Irak: Warten auf al-Abadi
US-Kommandos und kurdische Peshmerga melden erste Erfolge gegen IS-Milizen bei der Rückeroberung des Staudamms nördlich von Mosul. Von einer politischen Strategie ist aus Bagdad noch nichts zu hören
US-Luftangriffe, ausgeführt von Kampfjets und Drohnen, unterstützt von US-Spezialeinheiten am Boden, haben nach Meldungen von amerikanischen und kurdischen Berichten Peshmerga-Kämpfern erhebliche Vorteile bei der Rückeroberung des Staudamms nördlich von Mosul verschafft. Der Damm, der bedeutend für die Strom-und Wasserversorgung der Region ist, stehe "beinahe unter völliger Kontrolle der kurdischen Einheiten", hieß es gestern Abend.
Auch die Übernahme der völligen Kontrolle über den Damm durch die IS-Milizen Anfang August hatte sich über mehrere Tage hingezogen, möglicherweise kommen die Erfolgmeldungen zu früh. In der Führung der Kurdischen Demokratischen Partei gibt man sich allerdings zuversichtlich: Die Peshmerga kontrollieren demnach bereits mehr als 80 Prozent; man erwarte, dass das Areal binnen weniger Stunden vom Zugriff des IS befreit sei und der Damm unter vollkommener Kontrolle stehe.
Die vollständige Eroberung würde durch verminte Straßen aufgehalten, heißt es, zudem würden die Luftangriffe zwar Konvois, Fahrzeuge treffen und Checkpoints, aber wenig gegen Kämpfer ausrichten, die sich im Gelände bewegen.
Das Weiße Haus betonte nochmals, dass es sich um eine begrenzte Militäroperation handele, die mit der Regierung in Bagdad und auf deren Anforderung hin unternommen wurde, da mit der Kontrolle des Damms durch den IS eine große Zahl von irakischen Zivilisten und das Leben von amerikanischem Personal bedroht sei. Indessen werden im Irak die ersten Stimmen aus anderen Regionen zitiert, die ebenfalls US-Hilfe anfordern. McClatchy hat dazu Stimmen von Schiiten und Sunniten gesammelt.
Inwieweit sie repräsentativ sind, bleibt im Ungefähren. Noch ist auch nicht klar, wie und ob es dem neuen irakischen Premierminister al-Abadi gelingen wird, wichtige sunnitische Gruppen auf seine Seite zu ziehen, wovon viel abhängt.
Es soll erste Bekundungen zu einer Zusammenarbeit geben, allerdings an Forderungen geknüpft, wichtige Ministerposten in der Regierung, die Entlassung von Gefangenen (darunter sind auch Mitglieder der Sahwa-Bewegung, die sich zuvor den US-Truppen im Kampf gegen den islamischen Staat im Irak angeschlossen hatten) und den Rückzug von schiitischen Milizen aus sunnitischen Gebieten, die wahrscheinlich auf Widerstand im schiitischen Block stoßen werden, dem al-Abadi angehört; es ist derselbe, dem auch sein Vorgänger al-Maliki angehörte. Wie viel Spielraum der enue Premierminister hat, wie viel er nutzen will, wird sich erst noch zeigen.
Milizen des islamischen Staats zeigten indessen, dass die irakischen Gebiete nur Teil einer größeren Eroberungspolitik sind: In Syrien rückten sie vergangene Woche immer näher an Positionen bei Aleppo heran, die bislang von anderen Gruppen, die gegen die Regierungstruppen kämpfen, gehalten werden und eroberte dabei nicht nur symbolisch wichtige Orte.
Wie nach Vorlage der frühislamischen Ridda-Kämpfe gegen Abtrünnige machten, gingen sie äußerst brutal gegen Stämme in Deir ez-Zour vor, die sich dem Kalifat nicht unterordnen wollen. In Deir ez-Zour, im Osten Syriens, beherrscht der IS etwa 90 Prozent der Region.