendig ist, um sich trotz des "Wettbewerbsnachteils" Demokratie "auch nur ansatzweise gegen China behaupten zu können", dessen Handelsvolumen mit Deutschland 2016 mit 169,9 Milliarden Dollar knapp zehn Mal so hoch war wie das der Bundesrepublik mit Indien.

Leitmotiv von Darth Vader

Eher wenig demokratisch wirkte die Musik, zu der Modi nach einer Rede zu seiner Steuerreform auf der 68 Jahrestagung der indischen Wirtschaftsprüfer winkte: Der Imperial March, das Leitmotiv des Bösewichts Darth Vader aus den Star-Wars-Filmen. Wer für diese Musik verantwortlich war, ist allerdings unklar. Wollten ihm Wirtschaftsprüfer einen Streich spielen? Oder wählte er die Musik selbst aus? Dafür, dass er Star Wars zumindest kennt, spricht die Tatsache, dass er sich 2014 nach einer Rede im New Yorker Madison Square Garden mit dem Satz "God bless you, and may the force be with you" verabschiedete.

Auf der vorher gehaltenen Rede hatte Modi unter anderem die Erwartung geäußert, dass durch die Mehrwertsteuerreform auch die Korruption zurückgeht. So wie die Anwälte während Indiens Kampf um seine Unabhängigkeit vom britischen Empire müssten jetzt die Wirtschaftsprüfer ihre Aufgaben übernehmen, um das Wirtschaftswachstum des Landes zu steigern.

Unter Modi stieg das Wachstum des indischen Bruttoinlandsprodukts von 6,5 Prozent 2013 auf 7,9 Prozent 2015. Im letzten Jahr ging es jedoch wieder auf 6,8 Prozent zurück. Für dieses Jahr prognostiziert der Weltwährungsfonds IWF dem Land 7,2 Prozent Wachstum, im nächsten 7,7. Das Wachstum des chinesischen Bruttoinlandsprodukts ging dagegen zwischen 2013 und 2015 von 7,8 auf 6,9 Prozent zurück und fiel 2016 noch einmal auf 6,7 Prozent. Für die nächsten beiden Jahre erwartet der IWF einen weiteren Rückgang auf 6,6 und 6,2 Prozent. Dass die Entwicklung der beiden Länder unterschiedlich verlief, liegt auch am relativ niedrigen Ölpreis in diesem Zeitraum. Indien muss sein Öl zu 80 Prozent importieren, China nur zu 65 Prozent.

Narendra Modi wird vom Imperial March begleitet

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