Inflation im Euroraum steigt sprunghaft auf 2,9 Prozent

Im Dezember ist die Inflationsrate wieder gestiegen. Experten skeptisch gegenüber EZB- Prognose. Wann werden nun die Zinsen gesenkt?

Die Inflation in der Eurozone ist im vergangenen Monat sprunghaft angestiegen. Dies hat die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrer Entscheidung bestärkt, die Zinsen auf historisch hohem Niveau zu belassen. Die Märkte hatten damit gerechnet, dass die Kreditkosten rasch sinken werden. Nun zeigt sich ein anderer Trend.

Inflationsrate steigt: technische Faktoren als Treiber

Für Dezember war ein Anstieg auf 3 Prozent erwartet worden. Die Inflation stieg jedoch nur auf 2,9 Prozent, was auf das Auslaufen von Subventionen und auf niedrige Energiepreise zurückzuführen ist.

Die Inflationsentwicklung entspricht weitgehend den Prognosen der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie schätzt, dass die Teuerung im Laufe des Jahres zwischen 2,5 und 3 Prozent liegen wird. Der Zielwert von 2 Prozent wird voraussichtlich erst 2025 wieder erreicht.

Veränderung der Inflationsstruktur

Die aktuellen Zahlen deuten darauf hin, dass sich die Struktur der Inflation verändert. Obwohl Basiseffekte und Steuereffekte die Inflationsrate beeinflussen, könnte der allgemeine Inflationsdruck nachlassen. Dies lenkt die Aufmerksamkeit auf die Auswirkungen der Lohnabschlüsse und der weltpolitischen Spannungen auf die Preisentwicklung.

Lohnabschlüsse und geopolitische Spannungen

Ein wichtiger Faktor sind die Lohnabschlüsse, die im ersten Quartal in vielen Teilen des Euroraums erfolgen. Allerdings werden die Daten dazu erst im Mai vorliegen. Ein verlässliches Bild über ihren Einfluss auf die Inflation wird sich wohl erst Mitte 2024 ergeben.

Geopolitische Spannungen können sich langfristig auf die Inflation auswirken. Der Krieg im Gazastreifen hat sich bisher kaum auf die Energiepreise ausgewirkt. Größere Auswirkungen könnten jedoch die Störungen des Warenverkehrs durch das Rote Meer haben. Vor allem, wenn es dadurch zu Engpässen im Euroraum kommen sollte.

Die Rolle des Transports in der Inflationsdynamik

Der aktuelle Anstieg der Transportkosten hat nur einen geringen Einfluss auf die Inflation. Das erklärte Paul Donovan von UBS Wealth Management gegenüber Reuters.

"Es geht nicht um den Wert der transportierten Güter, sondern um die veränderten Kosten für den Transport der Waren", sagte er. "Weltweit macht der Seeverkehr weniger als 0,3 Prozent der globalen Wirtschaftsaktivität aus."

Divergierende Erwartungen an die Zinspolitik

Das Dilemma besteht nun darin, dass Investoren und Politiker unterschiedliche Schlüsse für Zinsentscheidungen zu ziehen scheinen. Investoren erwarten eine Zinssenkung bereits im März oder April.

Die Politik hingegen will sich mehr Zeit lassen. Entscheidungsträger argumentieren, dass es bis Mitte 2024 dauern könnte, bis die Inflation wirklich unter Kontrolle ist.

"Die Inflation ist noch lange nicht besiegt", sagte Commerzbank-Volkswirt Christoph Weil laut Reuters. "Die EZB wird die Leitzinsen wohl deutlich weniger stark senken, als der Markt derzeit erwartet."

Fehleinschätzungen der EZB

Die unterschiedliche Einschätzung hat einen Grund: Die EZB hat in der Vergangenheit mit ihren Prognosen immer wieder daneben gelegen. Die Bank scheint nicht vollständig zu verstehen, wie Preise unter außergewöhnlichen Umständen gesetzt werden, so Reuters.

Während des Inflationsanstiegs nach der Pandemie prognostizierte die EZB zunächst einen vorübergehenden Preisanstieg, dann einen niedrigeren Höchststand und schließlich eine viel langsamere Trendwende. Dies veranlasste einige Entscheidungsträger dazu, sich mehr auf die gemeldeten Daten und weniger auf die Prognosen zu konzentrieren.

Die EZB könnte sich erneut geirrt haben. Dies vermuten laut Reuters die Volkswirte der finnischen Bank Nordea, Anders Svendsen und Tuuli Koivu. Sie gehen davon aus, dass die Inflation bis Ende des Sommers unter 1,5 Prozent liegen wird und damit deutlich unter der EZB-Prognose.

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