Investieren in Afrika?
Um von Lieferketten aus China unabhängiger zu werden, fordert die Bundesregierung eine Diversifizierung des Warenbezugs. Hier sind in erster Linie private Investoren gefragt.
Die Fertigung von Produkten für den deutschen Markt ist in Ländern wie China oder den Asean-Staaten aufgrund der dort vorhandenen Infrastruktur seit vielen Jahren ohne Probleme möglich. In vielen anderen Ländern fehlt diese Fertigungsinfrastruktur.
In Ländern wie Australien war sie noch in den 1970er-Jahren vorhanden, ist dann aber verloren gegangen. Wie kann nun eine industrielle Infrastruktur in Ländern entwickelt werden, die bislang noch nicht darüber verfügen?
Die teilweise noch auf die Kolonialzeit zurückgehende kleinteilige Struktur in Afrika und die zahlreichen Sprachgrenzen erleichtern die Entwicklung nicht. Es gibt jedoch Entwicklungen, die hoffen lassen.
Telepolis hat Thomas Ludwig, der textiles Fotozubehör in einer Manufaktur in Burundi produziert, nach seinen Erfahrungen mit der Produktion in Afrika befragt und welche Chancen für die Entwicklung eines afrikanischen Marktes für afrikanische Produkte bestehen.
Welche Möglichkeiten bietet ein kleines Land wie Burundi, um mit einer Manufaktur zu starten?
Thomas Ludwig: Zunächst muss man sagen, dass Burundi stets unter den drei ärmsten Ländern der Welt rangiert. Zudem ist das Land "land locked". Korruption, schlechte Infrastruktur und eine Elektrifizierung von unter drei Prozent reihen sich ein in die Liste ungünstiger Voraussetzungen.
Andererseits gibt es viele engagierte Organisationen, die in Burundi tätig sind. Wir konnten z.B. die vorhandenen Strukturen unseres vor Ort tätigen Partners Burundikids nutzen, um eine kleine Produktion zu starten.
Burundikids hat in den vergangenen Jahren Fachkräfte ausgebildet, die in der Lage sind, hervorragende Qualität abzuliefern. D.h., man muss kreativ sein und geduldig nach Partnern vor Ort suchen, dann gibt es durchaus gute Möglichkeiten.
Wirtschaftswachstum im afrikanischen Binnenmarkt?
Bietet die Bundesregierung neben der Forderung nach einer Ausrichtung auf Afrika genügend Unterstützung für diesen Schritt?
Thomas Ludwig: Es gibt zahlreiche Fördermöglichkeiten seitens der Bundesregierung bzw. des zuständigen Ministeriums und viele engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich darum kümmern. Leider ist der Zugang oftmals von viel Bürokratie und langen Wartezeiten geprägt.
Wir sind deshalb den Weg ohne Unterstützung durch die Bundesregierung gegangen. Allerdings arbeitet unser Partner Burundikids eng mit dem Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zusammen und insofern wurden wir indirekt unterstützt.
Welche Voraussetzung muss man für einen erfolgreichen Fertigungsstart in Afrika mitbringen?
Thomas Ludwig: Es ist von Vorteil, wenn Erfahrungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit vorhanden ist, um mit realisierbaren Projekten zu starten. In unserem Fall haben wir uns von einfacheren Produkten zu Beginn an immer komplexere Produkte herangetraut.
Inzwischen ist unsere Näherei in Burundi in der Lage, auch aufwändige Produktionen schnell und in guter Qualität zu bearbeiten. Wir haben unsere Produktion inzwischen für B2B Kunden geöffnet und sind inzwischen gut aufgestellt. Man muss aber den Willen und die Geduld mitbringen, um so weit zu kommen.
In China wird der Binnenmarkt zunehmend wichtiger. Gibt es beispielsweise in Burundi einen Markt/einen Bedarf für die von Ihnen produzierten Objektivbeutel?
Thomas Ludwig: Unser Kamerazubehör ″Made in Burundi″ findet in Burundi keinen Absatz, dafür ist dort kein Markt vorhanden. Aber in der Näherei werden z.B. auch Schuluniformen genäht und zu Coronazeiten Schutzmasken, welche für den Burundischen Markt perfekt passen.
Verglichen mit der Volksrepublik China sind die meisten Länder Afrikas südlich der Sahara sehr klein. Gibt es da Ansätze für einen kontinentalen Handel?
Thomas Ludwig: Es gibt Organisationen, wie die Afrikanische Union (AU) oder die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC), die nach Vorbild der EU den Handel und Wirtschaftswachstum im afrikanischen Binnenmarkt anschieben wollen.
Zudem gibt es auch panafrikanische Konzerne, wie z.B. Supermarktketten, die landesübergreifend tätig sind. Das größte Problem ist die kaum vorhandene industrielle Fertigung, welche in China ja bekanntlich weltweit führend ist.
Welche Schritte erhoffen Sie sich von der deutschen Bundesregierung und der EU-Kommission, damit die Produktion in Afrika erleichtert wird?
Thomas Ludwig: Unbürokratische, schnelle und beherzte finanzielle Förderung auch in Remote Areas wie Burundi. Länder, wie z.B. Ghana oder Ruanda, wo es bereits grundlegende Strukturen gibt, haben es natürlich viel leichter.
Ein Stück weit ist das nachvollziehbar, aber in der Breite muss ebenfalls gefördert werden. Zudem ist es notwendig, Importzölle zu senken oder auszusetzen. Wenn auf Produkte, die in Entwicklungsprojekten produziert werden, hohe Zölle fällig werden, wirkt das dem Ganzen entgegen.