Innenminister von Rheinland-Pfalz: Warum der Rücktritt von Roger Lewentz notwendig war

Roger Lewentz, 2014. Bild: Harald Krichel / CC-BY-SA-3.0

Die Haltung des SPD-Politikers war zuletzt immer unglaubwürdiger geworden. Anfang der Woche kamen weitere Details zur Situation in der Flutnacht ans Licht.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) ist am Mittwoch zurückgetreten. Er war zuletzt stark unter Druck geraten, es wurden ihm Versäumnisse in der Flutnacht an der Ahr am 14. Juli 2021 zur Last gelegt. Auch Telepolis berichtete über die Vorwürfe. Außerdem wuchs die Kritik an Äußerungen, mit denen er seine Haltung zu erklären versuchte.

Auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am späten Mittwochvormittag erklärte Lewentz seinen Rücktritt:

Heute übernehme ich für in meinem Verantwortungsbereich gemachte Fehler die politische Verantwortung.

Roger Lewentz (SPD), Innenminister von Rheinland-Pfalz

Für diesen Mittwoch war eigentlich eine Debatte im Landtag angesetzt gewesen. Die Oppositionsfraktionen von CDU und Freien Wählern hatten die Sitzung beantragt, um der Rolle und Verantwortung des Innenministers in der Flutnacht auf den Grund zu gehen.

Krisenmanagement? "Schmerzhaft und unerträglich"

Da gab es eine Menge offener Fragen. Bundesweit war die Kritik am Krisenmanagement des Ministeriums zuletzt auch in der Öffentlichkeit immer vehementer geworden.

Unter anderem waren Videos einer Polizei-Hubschrauberstaffel vom Abend des 14. Juli 2021 auf seltsame Weise verschwunden und nach über einem Jahr überraschend aufgetaucht und erst kürzlich dem Flut-Untersuchungsausschuss zur Kenntnis gelangt. Erst Anfang der laufenden Woche war zusätzlich ein Lagebericht mit brisanten Details aus der Flutnacht bekannt geworden. Dazu später noch ein Wort.

Gegenüber dem SWR fand Cornelia Weigand (parteilos), die Landrätin des besonders von der Flut betroffenen Kreises Ahrweiler, klare Worte zum Rücktritt von Lewentz. Dem Sender sagte sie, im rheinland-pfälzischen Innenministerium habe es "offenbar Kommunikationsprobleme zwischen dem Minister und den nachgeordneten Stellen gegeben"; die Aussagen von Lewentz zu den aufgetauchten Polizei-Videos und -Fotos seien "für die Betroffenen (…) extrem schmerzhaft und schier unerträglich" gewesen.

Brisante Neuigkeiten: Der Polizeibericht 16037

Am Montag war eine E-Mail bekannt geworden, die noch weitere Einblicke in das Geschehen der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 gewährt. Medien berichteten zum Wochenbeginn bundesweit.

Die brisante Mail (der Vorgang erinnert an das eigentümliche Auftauchen der Videos) ging, so die bekannt gewordenen Einzelheiten, in der Katastrophennacht um 00:53 Uhr an das Lagezentrum des rheinland-pfälzischen Innenministeriums (IM). Diese E-Mail enthielt eine klare Warnung vor "dramatischen Auswirkungen".

Was genau war der Inhalt?

Es sind durchweg authentische Beobachtungen, die hier dokumentiert auftreten. In einer Flugdauer von 1:19 h hatte die Besatzung des Helikopterfluges ab 21:47 (Startzeit) Eindrücke beim Überfliegen der Ahrstrecke gesammelt.

Eine Ablichtung des Einsatzberichts der Hubschrauberstaffel ist unter anderem beim Kölner Stadt-Anzeiger veröffentlicht. In dem Bericht jener Nacht mit der Nummer 16037 ist unter anderem sehr wohl von eingestürzten Gebäuden die Rede, weiter heißt es:

Personen sollen samt Wohnwagen weggespült worden sein. Es ist mit Personenschäden und enormen Sachschäden zu rechnen. (…) Zusammenfassend kann man sagen, dass das Hochwasser dramatische Auswirkungen hat. (…) Viele Bewohner konnten sich (…) nur noch über Taschenlampen (Signalgebung SOS) bemerkbar machen, da nahezu überall der Strom ausgefallen ist. Darüber hinaus war es den Kräften der FFW aufgrund der starken Strömung nicht möglich, die angesprochenen Häuser mit Booten anzufahren.

Einsatzbericht der Hubschrauberstaffel Nr. 16037 aus der Flutnacht.

Das Kölner Blatt berichtet in seiner heutigen Ausgabe (13.10.) davon, dass es sogar um 23:42 am fraglichen Abend bereits Katastrophenmeldungen gab, die das Lagezentrum des Innenministeriums (IM) an die Polizeipräsidien in Koblenz und in Trier richtete. Darin ist von weggeschwemmten Häusern die Rede, von Wassereinbrüchen, überfluteten Ortschaften und Straßen und eingeschlossenen Personen in Häusern und Autos. Viele Notrufe gingen ein, wonach Menschen auf Dächern stünden.

Lewentz hatte bis zuletzt behauptet, kein genaues und umfängliches Bild der Lage an jenem Abend gehabt zu haben. Damit hatte er begründet, wieso in der Nacht kein Krisenstab eingerichtet und damit die landesweite Einsatzleitung seitens des IM nicht zeitig übernommen wurde. Auch hatte er bestritten, von eingestürzten Gebäuden oder Brücken Kenntnis gehabt zu haben.

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