Ist Big-Tech überhaupt regierbar?

Seite 2: Die fünf Großen

Dies stellt ein Problem dar, denn das Internet ist zwar groß, letztendlich aber nur unter fünf Firmen aufgeteilt. Und auch wenn diese Firmen das Einkommen von Staaten haben, sind ihre Ressourcen und auch ihr Interesse an der Sicherheit ihrer Nutzerinnen und Nutzer ungleich geringer als das der Gesetzgeber.

Facebook hat sicherlich kein Interesse daran, dass über ihre Plattform Menschen, Waffen oder Organe gehandelt werden, aber es hat auch nicht die Ressourcen, daran nachhaltig etwas zu ändern.

Jedoch sollte Facebook zumindest für jene Probleme verantwortlich gemacht werden, für die angeblich schon Lösungen existieren, die aber bewusst ignoriert werden wie beispielsweise die Nutzung der Plattform Instagram durch Kinder.

Auch Studienerkenntnisse zu negativen psychologischen Auswirkung Instagrams auf junge Menschen sollten in Zukunft an Forscher und Medien weitergeleitet werden. Doch würde solch eine Transparenz erst einmal nichts an Inhalt und Wirkung der Plattform ändern. Die Chancen, dass die Gesetzgeber Facebook wirklich beikommen, stehen schlecht, entschuldigen sich diese doch ständig damit, die Gesetzgebung würde der technologischen Entwicklung einfach nicht hinterherkommen.

Mark Zuckerberg jedenfalls wirkte von der Anhörung eher wenig beeindruckt und verbrachte den Tag der Anhörung auf einem Boot mit seiner Familie. Und auch der von den Senatorinnen und Senatoren angebrachte Vergleich mit der Tabakindustrie vermittelte nicht gerade das Gefühl, die Politik habe mittlerweile das nötige technologische "Know-how".

Das Problem ist, dass wir, die Nutzer, hier wirklich auf die Gesetzgeber angewiesen sind, denn die Internet-Infrastruktur der "Big five" nicht zu nutzen, ist praktisch unmöglich. Die "Großen Fünf" der Tech Industrie (Apple, Amazon, Google, Facebook, Microsoft) bestimmen große Teile unseres alltäglichen Lebens, sie organisieren Arbeit, Kommunikation und Mobilität.

Um unser Verhältnis zu diesen "Dienstleistern" besser zu begreifen, sollten wir uns unsere spezielle Rolle als Nutzer dieser Plattformen vor Augen halten. Denn wie Shoshana Zuboff in ihrem Buch "Surveillance Capitalism" anschaulich beschreibt, sind es nicht wir, die Nutzer, die Kunden der Tech-Industrie, sondern die Werbebranche, an die unsere Daten verscherbelt werden.

So erzeugen Nutzer durch ihre Interaktion mit den Plattformen deren Gewinn, im marxschen Sinne könnte hierbei fast von Arbeit gesprochen werden. Im Grunde stehen wir vor einem neoliberalen Phänomen: einer Auflösung der Grenze zwischen Arbeit und Leben. Auch der inhärente Widerspruch von angeblichem Individualismus und der Pflicht zur ständigen Selbstvermarktung, am besten gespiegelt in der App Instagram, ist Merkmal des neoliberalen Systems, auch wenn es durch soziale Medien eine ganz neue Dimension bekommt.

Probleme, die aus dem kapitalistisch neoliberalen System resultieren, verlangen nach antikapitalistischen Maßnahmen. Einige Politiker:innen fordern zum Beispiel eine Aufspaltung der Tech-Giganten. Doch bleibt kaum zu hoffen, dass dies in einer neoliberalen Hegemonie, wie sie in den USA vorherrscht, und wie sie auch von der Biden Regierung aufrechterhalten wird, tatsächlich möglich ist.