Israelisches Militär führt im Westjordanland ein KI-basiertes Überwachungssystem ein
Das System soll verdächtiges Verhalten ausmachen und durch automatische Warnung über eine Smartwatch Soldaten schneller eingreifen lassen
Im Westjordanland führen die israelischen Streitkräfte (IDF), wie Medien und die IDF berichten, ein neues Überwachungssystem ein, das verdächtige Bewegungen von Palästinensern frühzeitig erkennen und die israelischen Soldaten warnen soll, um präventiv einzugreifen. Nach dem IDF würden die Soldaten oft zu langsam reagieren, daher müsse die Zeit verkürzt werden, um sie schneller zum Einsatz zu bringen. Man erwartet weitere Angriffe als Reaktion auf Trumps Friedenplan, der von den Palästinensern abgelehnt wird.
Das Überwachungssystem soll wegen einiger Angriffe auf jüdische Siedler und Soldaten in der Nähe von jüdischen Siedlungen eingeführt werden, die sich seit Dezember 2018 ereignet haben, aber auch wegen der Angriffe von Einzelnen (lone wolves), die beginnend 2015 mit Messern oder dem Rammen von Autos ausgeführt wurden. Allerdings sind die Angriffe seit 2016 weniger geworden. Die völkerrechtswidrig errichteten Siedlungen im Westjordanland, das bereits mit einer Mauer und Sperranlagen von Israel ebenso wie der Gazastreifen abgetrennt wurde, sind oft gut geschützte Anlagen, die mit Straßen verbunden sind, auf denen Palästinenser nicht fahren dürfen und die das Land für diese zerstückeln. Israel nützt die Notlage bzw. den Konflikt mit den Palästinensern und Hisbollah auch aus, um militärtechnische Innovationen wie den Iron Dome, Drohnen, Hightech-Grenzen, Überwachungstechniken etc. zu entwickeln und zu exportieren.
Bei den Vorfällen ging es meist um Männer, die mit Schusswaffen Siedler und Soldaten angegriffen haben und wieder untertauchen konnten. So hatte ein Mann am 9. Dezember das Feuer auf eine Bushaltestelle außerhalb der Ofra-Siedlung eröffnet und sieben Menschen angeschossen, darunter eine schwangere Frau, deren Fötus dabei getötet wurde. Ein paar Tage später hat der Bruder des Täters ebenfalls auf eine Bushaltestelle in der Nähe der Siedlung Givat Assaf geschossen und zwei Soldaten getötet sowie zwei weitere Juden verletzt. Am 17. März hat ein weiterer Attentäter zuerst einen israelischen Soldaten getötet und mit dessen Gewehr einen Siedler erschossen. Beunruhigend war für die israelischen Sicherheitskräfte, dass die Angreifer fliehen oder sogar noch weitere Anschläge ausführen konnten. Israelische Sicherheitskräfte sind allerdings auch schnell im Schießen. So wurde am 31. Mai ein 16-jähriger Palästinenser erschossen, der angeblich Teil einer Gruppe war, die einen Kontrollposten umgehen wollte.
"Das System weiß, wie gewalttätige Terroraktivitäten identifiziert werden"
Jetzt soll also das ganze Westjordanland offenbar zu einem Panoptikum werden, in dem schon präventiv auf Aktivitäten reagiert werden soll - und zwar, wie es aussieht, durch automatische Warnungen. Genauer erfährt man nicht, wie die Technik funktionieren soll. Die Daten von Sensoren, Radarsystemen und visueller Überwachung, also Überwachungskameras, die vor allem an Kreuzungen installiert werden, sollen von einem KI-Programm ausgewertet werden. Die Soldaten sollen durch Smartwatches oder andere tragbare Computer auf verdächtiges Verhalten hingewiesen werden, das auf 3D-Karten lokalisiert wird.
Das System wird bereits von der Samaria-Regional-Brigade im Westjordanland getestet. Die IDF gibt sich sicher, dass das Vorwarnungssystem gut funktioniert: "Das System weiß, wie gewalttätige Terroraktivitäten identifiziert und verhindert werden können. So gibt es Soldaten eine schnelle Warnung vor einer bevorstehenden Bedrohung", so die IDF. Geplant ist der Aufbau einer "Digitalen Regional-Brigade" mit "digitalen Scharfschützen". Man darf davon ausgehen, dass das System auch Falschmeldungen machen wird, die Frage wird sein, ob damit das harte Vorgehen gegen Palästinenser forciert wird, die nichts Böses in Sinn haben, was dann weiter zur Gewaltspirale beiträgt, die sich im israelisch-palästinensischen Konflikt seit Jahrzehnten dreht.
Bis April wurden bereits mehr als tausend Palästinenser festgenommen
Das geschieht auf dem Hintergrund, dass die israelischen Soldaten 2019 bereits 1.077 Palästinenser festgenommen haben. Die Armee, die Polizei oder auch der Geheimdienst Shin Bet führen nächtliche Razzien durch, um Palästinenser festzunehmen, die verdächtig sind, Gewalt gegen Israelis begangen zu haben. Letztes Jahr seien 3.000 Palästinenser nach den IDF festgenommen worden, das Palestine Prisoners Center spricht allerdings von 6500 Palästinensern, darunter 1.080 Minderjährigen. Bis Ende April seien 1983 Festnahmen erfolgt.
Nach den IDF seien tödliche Angriffe bereits durch geheimdienstliche Überwachung verhindert worden, auch Tausende von kleineren Angriffen. Unter anderem seien Soziale Medien beobachtet worden. Menschen, die hier sich geäußert hätten, Angriffe auszuführen, oder die andere dazu anregen wollten, seien festgenommen worden.
Neben dem neuen Überwachungssystem sollen Soldaten auch mit dem Programm "Operational Edge" besser geschult und eingesetzt werden. Auch das hat eine entscheidende technische Komponente. Die Soldaten soll besser im Schießen und für den Nahkampf trainiert werden. Man will sie "geistig" auf die Bedrohungen im Westjordanland vorbereiten (mental fitness) oder sie in Techniken ausbilden, die für die Region geeignet sind. Und dann soll Effizienz und Erfolg auch mit einheitlichen Maßstäben und Messungen erfasst werden.
Bei der Ausbildung wird verstärkt mit VR-Headsets gearbeitet, mit denen die Soldaten in Simulationen realer Szenarien üben sollen. Zudem würde ein Kampfteam aufgebaut, mit dem schnell große Gebiete kontrolliert werden können, um Terroristen zu verfolgen.