Informationsfreiheit in NRW kaum gefragt
Hohe Gebühren und Abwehrhaltung bei Behörden
Seit 1. Januar 2002 hat auch Nordrhein-Westfalen sein eigenes Informationsfreiheitsgesetz. Doch selbst in Großstädten wie Köln tendiert das Interesse an dem bisher im Verborgenen gehaltenden Amtswissen gegen Null. Dabei haben doch gerade Kölns Kommunalbeamte und Politiker hinlänglich bewiesen, wie kreativ sie sind und wie spannend Kommunalpolitik sein kann.
Bisher verlangten ganze vier Bürger Einblick in die Kölner Akten, mindestens einer dieser Anträge wurde abschlägig beschieden. Der Antragsteller, ein Bonner Journalist, wollte vom Ordnungsamt der Stadt Köln Einzelheiten erfahren über ein - seiner Information nach - bereits seit 24. Juli 1999 laufendes Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen eine Kölner Skaterhalle mit Discobetrieb.
Den Skatern wurde Lärmbelästigung durch zu laute Musik vorgeworfen - ausgehend von einer Fete, für die zwar plakatiert war, die letztlich jedoch ausfiel. Doch auch ohne Fete, ohne Musik und somit auch ohne Lärm gab es pünktlich zur angekündigten Fetenzeit einen Polizeieinsatz und ein Ordnungswidrigkeitenverfahren des zuständigen Ordnungsamtes Köln-Kalk. Absurd? Nein - ein ganz normales Beispiel für den alltäglichen "Kölner Klüngel" von Politikern, Wirtschaftsinteressen und Behörden.
Bis heute wissen weder die Betroffenen, noch ihr Anwalt, was aus diesem Verfahren aus dem letzten Jahrtausend geworden ist - wurde es klammheimlich eingestellt oder wird weiter "ermittelt"? Im Hintergrund steht ein jahrelanger Kleinkrieg des Kölner Kommunalpolitikers Prof. Dr. Rolf Bietmann gegen die Skaterhalle. Der mittlerweile zum Vorsitzenden der Kölner CDU-Ratsfraktion und Bundestagskandidat aufgestiegene Bietmann bekämpft die Kölner "Domsports"-Halle seit deren Gründung in vielfältiger Weise. In diesem kommunalen Kleinkrieg spielten Polizei und Ordnungsamt stets eine besondere Rolle.
Die zu diesem besonderen Ordnungswidrigkeitenverfahren angefertigte Akte wollte sich der Journalist gerne ansehen. Doch daraus wurde bisher nichts. Nach reiflicher, mehrwöchiger Überlegung erteilte das Kölner Ordnungsamt einen abschlägigen Bescheid.
"Sie begehren den Zugang zu Informationen aus einem konkreten Ordnungswidrigkeitenverfahren. Dafür gelten besondere Rechtsvorschriften, die den Regelungen des IFG NRW vorgehen. Gemäß § 46 Abs. 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OwiG) finden die Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO) für das Ordnungswidrigkeitenverfahren sinngemäß Anwendung. Die Strafprozessordnung enthält für die verschiedenen Verfahrensbeteiligten spezielle Regelungen für die Akteneinsicht bzw. die Auskunft. Danach kann nur bestimmten Personen - Verteidiger, Beschuldigter/Betroffener - (...) Akteneinsicht bzw. Auskunft erteilt werden. Sie gehören nicht zu diesem Personenkreis."
Der so Abgewiesene zeigte keine Einsicht und wandte sich an jene Person, die bei der Datenschutzbeauftragten des Landes NRW bisher ganz alleine über die Einhaltung des Informationsfreiheitsgesetzes für das größte deutsche Bundesland wachen soll.
Ein Blick ins "Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen" zeigte, dass die Kölner Ordnungsbehörde dessen Text eigenwillig interpretiert. Denn dort heißt es in § 6 (Schutz öffentlicher Belange und der Rechtsdurchsetzung) im Absatz b) :
"Der Antrag auf Informationszugang ist abzulehnen, soweit und solange...durch die Bekanntgabe der Information der Verfahrensablauf eines anhängigen Verwaltungsverfahrens, eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens, eines Disziplinarverfahrens oder der Erfolg einer bevorstehenden behördlichen Maßnahme erheblich beeinträchtigt würde..."
Dies bedeutet, die Stadt Köln könnte sich auf diesen Passus nur berufen, wenn sich aus dem Uraltverfahren von 1999 unmittelbar behördliches Handeln ergäbe. Dies allerdings wäre auch interessant zu erfahren. Doch eine solche inhaltliche Begründung war das Ordnungsamt schuldig geblieben. Ein Fall für die Juristen.
Die Stadt Bonn schreckt neugierige Bürger mit hohen Gebühren ab. Aus einem Schreiben des Bonner Stadtdirektors Hübner geht hervor, dass - da eine allgemeingültige Gebührenordnung für das Informationsfreiheitsgesetz NRW nicht vorliege - die "Allgemeine Verwaltungsgebührenordnung anzuwenden sei. "
"Als Bemessungsgrundlage ist eine am Zeitaufwand orientierte Gebühr von 10,00 Euro je angefangene 1/4 Stunde vorzusehen".
Die Bonner Kommunalpolitikerin Dorothee Paß-Weingartz (B 90/Die Grünen) interpretiert dies als klare Abwehrhaltung. "Wer weiß, wie lange eine Akteneinsicht dauert, kann nur den Kopf darüber schütteln. Offensichtlich hat die Stadt gar kein Interesse, dass die Bürger sich informieren". Vielleicht haben deshalb bisher nur drei Bonner Einsicht in Bonner Akten nehmen wollen.
Auch innerhalb der Landesregierung von NRW scheint das neue Gesetz wenig Freude zu bereiten. So blieb ein bereits im Januar 2002 beim Landeswirtschaftsministerium gestellter Antrag auf Einsicht in die Abschlußberichte der mit hunderttausenden Euro jährlich durch den NRW-Wirtschaftsministerium geförderten "Regionalen Transferstellen zur Integration ausländischer Unternehmen in NRW" bisher ohne jeden Bescheid.
Dem Gesetzestext nach "soll die Information unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Antragstellung zugänglich gemacht werden". Unter diesem Gesetz steht auch der Name des Landeswirtschaftsministers Ernst Schwanhold.